Krankenschwestern, Ärzte, Pflegepersonal zuerst. Das war unlängst die Botschaft von Winfried Kretschmann zum Thema Mundschutz. Der baden-württembergische Ministerpräsident wischte damit alle Forderungen nach einer Schutzmaskenpflicht in Geschäften vom Tisch. Die hatte der Handelsverband Baden-Württemberg vor 14 Tagen in Stuttgart eingefordert.

Bei weiterhin ungelöster Beschaffungsfrage sei es sinnvoll, den medizinischen Bereich und die Pflegeheime auszustatten, so Kretschmann. Diskutiert wird das Thema wieder vermehrt, seitdem im thüringischen Jena jüngst die Maskenpflicht eingeführt worden ist.
„Gott gab mir einen Verstand“, antwortet Claus Herbert. Herbert trägt beim Einkauf auf dem Markdorfer Wochenmarkt einen Mundschutz. Sein gesunder Menschenverstand sagt ihm: Schals, Tücher, besser noch eigens dafür gemachte Mundschutzmasken fangen jene Tröpfchen ein, die beim Husten, beim Niesen, sogar schon beim Sprechen über die Lippen stäuben. Eben darum benutze er seine Maske – nun schon seit guten drei Wochen. „Nein, angesprochen hat mich noch keiner darauf“, erklärt Claus Herbert. Den Menschen sei wohl klar, warum er sich, aber auch alle anderen zu schützen versuche.

Ganz ohne Nachfrage lief das bei Martina Bentele nicht ab. Die Verkäuferin im Müller-Drogeriemarkt räumt gerade Schokoladen-Hasen ins Regal. „Seit zwei Wochen trage ich den Mundschutz mittlerweile“, antwortet sie. Warum, aber auch ob sie das freiwillig tue, danach erkundige sich mancher Kunde.
Fast alle Verkäufer tragen Masken
Die Marktleitung habe für ihre Angestellten Masken ausgegeben. Die würden auch von fast allen getragen. Es sei denn, jemand sitzt im Kassenbereich hinter einer schützenden Plexiglasscheibe. Manche legen ihre Schutzmaske selbst dort nicht ab. Dass sie das vergessen haben, scheint unwahrscheinlich. „Die Maske ist schon etwas unbequem“, erklärt Verkäuferin Bentele. „Es wird ziemlich warm darunter – und sie behindert das Sehen.“
Optiker müssen Kunden näher als 1,5 Meter kommen
Vielleicht ist das der Grund, weshalb Marlene Giebel „sie nur bei der Refraktion“ an hat, beim Prüfen der Augen und Bestimmen der Sehstärke, bei der die Angestellte von Optik Gölzer den Kunden zwangsläufig recht nah kommen muss. „Da kann man den Sicherheitsabstand von anderthalb Metern unmöglich einhalten.“
Um so genauer werden in diesen Wochen dagegen die zusätzlich verschärften Hygieneauflagen beachtet, sagt auch Werner Graetsch. „Nach jedem Anprobieren desinfizieren wir die Gestelle.“ Zusammen mit seiner Frau Annette führt er das Optikhaus Hammer im nachmittäglich verwaisten Proma. Auch sie legen den Mundschutz an, wenn es ans Messen und Bestimmen geht.

Auf die Maske verzichtet hat Pharmazeut Matthias Maunz. Auch seine Mitarbeiter in der Panda-Apotheke verdecken Mund und Nase nicht mit Textil. „Schon weil es schwierig ist, wenn wir uns schützen“, so Apotheker Maunz, „unseren Kunden aber erklären müssen, dass wir für sie beim besten Willen keine Masken bekommen“. Keine Masken, keine Desinfektionsmittel – das sei indes Vergangenheit. Beides habe die Panda-Apotheke inzwischen in ausreichender Menge – oder sie bekomme es bald. Das lange Telefonieren habe sich also gelohnt.

Überhaupt: „Man kommt gar nicht mehr weg vom Hörer“, klagt Maunz. Allerorten hapere es oder klemme gar ganz mit den aktuell benötigten Mitteln. „Das ist unglaublich, was da abläuft“, wundert er sich. „Nachdem sich die Kanzlerin gegen Pneumokokken hat impfen lassen, wollen es ihr alle nachtun.“ Sich und seine Mitarbeiter schützt der Apotheker übrigens durch eine Plexiglasscheibe und rot-weißes Flatterband.