Von den Auswirkungen der Corona-Krise und vor allem von dem nun bald schon zwei Monate andauernden so genannten „Lockdown“, also dem Herunterfahren des kompletten Wirtschaftslebens, sind private Haushalte, Unternehmen und das Klein-und Gastgewerbe gleichermaßen betroffen. Hart trifft es aber auch die Kommunen. Denn während sie in den vergangenen Wochen, Stichwort Notbetreuung, sogar noch steigende Ausgaben hatten, brechen ihnen die Einnahmen in großem Stil weg. Und dies betrifft nicht nur die Gewerbesteuer, die vielerorts mit Sicherheit dramatisch einbrechen wird. Auch die Einnahmen über den Gemeindeanteil an der Einkommen- und der Umsatzsteuer sind fix eingeplante Posten, die für das Wirtschaften einer Kommune unverzichtbar sind.

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Einkommen- und Umsatzsteuer ebenso betroffen wie die Gewerbesteuer

Nur zwei Beispiele aus dem Haushalt der Stadt Markdorf: Dort sind die für 2020 eingeplanten Anteile an der Einkommen- und Umsatzsteuer mit gesamt 12 Millionen Euro sogar höher als die auf 11 Millionen Euro veranschlagten Gewerbesteuereinnahmen. Und diese 23 Millionen Euro an eingeplanten Steuereinnahmen machen fast zwei Drittel des Volumen des Ergebnishaushaltes der Stadt aus. Das beläuft sich auf 37,2 Millionen Euro. Nur diese wenigen Zahlen genügen also, um zu verdeutlichen, wie dramatisch bereits die Aussichten für den Haushalt der Stadt Markdorf sind.

Rund 20 Millionen Euro wollte die Stadt in den nächsten drei Jahren in die Grundschulkonzeption investieren. Im Bild die ...
Rund 20 Millionen Euro wollte die Stadt in den nächsten drei Jahren in die Grundschulkonzeption investieren. Im Bild die Jakob-Gretser-Schule, die saniert werden muss. | Bild: Jörg Büsche

Jetzt schon erhebliche Einbrüche

Von dramatisch möchte Stadtkämmerer Michael Lissner aber nicht sprechen. Das wäre ihm dann doch zu hoch gegriffen. Lissner ist Pragmatiker und Realist – und natürlich auch Mathematiker. Eins und eins zusammenzuzählen ist sein tägliches Geschäft. Deswegen kann er auch einschätzen, was auf die Stadt Markdorf zukommen wird. Einen Gewerbesteuereinbruch um die Hälfte – also um 5,5 Millionen – zum Jahresende erhoffe er sich nicht. „Das wäre wirklich sehr viel“, sagt er. Fakt sei, dass die Stadt bereits jetzt deutlich unterhalb des Ansatzes liege. „Einen erheblichen Rückgang hatten wir schon, aber Prognosen sind schwierig“, sagt er. Definitiv sei für 2020 aber ein deutlicher Rückgang zu erwarten. Aktuell sieht Lissner mit Spannung der Frühjahrs-Steuerschätzung entgegen, die Mitte Mai zu erwarten ist. Dann werde man ein wenig klarer sehen.

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„Wie ein Blick in die Glaskugel“

Fakt sei ebenfalls, dass von den Corona-Auswirkungen auch die Finanzplanung der Stadt für die kommenden Jahre betroffen sein werde. „Meine größte Sorge ist natürlich die Frage, wie lange dauert die Krise noch und wie wirken sich die Folgen für die nächsten Jahre aus“, sagt Lissner. Auf die Frage, ob er seine Einschätzung konkretisieren könne, antwortet er: „Das ist momentan wie der Blick in eine Glaskugel.“

Kämmerer Michael Lissner: „Schmerzhafte Eingriffe können natürlich noch kommen. Aber wir dürfen jetzt nicht die Hände in den Schoß ...
Kämmerer Michael Lissner: „Schmerzhafte Eingriffe können natürlich noch kommen. Aber wir dürfen jetzt nicht die Hände in den Schoß legen, sondern wir müssen selbst zügig aktiv werden“ | Bild: Ganter, Toni

Update im Rat am 19. Mai

In seiner nächsten öffentlichen Sitzung am Dienstag, 19. Mai, in der Stadthalle wird der Gemeinderat ein Haushalts-Update von Lissner präsentiert bekommen. Dann werden Dinge auf den Prüfstand genommen werden müssen. Welche? Das ist noch komplett offen. Auf was kann und muss die Stadt verzichten, was muss sie trotz der Einbrüche umsetzen? Das ist die Gretchenfrage. Es wird tiefgreifend umverteilt werden müssen. Dabei stecken Lissner und seine Finanzverwaltung auch noch in einem anderen Dilemma: „Wir müssen kurzfristig Maßnahmen ergreifen, müssen zugleich aber die mittelfristigen Pläne im Auge behalten“, verdeutlicht er. Auf die Stadträte kommt also eine Menge Arbeit zu. Die sollen am 19. Mai eine Vorlage bekommen, auf deren Grundlage sie Wertungen zu den geplanten Projekten der Stadt vornehmen werden, die dann wiederum in Konsequenzen für die künftigen Investitionen münden. Dazu möchte sich Lissner aktuell nicht näher äußern. Dies sei „eine Diskussion im politischen Raum“, der er nicht vorgreifen wolle.

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Haushalt muss ausgeglichen werden

Einen Wink mit dem Zaunpfahl hat er aber: Über allem stehe die gesetzliche Vorgabe, dass der Ergebnishaushalt zum Jahresende ausgeglichen sein müsse. Oder in anderen Worten: Was weniger reinkommt, muss in selber Höhe an anderer Stelle gestrichen werden – das ist das Gesetz der Doppik.

Mit knapp zwei Millionen Euro an Investitionen ist der Tiefbaubereich ein großer Posten im Haushalt der Stadt für 2020. Alleine ...
Mit knapp zwei Millionen Euro an Investitionen ist der Tiefbaubereich ein großer Posten im Haushalt der Stadt für 2020. Alleine 750 000 Euro sollen in die Fertigstellung des Umbaus der Eisenbahnstraße fließen, der zurzeit noch in vollem Gange ist. | Bild: Ganter, Toni

So dramatisch das nun tatsächlich klingt, bleibt Lissner doch gelassen. Gegenüber anderen Kommunen habe die Stadt Markdorf den Vorteil, dass sie in den vergangenen Jahren gute Gewerbesteuereinnahmen einlösen konnte. „Die Liquidität der Stadt ist gesichert“, betont Lissner. Dennoch werde Corona Auswirkungen auf die nächsten drei bis vier Jahre haben, dies würden auch die offiziellen Prognosen so sehen. Mit welchen Konsequenzen dann zu rechnen sei, sei noch nicht abzusehen.

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Rasch und konsequent handeln

Umso wichtiger sei es, bereits jetzt schon konsequent und rasch gegenzusteuern, sagt Lissner. „Unsere Aufgabe ist es nun, dass wir vernünftige Lösungen finden, das strukturelle Problem der Einnahmeausfälle sauber abzuarbeiten.“ Denn noch seien Verwaltung und Gemeinderat in der Lage, die Weichen richtig zu stellen, betont der Kämmerer. Dabei dürfe man sich aber nichts vormachen, weder im Gemeinderat noch in der Bürgerschaft. „Schmerzhafte Eingriffe können natürlich noch kommen. Aber wir dürfen jetzt nicht die Hände in den Schoß legen, sondern wir müssen selbst zügig aktiv werden“, findet Lissner klare Worte.

Hintergrund: Steuern, Hilfen, Investitionen

  • Die Steuerfalle: Wenn die Wirtschaft einbricht, wie jetzt in der Corona-Krise, trifft das die kommunalen Haushalte nicht nur über die Gewerbesteuer. Je mehr Menschen in Kurzarbeit sind und je stärker die Arbeitslosenquote ansteigt, umso mehr reduzieren sich die Einnahmen über den Gemeindeanteil an der Einkommensteuer. Bei der Verabschiedung des Haushaltes im Januar rechnete die Stadt mit Einkommensteuer-Einnahmen in Höhe von 10,5 Mio. Euro, also fast so viel wie über die Gewerbesteuer. Wenn Arbeitsplätze in Gefahr sind oder die Menschen in Kurzarbeit arbeiten, wird auch weniger konsumiert. Das wiederum wirkt sich auf den Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer der ortsansässigen Betriebe aus. Hier kalkulierte die Stadt mit Einnahmen in Höhe von 1,5 Mio. Euro in 2020. Auch dieser Anteil wird nun wohl geringer ausfallen. Ein kleinerer Posten, der ebenfalls abnimmt, ist die Vergnügungssteuer. Die hängt unter anderem auch an den Öffnungen der Gastronomien bzw. der Frequenz in Gastronomien und Spielstätten.
  • Die Soforthilfe des Landes: Die erste Tranche der Soforthilfe des Landes zum Ausgleich der höheren Ausgaben der Kommunen in der Krise in Höhe von gesamt 100 Mio. Euro ist bereits geflossen. Die Stadt Markdorf hat daraus laut Kämmerer Michael Lissner 97 000 Euro bekommen. Das Land habe unbürokratisch und rasch reagiert, lobt Lissner. Das Geld ist zur Deckung von Kosten in verschiedensten Bereichen gedacht, nicht nur zum Auffangen der Zusatzausgaben in der Notbetreuung. Diese 97 000 Euro hätten die Zusatzkosten nicht decken können, so Lissner. Doch das Land hat bereits eine zweite Tranche in dieser Höhe angekündigt. Der Kämmerer rechnet jedoch nicht damit, dass die Zuwendungen die Ausfälle eins zu eins kompensieren werden.
  • Die Investitionspläne: 20 Millionen Euro wollte die Stadt in den Haushalten bis 2023 für die Sanierungen, Erweiterungen und Neubauten im Grundschulbereich einstellen. Das ist der größte Investitionsposten der nächsten Jahre. Für die Sanierung des Rathauses sind 4,45 Millionen eingeplant, davon in diesem Jahr 450 000 Euro und in den beiden kommenden Jahren je zwei Millionen. Knappe zwei Mio. Euro sollen noch 2020 in den Tiefbaubereich fließen, in die Sanierungen von Eisenbahnstraße und Kreuzgasse.