Zeitweilig zwar mit Rückgängen versehen, am Ende des Jahres aber erfreulich gut durch die bisherige Corona-Krise gekommen: Diese Bilanz zieht Bruno Niemeyer, Vorsitzender der Geschäftsführung der Wagner-Gruppe und der J. Wagner GmbH (Markdorf), im Gespräch mit dem SÜDKURIER. Tatsächlich verliefen die Geschäfte bei Wagner, einem Spezialisten für Oberflächenbeschichtungen und Farbsprühsysteme, so gut, dass den Vollzeitmitarbeitern des Kernunternehmens J. Wagner GmbH Ende November eine „Corona-Prämie“ in Höhe von 1500 Euro ausbezahlt worden ist.

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Boomender Heimwerkermarkt in Corona-Zeiten

Vor allem im Heimwerkermarkt habe man im Laufe des Jahres deutliche Zuwächse verzeichnet, sagt Niemeyer, sowohl auf dem heimischen Markt wie auch international: „Die Menschen hatten vor allem in den Lockdown-Phasen Zeit, sich ums Zuhause und den Garten zu kümmern.“ In Europa und auch den USA hätten die Geschäfte bereits im Frühjahr angezogen. Der Handwerker- und der Industriebereich hätten hingegen in der ersten Jahreshälfte geschwächelt, der Industriesektor aber zuletzt wieder stark zugelegt. Der Grund? Die Branche für Beschichtungstechnologien wächst nach wie vor und es gibt auch Branchen, die coronabedingt boomen. „Auch im Industriebereich werden wir das Jahr über dem Niveau des Vorjahres 2019 abschließen, was ich im April nicht für möglich gehalten hätte“, freut sich Niemeyer.

Die Corona-Krise sorgt bei Wagner für ein neues Geschäftsfeld: Ein Mitarbeiter des Unternehmens testet die neue Sprühtechnologie für ...
Die Corona-Krise sorgt bei Wagner für ein neues Geschäftsfeld: Ein Mitarbeiter des Unternehmens testet die neue Sprühtechnologie für Desinfektionsmittel an einem Außengeländer. | Bild: Jan Heinrich

Wagner schreibt auch 2020 schwarze Zahlen

Schwarz statt Rot: Darin unterscheidet sich das Markdorfer Unternehmen von vielen anderen Mittelständlern in der Region. Trotz Corona werde man auch 2020 „im hohen einstelligen Bereich“ wachsen und auch den Gewinn verbessern, sagt Niemeyer. Beim Ausblick auf 2021 ist der Vorstandschef optimistisch gestimmt, da man die Zeit in 2020 für viele neue Projekte habe nutzen können und sich nicht auf Krisenbewältigung habe fokussieren müssen. Insofern gehe man gestärkter in eine für 2021 erwartete gesamtwirtschaftliche Erholung, blickt Niemeyer voraus.

New Yorker Polizei desinfiziert mit Markdorfer Technik

Einen besonders öffentlichkeitswirksamen Coup vermeldete das Markdorfer Unternehmen im Frühjahr: Die New Yorker Polizei und Feuerwehr desinfiziert ihre Fahrzeuge mit einem eigens im Zuge der Pandemie entwickelten Sprühsystem von Wagner. Wie es dazu kam? Niemeyer muss schmunzeln. „Auf den Zug mit Desinfektionen sind wir schon sehr früh aufgesprungen“, sagt er. Intensiv habe man seinerzeit mit Desinfektionsmittelherstellern Kooperationen gestartet und auch global Marketing betrieben. Ob das Geschäft nun ein Verantwortlicher in den USA aufgegleist habe oder es über eine der damals zahlreichen Anfragen akquiriert worden sei, könne er heute ad hoc nicht sagen.

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Kliniken und Schulen werden ebenfalls ausgestattet

Fest stehe aber, dass dieser Zug auch 2021 noch ungebremst weiterfahren werde. „Wir gehen davon aus, dass das für uns ein signifikanter Geschäftsbereich bleiben wird, in dem wir auch gezielt weitere Produkte entwickeln werden“, sagt Niemeyer: „Wir haben dort auch große Erwartungen fürs nächste Jahr.“ Fakt sei aber auch, dass Wagner darin nicht so erfolgreich gewesen wäre, hätte man in Markdorf nicht schon „frühzeitig die Antennen aufgeschaltet und die Potenziale erkannt“. Die gab es nicht nur bei den Blaulichteinheiten im „Big Apple“, sondern auch direkt vor der schwäbisch-badischen Haustüre: Die Bundeswehr, Firmen, Schulen und auch Krankenhäuser wie etwa das Klinikum Friedrichshafen wurden mit Wagner-Sprühsystemen zum Desinfizieren vor allem großer Flächen ausgestattet – eine neue Marktnische für das Unternehmen. Dass diese neue Marktnische prominent besetzt werden soll, daran lässt Niemeyer keinen Zweifel: „In vielen Feldern bei den Beschichtungen und Sprühsystemen sind wir bereits Technologieführer, die Technologieführerschaft ist generell unsere Kernstrategie“, sagt der Wagner-Chef.

Hohe Investitionen, auch 2020: Im Zuge des Um- und Neubaus am Wagner-Stammsitz in Markdorf haben auch die Servicetechniker in den ...
Hohe Investitionen, auch 2020: Im Zuge des Um- und Neubaus am Wagner-Stammsitz in Markdorf haben auch die Servicetechniker in den Werkstätten neue Räume und Arbeitsplätze bekommen. Das Foto wurde vor der Einführung der Maskenpflicht an Arbeitsplätzen aufgenommen. | Bild: Wagner

Unternehmenseigenes Start-up Ioniq als Innovationsmotor

Weiter wachsen, weiter Liquidität aufbauen und vor allem in digitale Technologien und Geschäftsmodelle investieren: Dies seien die Ziele auch für 2021, sagt Niemeyer. Der Aufbau des unternehmensinternen Start-ups Ioniq habe gezeigt, wie wertvoll Digitalisierung für das gesamte Unternehmen sei: Neue Geschäftsfelder, die Entwicklung von Zukunftstechnologien, Innovationsgeist und nicht zuletzt motivierte junge Experten, die sich im Unternehmen tummeln und im Zusammenspiel mit den Älteren in der Stammbelegschaft für ein fruchtbares und spannendes Arbeitsklima sorgen. Dies, so Niemeyer, seien auch grundlegende Pfeiler der Unternehmensstrategie „Winnovation 2025“, die Wagner als innovativstes Unternehmen in der Beschichtungstechnologie zum Kern habe.

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Sein Wunsch? 2021 soll wieder mehr persönliche Nähe bringen

Was er sich persönlich von 2021 wünsche? Niemeyers Antwort fällt auf den ersten Blick überraschend aus. „Dass das Jahr 2021 wieder mehr persönliche Nähe bringt“, sagt der Manager. Fürs Team und den Teamgeist brauche man einfach persönliche Nähe, 2020 sei doch sehr vom Leitsatz des „social distancing“ geprägt gewesen. Auch im globalen Kontext sei 2020 ein Jahr der „internationalen Entfremdung“ gewesen: Brexit, Trumps „America first“-Kurs, weltweite Zollstreits, nationale Egoismen in Europa. „Dass der Trend der Entglobalisierung 2021 wieder umgekehrt wird, das wünsche ich mir persönlich sehr“, sagt Niemeyer.