Schilderwälder gibt es viele in der Region, darunter nicht wenige, über die man als Autofahrer regelmäßig den Kopf schüttelt. In Markdorf befindet sich das Paradebeispiel in der Muldenbachstraße in Steibensteg: In der Querspange zwischen der Kreisstraße 7742 nach Raderach und der B33, wo auch der Camping Wirthshof liegt, wird der Autofahrer gefühlt alle 100 Meter mit Verkehrszeichen konfrontiert, die sich zu allem Überfluss auch noch zu widersprechen scheinen.

Beginnt man die Tour von der Kreisstraße bei Bergheim her, mit Start am Schneider-Kreisel, sticht das Schild für ein 2,8-Tonnen-Limit ins Auge, sofern man es vor dem Kreisverkehr nicht übersieht. Das weist auf eine Tonnagebeschränkung hin, die im späteren Verlauf noch eine Rolle spielt. In Bergheim gilt logischerweise Tempo 50. Biegt man dort in die Muldenbachstraße ein, gilt zunächst immer noch Tempo 50. Kurz danach ist die Straße aber plötzlich als außerorts liegend klassifiziert, ein Tempo-70-Schild weist darauf hin.
Mit Tempo 70 am Schülerradweg vorbei
Direkt danach wird die Fahrbahn aber baulich verengt. Kommt Gegenverkehr, muss man sich einigen, wer wartet und den anderen zuerst durchlässt. Der Grund: An dieser Stelle quert der Radweg aus Richtung Leimbach, den auch viele Schüler des benachbarten Bildungszentrums nutzen. Aber: Es gilt trotzdem noch Tempo 70. Hat man die Engstelle passiert, bestenfalls mit 70 Sachen, muss man 100 Meter danach wieder auf 50 herunterbremsen, denn die Straße wechselt direkt vor dem Wirthshof wieder in den Ort.

Dieses 50er-Schild wiederum wird bei Bedarf zum Tempo-20-Schild: Es ist aufklappbar. Wenn man die obere Tafel zurückschlägt, kommt die 20 zum Vorschein. Die gilt dann in den Sommermonaten, wenn auf dem Campingplatz beidseits der Straße Betrieb herrscht. Das heißt: Im Sommer müsste man von Tempo 70 runter auf Tempo 20 quasi eine Vollbremsung hinlegen.

Wohnmobilfahrer sind illegal unterwegs
Doch damit der Verwirrung noch nicht genug. Mehrere Schilder an der B33 und K7742 und an den beiden Anfängen der Muldenbachstraße weisen auf die Tonnagebeschränkung hin: Fahrzeuge mit mehr als 2,8 Tonnen Gesamtgewicht dürfen nicht einfahren, ausgenommen ist nur der landwirtschaftliche Verkehr. Auf die Konsequenz daraus und auch auf all die anderen Widersprüche hat Leser Peter Weimer die Redaktion hingewiesen. „Dies bedeutet im Klartext, dass seit vielen Jahren illegal Wohnmobile größer gleich 2,8 Tonnen anfahren und auf dem Campingplatz campieren“, sagt Weimer. Er wolle damit nicht die Camper diffamieren, „sondern einfach mal auf unsere oft sehr unsinnige Beschilderung in the Länd hinweisen“.

Im Rathaus signalisiert man Verständnis
Im Rathaus ist man überrascht vom offensichtlichen Wirrwarr – und hat ein offenes Ohr. Die Beschränkung mit der alleinigen Freigabe für den landwirtschaftlichen Verkehr sei noch nie beanstandet worden, sagt Ordnungsamtsleiter Jürgen Hess: „Aber der Einwand ist natürlich richtig, es müsste auf alle Fälle Anlieger frei heißen.“ Was die Tonnagebeschränkung anbelangt, hat auch Hess seine Zweifel an der Sinnhaftigkeit: Schließlich müsste man dann ja fast jeden Wohnmobilfahrer, der den Wirthshof ansteuert, mit einem Bußgeldbescheid belegen. Diesen Sachverhalt und auch die Bitte um Prüfung des Tempo-70-Abschnittes hat Hess nun an die dafür zuständige Verkehrsbehörde im Landratsamt weitergegeben.

Nun soll es eine Verkehrsschau mit der Polizei geben
Die Stadt Markdorf habe mehrere Anfragen gestellt, bestätigt man im Landratsamt. Alle Hinweise würden derzeit geprüft und bearbeitet, sagt Pressereferent Lars Gäbler. Wegen des Tempo-70-Abschnittes müsse auch die Polizei hinzugezogen werden. „Dazu wird es demnächst eine Verkehrsschau vor Ort geben“, kündigt Gäbler an. Der Termin stehe noch nicht fest, soll aber zeitnah stattfinden. Die Campingsaison hat ja bereits begonnen. Bei der Verkehrsschau soll außerdem geprüft werden, ob die Freigabe für den landwirtschaftlichen Verkehr durch ein „Anlieger frei“ ersetzt werden kann.
Zumindest die Tonnagebeschränkung auf 2,8 Tonnen soll bald schon vom Tisch sein: Hierzu habe ihm das Landratsamt bereits signalisiert, dass sie auf 3,5 Tonnen heraufgesetzt werde, sagt Hess. Damit wären dann wenigstens mittelgroße Wohnmobile nicht mehr illegal in der Straße unterwegs.

Offen ist noch, wie es in Sachen Tempolimit weitergeht: Grundsätzlich sei Tempo 70 an der Querung des Radweges „verkehrsrechtlich in Ordnung“, sagt Hess. Das außerorts geltende Tempo 100 müsse in solchen Fällen auf 70 reduziert werden. Doch weshalb gilt dort überhaupt außerorts? Wäre es nicht sinnvoller, auch diesen kurzen Abschnitt zwischen Bergheim und Steibensteg als innerörtlich zu klassifizieren? Bei der Stadt hätte man damit kein Problem. „Wir hätten sicher nichts dagegen, wenn dort Tempo 50 angeordnet werden würde“, sagt Hess. Entscheiden muss aber auch dies das Landratsamt.

Bleibt noch das Klapp-Schild vor dem Wirthshof: Von Oktober bis April darf man mit Tempo 50 am Campingplatz vorbeisausen. Am 1. Mai rücken dann die städtischen Bauhofmitarbeiter an und klappen das Schild um. Dann gilt bis 30. September Tempo 20 – auch das hatte einst das Landratsamt verfügt, im Januar 2014. Daran wird aber nicht gerüttelt werden.