Die Frühjahrstracht ist eingebracht. Nun geht‘s ans Schleudern. Und dabei geht das Hobbyimker-Ehepaar Alexandra und Harald Gretscher arbeitsteilig vor. Sie kurbelt, er entdeckelt. Das Entdeckeln sei stets der erste Schritt, erklärt Harald Gretscher. Beim Blick über seine Schulter wird sogleich klar, warum. Der Imker hat eines der hölzernen, etwa DIN-A-Blatt großen Rähmchen mit den Waben darin auf ein schräges Gestell gelegt. Die Neigung verhindert, dass der Honig herausläuft, wenn er das Wachs mit einem an einen Kamm erinnernden Schaber von den Waben kratzt.

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Hier werden die Waben entdeckelt. Harald Gretscher öffnet vorsichtig die Rahmen mit den Waben.
Hier werden die Waben entdeckelt. Harald Gretscher öffnet vorsichtig die Rahmen mit den Waben. | Bild: Jörg Büsche

Gut für die Haut

Das sogenannte Entdeckelungswachs fängt er in einer Schale auf. „Das ist ein ganz besonderer Stoff.“ Er stamme frisch von den Bienen. Haben die doch damit erst vor kurzem die Waben mit ihren Wintervorräten damit verschlossen. Es sei sehr rein und enthalte neben den Wachsinhaltsstoffen auch Honig sowie einen gewissen Anteil an Blütenpollen. „Ich mache mir Pflegecremes und Lippenbalsam daraus“, erklärt Alexandra Gretscher, die mit dem Kurbeln innegehalten hat und auf das nächste Waben-Rähmchen wartet.

Süß, klebrig und absolut rein: Hier fließt ein ganz besonderer Saft aus der Schleuder.
Süß, klebrig und absolut rein: Hier fließt ein ganz besonderer Saft aus der Schleuder. | Bild: Jörg Büsche

Außer zur Herstellung kosmetischer Produkte werde das Entdeckelungswachs jedoch auch noch für weitere Zwecke verwendet. „Wir gießen damit die Mittelwände, in einer Art Waffeleisen“, erläutert Harald Gretscher. Links und rechts dieses Mittelwand-Bodens bauen die Bienen dann im Waben-Rahmen ihre neuen Zellen zur Honigaufbewahrung. Schließlich nutzen Imker das Entdeckelungswachs auch noch zur Likörherstellung. Mit Alkohol angesetzt und anschließend gefiltert, werde daraus der hochprozentige Bärenfang, erzählt Gretscher.

Hier muss noch geschabt werden.
Hier muss noch geschabt werden. | Bild: Jörg Büsche

Alle reden vom Wetter – die Imker auch

Alle Wabendeckel sind nun entfernt. Der Rahmen kommt in die Schleuder. Per Zentrifugalkraft löst sich der Honig aus den Zellen. Grundlage für den sämig goldgelben Saft ist der von den Bienen gesammelte Nektar aus den Obstbaumblüten. Hinzu kommen Raps und allerlei Wildblumen, erklären die beiden Hobbyimker. 15 Bienenvölker haben die beiden. Das sei guter Durchschnitt. Im Markdorfer Imkerverein gebe es aber auch Bienenzüchter, die mehr Völker besitzen. Die rund 50.000 Bienen je Volk haben in den zurückliegenden Wochen jeweils rund 14 Kilo Honig produziert. Zusammen mit der noch ausstehenden Sommertracht wird das dann für jedes Volk eine Jahresproduktion von etwa 30 bis 40 Kilo sein, schätzt Harald Gretscher. „Das ist natürlich abhängig vom Wetter.“ Viel Regen schmälert die Honigernte.

Harald Gretscher zeigt einen seiner Wabenrahmen.
Harald Gretscher zeigt einen seiner Wabenrahmen. | Bild: Jörg Büsche

Apropos Ernte: Auf landwirtschaftlich intensiv genutzten Flächen finden Bienen verhältnismäßig wenig Nahrung. „Deshalb sind Wiesenrandstreifen oder solche Blühwiesen, wie sie unsere Stadtgärtnerin anlegt, so wichtig“, betont Alexandra Gretscher. „Damit die Bienen, überhaupt die Insekten, über die gesamte Vegetationszeit ausreichend Nahrung finden.“ Den Bienen helfen könne übrigens jeder, der einen Garten hat. Mit ein bisschen mehr Naturnähe entstünden dort Blühflächen, von denen Bienen profitieren. „Und für die Artenvielfalt wär‘s auch gut“, erklärt Alexandra Gretscher.

Gibt es Besseres? Lisa Gretscher darf den frisch geschleuderten Honig probieren.
Gibt es Besseres? Lisa Gretscher darf den frisch geschleuderten Honig probieren. | Bild: Jörg Büsche

Investition in die Artenvielfalt

Der Markdorfer Imkerverein zeigt indes auch selbst Initiative: Vom Preisgeld, das ihm der Bodenseekreis vor zwei Jahren für seinen besonderen Einsatz für Umwelt- und Naturschutz ausgezahlt hat, kaufte der Verein Kräutersamen, der dann auf einer früheren Ackerfläche in Wirmetsweiler ausgesät wurde. So entstand dort eine Blühwiese, auf der außer Honig- auch Wildbienen Nahrung finden.