Rainer Zanker ist an der B 33 aufgewachsen, in fünfter Generation Chef des 1886 gegründeten Druckhauses Zanker und Vorsitzender des Vereins Interessengemeinschaft pro Südumfahrung Markdorf. Er klagt sein Leid. „Ich bin doppelt belastet. Ich wohne nicht nur, sondern arbeite auch hier. Das bedeutet: 24 Stunden, sieben Tage die Woche habe ich Lärm- und Feinstaubbelastungen um die Ohren.“ Seit Sommer hat Zanker laut eigenen Angaben keine Nacht mehr richtig durchgeschlafen. „Seien es Reise- oder Lieferverkehr oder aktuell die Belastungen durch die Erntetransporte, die natürlich auch sein müssen.“
Zanker führt außerdem die Dauerverschmutzung des Wohn- sowie Betriebsgebäudes an. „Normalerweise kann man davon ausgehen, dass ein Fassadenanstrich 15 bis 20 Jahre hält und weitgehend sauber bleibt.“ Das historische Wohnhaus, ein Fachwerkgebäude, müsse alle zwei Jahre mittels Hochdruckreiniger gesäubert werden, sämtliche Fenster gründlich jeden Monat. „Im Sommer musste ich auf der Balkonterrasse wöchentlich mit dem Hochdruckreiniger ran, weil‘s sonst schwarze Fußsohlen gibt.“
Im ersten Stockwerk des Druckhauses öffnet Rainer Zanker in seinem Büro ein Fenster zur Gutenbergstraße hin. Die B 33 ist nur mehrere Meter entfernt. Dann nimmt er ein weißes Papierhandtuch und wischt am Fensterrahmen entlang. „Schwarz“, sagt er, „und das atmen wir Anwohner mehr oder weniger jeden Tag ein.“
In Sachen Feinstaub verweist Zanker auf eine Studie, die von der Harvard University erstellt worden sei. „Laut dieser Studie gibt es einen direkten Zusammenhang von Feinstaubbelastung und Covid 19, die Sterblichkeitsrate soll um 15 Prozent höher sein.“ Durch die Abgas- und Feinstaubfahnen seien ja nicht nur er und die anderen direkten B-33-Anwohner betroffen, sondern auch Menschen in benachbarten Quartieren.

Bei Heinrich und Manuel Riede ist ein Fenster geöffnet, mit Blick auf den gegenüberstehenden stationären Blitzer an der Ortsdurchfahrt B 33, der Ravensburger Straße. Gespräche in üblicher Lautstärke sind kaum möglich, weil sie durch den eindringenden Verkehrslärm überlagert werden.
Kaum am Blitzer vorbei, geben die Fahrer Gas
Heinrich Riede erzählt, dass er im Haus geboren wurde und seit 69 Jahren an der B 33 lebt. „Mit dem Durchgangsverkehr auf der B 33 bin ich groß und alt geworden.“ Einst sei sie eine schmale Straße gewesen. Seit den 70er Jahren habe die Verkehrs- und Lärmbelastung beständig zugenommen. „Wegen der Tempo-30-Zone sind nun wenigstens die Hauserschütterungen weniger geworden. Wesentlich dafür ist auch, dass der stationäre Blitzer steht“, erzählt der Senior. Sohn Manuel ergänzt: „Der Lärm ist nicht weniger geworden. Das merken wir vor allem nachts. Auto- und Brummifahrer bremsen im Messbereich des Blitzers ab und geben dann wieder Gas.“
Von Feinstaub auch Anwohner in umliegenden Straßen betroffen
Aber die Feinstaubbelastung werde immer schlimmer, auch für Anwohner in den umliegenden Straßen, führt Heinrich Riede weiter aus. „Alle, die hier wohnen, sind voll von Lärm und Feinstaub betroffen. Das sind weitere Opfer, weil es noch immer keine Südumfahrung gibt.“ Er stellt eine drastische Frage: „Will man uns für eine Ideologie opfern?“ Sohn Manuel hakt ein. „Das höchste Gut in einer Demokratie ist ein Volks- oder Bürgerentscheid. Direkter geht es nicht... Dann muss auch der Bürgerentscheid von den Südumfahrungsgegnern akzeptiert werden.“
Es ist ein ganz normaler Werktag. Die Gespräche zum Themenkreis Durchgangsverkehr und Südumfahrung sind nach rund einer halben Stunde beendet, um 17.15 Uhr. Aus einer 30-minütigen Aufnahme vom Verkehr auf der B 33 wird in der SÜDKURIER-Redaktion ein 30 Sekunden dauerndes Video in Zeitraffertempo.
Thomas Zink wohnt seit zehn Jahren an der Ensisheimer Straße und bekommt den Ausweichverkehr vor dem Haus ab: „Für mich ist das die Bundesstraße 2. Der Verkehr nimmt zu. Die Leute sind deutlich schneller als früher unterwegs. Neulich ist ein Audifahrer mit 140 Stundenkilometern durchgerast, laut Smiley, also Tempoanzeige.“

Die Ensisheimer Straße südlich der Bahngleise ist bekanntlich auch Schulweg zum Bildungszentrum Markdorf und wie die Bernhardstraße im Westen der Südstadt eine bei Pendlern beliebte Ausweichstrecke, wenn der Verkehr auf der B 33 mal wieder stockt oder sich staut. Auch Zink hofft darauf, dass die Lärm- und Verkehrsbelastung vor dem Haus geringer werden, wenn nur endlich die Südumfahrung verwirklicht wird.