Mardiros Tavit

„Wir sind der größte Verein in Meersburg.“ Dieser Satz fällt nicht nur einmal bei der Befragung von Funktionären des TuS Meersburg. Rund 1000 Mitglieder hat der Verein, in einer Gemeinde mit 5600 Einwohnern. Jeder sechste Meersburger ist somit Mitglied es TuS Meersburg. So ist es nicht verwunderlich, dass aus diesem Satz ein besonderes Selbstverständnis heraus klingt: „Wir sind wer in Meersburg.“

125 Jahre TuS Meersburg

Sportler, Übungsleiter und Funktionäre feierten mit diesem Stolz ihren TuS Meersburg von 1896 mit einer kleinen Veranstaltung im Wein- und Kulturzentrum des Winzervereins. Nicht die 125-Jahr-Feier des Gesamtvereins wurde in einem sonst üblichen ehrvollen festlichen Rahmen begangen, sondern die Veröffentlichung der Festschrift zum 125-Jährigen des TuS Meersburg. Denn auch bei den Sportlern forderte die Corona-Pandemie ihren Tribut. Die große Feier des Gesamtvereins steht noch aus.

Blick in die Veranstaltung zur Veröffentlichung der Festschrift anlässlich des 125-jährigen Bestehens des TuS Meersburg, dem größten ...
Blick in die Veranstaltung zur Veröffentlichung der Festschrift anlässlich des 125-jährigen Bestehens des TuS Meersburg, dem größten Meersburger Verein. | Bild: Mardiros Tavit

Das pralle Festprogramm für das mit langer Hand vorbereitete Jubiläumsjahr, ließ sich in Corona-Zeiten nicht die gewünscht umsetzen. Turnier und Bestenkämpfe der Sparten Volleyball und Turnen waren geplant. Verbandstage und überregionale Versammlungen wurden nach Meersburg verlegt. Nur wenige der geplanten Veranstaltungen konnten stattfinden.

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Krönenden Abschluss der 125-Jahr-Feierlichkeiten sollte die Showveranstaltung „Magic Moments“ bilden. Die Show mit zwei Veranstaltungen am 13. November, „einem breitgefächerten Unterhaltungsprogramm“, wie die Ankündigung verspricht, ist noch nicht abgesagt. Die Hoffnung der Vereinsvorderen ist nun, dass die Pandemie bis dahin soweit im Griff ist, dass im Spätherbst die Meersburger die magischen Momente mit ihrem Sportverein gemeinsam erleben können.

Einband der 125-Jahre-Festschrift des TuS Meersburg 1896.
Einband der 125-Jahre-Festschrift des TuS Meersburg 1896. | Bild: Mardiros Tavit

Fotoausstellung zeigt alte Spielerausweise

Der Vorstellung der aktuellen Festschrift war eine Fotoausstellung vorangestellt. In den Fotoalben des Vereins aus den vergangenen Jahrzehnten konnten sich die ehemaligen wie auch die aktiven Sportler wiederfinden. Motive waren alle Aspekte des Vereinslebens. Auf die ehemaligen aktiven Sportler wartete eine besondere Überraschung. Alle Spielerausweise der ehemals in einem Ligabetrieb aktiven Sportler waren in großen Rahmen ausgestellt. Oftmals quittierten die Nicht-mehr-Sportler das Zusammentreffen mit ihrem damaligen Ich auf dem Ausweisfoto mit einem Lachen. Zusätzlich zu den Fotos konnten die Besucher der Ausstellung in den ehemaligen Dokumenten des Vereins stöbern.

Thomas Bergmoser, ehemaliger Volleyballer des TuS Meersburg, zeigt auf seinen Spielerausweis mit dem alten Bild von ihm. Damals war er ...
Thomas Bergmoser, ehemaliger Volleyballer des TuS Meersburg, zeigt auf seinen Spielerausweis mit dem alten Bild von ihm. Damals war er 23, heute ist er 54 Jahre alt. | Bild: Mardiros Tavit
Der Spielerausweis des Volleyballers aus dem Jahr 1990.
Der Spielerausweis des Volleyballers aus dem Jahr 1990. | Bild: Mardiros Tavit

Fußballerabteilung feiert 50-Jähriges

In der 125-Jahre-Festschrift finden sich viele Geschichten und Einzelheiten rund um den Verein. So kann der aufmerksame Leser schnell herausfinden, dass der Sportverein nicht nur 125-jähriges Bestehen, sondern auch 50 Jahre Mehrspartenverein feiern könnte. Denn 1971 bildeten die Fußballer eine eigene Abteilung. Bis dato übten sie organisatorisch unter der Turnerschaft ihren Sport aus. Fünf Jahre später spalteten sich die Leichtathleten ab und bildeten danach eine eigene Abteilung.

Ein Teil der 20 Frauen starken Riege der aktiven Seniorenturnerinnen-Riege im TuS Meersburg war ebenfalls bei der Präsentation der ...
Ein Teil der 20 Frauen starken Riege der aktiven Seniorenturnerinnen-Riege im TuS Meersburg war ebenfalls bei der Präsentation der Festschrift dabei (von links): Martha Neßler (82 Jahre alt), Christa Ropertz (79), Ingrid Roßmann (72), Else Keller (82) und Margot Brommont (90). | Bild: Mardiros Tavit
Margot Brommont, mit 90 Jahren noch aktive Seniorenturnerin. Geboren 1931 habe sie schon im Dritten Reich Sport getrieben, erzählte sie. ...
Margot Brommont, mit 90 Jahren noch aktive Seniorenturnerin. Geboren 1931 habe sie schon im Dritten Reich Sport getrieben, erzählte sie. Nach der Rückkehr aus Freiburg 1965 ging sie wieder in den Meersburger Sportverein. Noch heute ist sie zweimal wöchentlich bei den Seniorenturnerinnen mit dabei. | Bild: Mardiros Tavit

Die Chronisten des Vereins haben sich viel Mühe gegeben. In vier Jahren trugen sie alle Unterlagen zusammen. „Teilweise lagen die Unterlagen noch verstreut bei ehemaligen Vereinsvorsitzenden und Abteilungsleitern“, erzählte Alexander Ludwig, Schriftführer der Turner. Die historischen Dokumente wurden eingescannt und so digitalisiert. Daraus wurden eigene Jahrbände publiziert. Die Dokumente aus der schwarzen Zeit der Naziherrschaft wurden als erste so zusammengefasst.

Seiten aus einem historischen Protokollbuch des TuS Meersburg. Links eine Abschrift der Anerkennung als Verein durch das ...
Seiten aus einem historischen Protokollbuch des TuS Meersburg. Links eine Abschrift der Anerkennung als Verein durch das Bürgermeisteramt vom 15. August 1899 und rechts ein Bericht vom 4. Oktober 1896. | Bild: Mardiros Tavit
Auszug aus einem Protokoll aus dem Protokollbuch des Jahres 1931 mit dem damaligen Sportlergruß „Gut Heil“.
Auszug aus einem Protokoll aus dem Protokollbuch des Jahres 1931 mit dem damaligen Sportlergruß „Gut Heil“. | Bild: Mardiros Tavit

Jedes Mitglied soll sich wiederfinden

Die akkurate Arbeit schlägt sich in der nun vorliegenden Festschrift nieder. Sie ist gespickt mit Einzelheiten. Seien es die Listen der Funktionäre, der Abteilungsleiter, Vereinsrekorde, die detailreiche Chronik der vergangenen 25 Jahre oder Bilder von Sportlern und der Sporteinrichtungen sowie die vielen Geschichten im und um den Verein. „Wir wollten, dass sich jedes Mitglied in der Chronik wiederfindet“, erzählte Ludwig.

Nach vier Jahren intensiver Arbeit können die Chronisten des Vereins die Festschrift zum 125-jährigen Bestehen der Öffentlichkeit ...
Nach vier Jahren intensiver Arbeit können die Chronisten des Vereins die Festschrift zum 125-jährigen Bestehen der Öffentlichkeit präsentieren (von links): Harry Rolf Ropertz, Alexander Ludwig, Herbert Obser, Ralf Obser, Thomas Hausberger und Maximilian Seyfried. | Bild: Mardiros Tavit

Die Chronisten um Turnen-Abteilungsleiter Herbert Obser haben einen kleinen Datenschatz geschaffen. Sie bauten dabei auf die Festschrift zur 100-Jahrfeier auf. Die war auch schon sehr umfangreich. Wenn die aktuelle Chronik schon sehr viel aus der Vereinsgeschichte abbildet, so bekommt der geneigte Leser einen kompletten Überblick erst in Verbindungen mit dem Band zum 100-jährigen Vereinsbestehen. Beide Bände sind erhältlich beim Verein (www.tus-meerburg.de). Einen Verkauf über die Linzgau-Buchhandlung ist frühestens in zwei Wochen geplant.

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Herbert Obser: „Wir möchten weitergehen in Richtung Reha-Sport“

Die Brüder Herbert und Ralf Obser wurden bei der Vorstellung der Festschrift für ihre jahrzehntelange ehrenamtliche Arbeit geehrt. Der SÜDKURIER sprach mit Herbert Obser, Abteilungsleiter der Turner, über Gegenwart und Zukunft des Vereins:

Herr Obser, wie hat der Verein die Corona-Pandemie bis jetzt überstanden?

Das Erfreuliche ist, dass unsere Mitglieder uns die Treue gehalten haben. Trotzdem, dass es keinen regulären Sportbetrieb gab, aber die Mitgliedbeiträge eingezogen wurden. Es gab nur ganz wenige Austritte. Die Mitglieder haben gemerkt, dass wir das Mögliche versucht haben zu tun. So gab es Online-Angebote im Jugendbereich.

Wie sehen sie Ihren Verein außerhalb der ausschließlich sportlichen Aspekte?

Der Verein spielt mehrere Rollen. Turnen und Fußball spielen kann jeder. Trotz Sprachproblemen. Wir haben einen Schwerpunkt in der Integration. Aber vor allem leisten wir viel in Kinder- und Jugendarbeit. Wir verstehen uns als Partner der Stadt, nicht nur beim Weinfest. Die Stadt weiß, dass sie auf uns zukommen kann, wenn schnell helfende Hände gebraucht werden. Das gilt auch für andere Vereine.

Wie will sich der TuS Meersburg in der Zukunft ausrichten?

Wir setzen weiterhin auf die Ausbildung unserer Übungsleiter. Kinder- und Jugendarbeit bleibt ein Schwerpunkt. Ein weiterer sind unsere Senioren. Wer kümmert sich heute noch um sie? Für Sturzprophylaxe oder Rückenschulung ausgerichtet auf das Alter gibt es spezielle Ausbildungen vom Südbadischen Turnerbund. Wir möchten weitergehen in Richtung Reha-Sport. Sport für Menschen nach einem Herzinfarkt oder nach einer Krebserkrankung.

Was ist der Unterschied zu einer Therapieeinrichtung oder einem Fitness-Studio?

Bei kommerziellen Anbietern macht jeder sein Ding. Bei uns ist das Vereinsleben, das gesellige Beisammensein wichtig.

Auf der einen Seite Kinder- und Jugendarbeit, auf der anderen Seite Senioren. Wo bleibt das mittlere Alter im Verein?

Das mittlere Alter ist für uns ganz schwierig. Sie ist nicht unsere Kerngruppe. Von den 20- bis 50-Jährigen wird viel erwartet. Sie sollen extrem flexibel im Beruf sein, sich um die Familie kümmern. Es gibt viele Gründe, warum wir an sie schlecht rankommen. Von deren Seite ist ein Bedarf für ein Angebot auch nicht da.

Wie ist die Aufteilung von Breitensport zu Leistungssport im Verein?

Der Schwerpunkt liegt eindeutig beim Breiten- und Freizeitsport. Zum Beispiel stehen 200 Kinder- und Jugendturnern 15 in der Leistungsgruppe gegenüber.