Meersburg Was die Kinder des Ferienprogramms aufführten, hatte alles, was eine grandiose Zirkusvorstellung haben sollte: Clowns, Jonglagen, Menschenpyramiden, Drahtseilakt, Feuer-, Fakir- und Tiernummern. Ein Dutzend Kinder nahm eine Woche am Ferienprogramm teil und präsentierte das Gelernte in einer unterhaltsamen Aufführung seinen größten Fans.

Für die Open-Air-Vorstellung war schon alles aufgebaut. Mütter, Väter, Geschwister und Großeltern warteten erwartungsfroh auf den Einzug der Artisten. Doch es mussten noch ein paar mehr Sitzbänke für die Nachzügler aufgestellt werden. Als die Kinder die Manege betraten, wurden viele Handykameras gezückt.

Nach dem Einmarsch bauten die kleinen Artisten Menschenpyramiden. Alle mussten mit anpacken, damit Nicole in die Höhe gehoben werden konnte. Spielerisch Gemeinschaft lernen, Selbstbewusstsein tanken. Gleich in der ersten Nummer wurde dieses Ziel der Zirkus- und Erlebnispädagogen, die das fünftägige Lernprogramm zusammengestellt und betreut haben, auf zauberhafte Weise dargeboten.

Hand- und Kopfstände auf Glasscherben wurden als nächstes präsentiert. Und auch hier wurde einander geholfen. Die zehnjährige Johanna, die älteste und größte unter den Zirkuskindern, half den Kleinen.

„Manege frei für die Clowns“ hieß es dann für einen Höhepunkt aller Zirkusaufführungen. Mit dezent geschminkten Clownsgesichtern und ausnahmslos verschiedenen Socken an den Füßen übernahmen Liv, Marielle, Priska, Maurice und Luis das Kommando. Auf ihre lustige Weise griffen sie das Thema der Handyfotografierwut auf.

Anschließend balancierte Felix – mit nur einer winzig kleinen Unterstützung – über die Slackline, welches getrost als ein Drahtseilakt interpretiert werden konnte. Lavinia und Alena hingegen jonglierten gekonnt Porzellanteller auf Stöcken und gleichzeitig Ringe. Oder waren es Plastikteller? Das war allen ganz gleich, der Applaus der Zuschauermenge war ihnen sicher.

Es folgte die Tiernummer. Marielle, Luis, Liv, Maurice und Priska kamen furchtlos mit ihrem Wildtier auf die Bühne. Doch Fridolin der Floh wollte nicht so richtig mitmachen. Also gingen die Tierbändiger erst mal auf die Suche in den Haaren der Zuschauer. Am Ende vollführte Fridolin dann doch noch den dreifachen Todessprung.

Kein Zirkus ohne Nagelbrett. Einem richtigen Nagelbrett, was mit einem Apfel demonstriert wurde, der nach einem kurzen freien Fall darin stecken blieb. Doch die Fakirkinder hatten den Umgang mit diesem gefährlichen Gerät geübt. Sie liefen barfüßig über die Nägel, nahmen Meditationspositionen darauf ein oder zeigten sich als Gleichgewichtskünstler auf dem Nagelbrett.

Brennend wurde die finale Nummer erwartet. Nun spielten die Artisten mit dem Feuer. Sie streckten mutig ihre Hand Maurice entgegen. Der Clou, sie hatten auf der offenen Handfläche mit Feuerzeuggas gefüllten Schaum. Und Maurice ein Feuerzeug. Das Ergebnis: eine effektvolle Nummer mit einer sehr kurzlebigen und explosiven Flamme. Erst überraschte Gesichter im Publikum, dann begeisterter Applaus.

Anna-Lena Murzin hat den Kinderzirkus als Ferienprogramm für Kinder von fünf bis zwölf Jahren organisiert. Als berufstätige Mutter von drei Kindern war sie in der Not, in den Schulferien eine Betreuung für sie zu organisieren. „13 Wochen Ferien im Jahr als Eltern zu überbrücken, ist fast unmöglich“, erläuterte sie. Aus der Not wurde die Idee geboren, in den Ferien einen Kinderzirkus zur organisieren. Der erste Kinderzirkus öffnete seine Manege in den Osterferien. In den Sommerferien nun der zweite Kinderzirkus.

Murzin hatte zehn Jahre ein Kinderferienprogramm für die Stadt und die Universität Konstanz organisiert. Bis Ende vergangenen Jahres dozierte sie an der Universität Konstanz über Erlebnispädagogik, bis diese Weiterbildungsmaßnahme dem Rotstift zum Opfer fiel. Kein Wunder also, dass sie privilegierten Zugriff auf junge Fachkräfte hatte. So wurde der diesjährige Meersburger Kinderzirkus von den Zirkus- und Erlebnispädagogen Elly Reiner und Manuel Sand betreut.