An Gründonnerstag und Karfreitag schweigen alle Glocken: Das ist kirchliche Tradition. Eigentlich. Es heißt dann im Volksmund, dass alle Glocken nach Rom flögen. Doch in Meersburg war das Gegenteil der Fall, was sogar die Polizei auf den Plan rief.

Am Mittwochnachmittag, quasi letzter Gongschlag vor Gründonnerstag, rief eine Anwohnerin, die neben der Meersburger katholischen Kirche wohnt, bei der Polizei an, um auf eine „Ruhestörung“ aufmerksam zu machen. Die Frau sei zwar selbst „streng gläubig“, wie es im Pressebericht der Polizei heißt. Das scheinbar nicht mehr enden wollende Dauergeläut, „eine ganze Stunde lang“, empfand sie aber dennoch als unheilig genug, auf dass sie Unterstützung bei der Polizei erbat.

Einstündiges Geläut „in maximaler Schlagzahl“

Eine Stunde lang „am Stück und in maximaler Schlagzahl“, so die Polizei in ihrem Pressebericht, habe es geläutet. Die Polizeibeamten erkundigten sich beim Pfarramt und erfuhren, dass Pfarrer Matthias Schneider schon „am Werkeln sei“. Und siehe da: Bald kehrte wieder himmlische Ruhe ein.

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Abgeschaltet zur Turmsanierung

Wie Pfarrer Matthias Schneider an Karfreitag gegenüber dem SÜDKURIER berichtete, habe er das Geläut bei der Anfahrt nach Meersburg vernommen und sei deshalb statt ins Pfarrhaus, wo er eigentlich hinfahren wollte, direkt zum Glockenturm gefahren, noch bevor er von dem Polizeieinsatz erfuhr. Die Ursache liege in der Sanierung des Kirchturms verborgen. Damit die Glocke nicht versehentlich betätigt wird und einem Arbeiter gegen den Kopf schlägt, sei sie eigentlich ganz vom Stromnetz genommen worden. Warum genau sie dann trotzdem anfing zu läuten, ist unklar.

Pfarrer Matthias Schneider
Pfarrer Matthias Schneider | Bild: Lena Reiner

Nun scherzt Schneider, dass der sanierungsbedürftige Kirchturm wohl von sich aus auf sich aufmerksam machen wollte. Denn tatsächlich seien Spendengelder nötig, um die Sanierungskosten von 1,2 Millionen Euro für Turm, Dachstuhl und Kirchendach zusammen zu bekommen. Ein österlicher Wunsch von Pfarrer Schneider für ein historisches Stück Meersburg.

Teil der historischen Wehranlage

Die Kirche, so berichtet Schneider, wurde 1820 bis 1830 gebaut – der Turm selbst ist viel älter. Er diente als Wehrturm in der Meersburger Stadtbefestigung. Ihm liege daran, dass die Sanierung bald abgeschlossen ist, so Schneider. Denn das Gerüst verdirbt die schöne Meersburger Optik ein bisschen, zumindest nach Meinung eines Anrufers im Pfarrbüro. Schneider: „Jemand rief an und fragte, wann wir das Gerüst endlich wieder abbauen, damit er schönere Bilder machen kann.“