In Oberteuringen endet nach 36 Jahren eine Ära – und vielleicht beginnt nun eine neue: Inhaber Michael Leuthold und sein Bruder und Pächter Berthold Leuthold haben für ihr Bistro am Rathaus einen Nachfolger hinter dem Zapfhahn gefunden. Zugleich ist es ein Generationswechsel, der Hoffnung macht, dass die urige Traditionskneipe mitten im Dorfzentrum mit ihren treuen Stammgästen auch wieder von den Jüngeren „entdeckt“ wird. Patrick Weber heißt der neue Pächter, der am 3. Januar starten wird.
Weber kennt das Bistro und seine Gäste
Der 27-Jährige aus Kluftern-Efrizweiler, der bislang bei einem Industrieunternehmen im Deggenhausertal gearbeitet hat und gelernter Koch ist, war früh schon die Wunschlösung der beiden Leuthold-Brüder. Denn Weber kennt das Bistro und seine Gäste bestens: Als Stammgast jobbte er bereits seit 2013 bis zum Beginn der Corona-Pandemie aushilfsweise hinter der Theke. Die Wirtschaft und sein neuer Job sind ihm also nicht fremd, wenn er am 3. Januar zum ersten Mal die Türe unter den Arkaden neben dem Rathaus aufschließt. Dass es mit der Pacht tatsächlich auch geklappt hat, lag zuletzt an Weber selbst, der sich nach ein paar Wochen Bedenkzeit und mehreren gemeinsamen Gesprächen dazu entschlossen hat, trotz seines sicheren Berufs den Sprung in die Selbstständigkeit zu wagen.

Michael Leuthold, der gelernter Schreiner ist, öffnete 1987 als 24-Jähriger die inzwischen einzige klassische Kneipe im Dorf. Eigentlich habe er diesen Plan schon mit 18 gehabt, doch vorher habe er dem Wunsch des Vaters folgend noch „was Rechtes“ lernen müssen, erzählt er. An die Anfangsjahre erinnert er sich mit ein bisschen Wehmut: In den 80ern hatte Oberteuringen noch ein lebendiges Ortszentrum, mit Bäckerei, Blumenladen, Metzgerei – und dann eben dem Bistro. Die ausgeschriebene Gastronomie sei zunächst als Tagescafé geplant gewesen, für ihn sei aber klar gewesen, dass er eine „richtige Wirtschaft“ wollte, die auch abends geöffnet hat.
Leuthold: „Froh, dass das Bistro eine Zukunft hat“
Dass ihm „seine“ Kneipe nun weiterhin erhalten bleibt, freut Leuthold: „Ich hätte es schade gefunden, wenn ich das Gebäude hätte verkaufen müssen und eine andere Nutzung reingekommen wäre.“ Auch der Ort profitiere davon, ist er überzeugt. „Eine Dorfkneipe ist extrem wichtig für die Gemeinde, zu uns kommen die Jungs vom Tischtennis, die Fußball-AH, aber ein Mal die Woche auch der Kirchenchor.“ An Anlässen wie dem „Teuringer Sonntag“ oder dem Rathaussturm samt Narrentreiben beteiligt man sich gern, und samstags und an den Champions-League-Abenden ist das Bistro der Treffpunkt der Fußball-Fans. Im Hauptraum und in dem kleinen rückwärtigen Raucherraum werden alle Fußballspiele übertragen – damit ist das Bistro eine der letzten Kneipen in der Region mit einem Fußball-Vollabo. Das soll auch künftig so bleiben, versichert Weber.

2005 hatte Michael Leutholds zwei Jahre jüngerer Bruder Berthold die Pacht übernommen und stand seither bis nach der Corona-Pandemie sieben Tage die Woche von 11 Uhr bis spätabends am Zapfhahn. Seit zwei Jahren gönnt er sich ein wenig mehr Freizeit, seither ist montags und dienstags Ruhetag. „Nach 18 Jahren war einfach Zeit für eine Veränderung“, sagt der 58-Jährige. Er tritt im Januar seine neue Arbeitsstelle in einem Ravensburger Unternehmen an, auch für ihn ein großer Schritt. „Ob ich das Bistro vermissen werde, weiß ich noch nicht, aber ich werde auf alle Fälle als Gast wiederkommen“, sagt Berthold Leuthold.
Dass er aufhören wollte, stand bereits Mitte vergangenen Jahres fest. „Wir haben uns dann zusammengesetzt und recht bald ist dann auch Patrick auf uns zugekommen“, erzählt Michael Leuthold. Selbstverständlich sei es heutzutage nicht mehr, dass man für eine solche Nachfolge überhaupt noch junge Leute finde, meint er: „Aber Patrick weiß, er kann immer auf mich und Berti zählen.“ Die Brüder blicken optimistisch in die Zukunft. Weber selbst will das Bistro in ihrem Sinne weiterführen, „so, wie die Gäste es mögen und gewohnt sind“.
In den vergangenen Wochen ließ er sich von Berthold Leuthold noch einlernen, die umfangreiche Tour über die Ämter und Behörden hat er inzwischen hinter sich. „Das war schon heftig, aber jetzt bin ich auch froh, dass es endlich losgeht“, freut er sich. Vielleicht werde er später noch wöchentlich wechselnde kleine Gerichte hinzunehmen, und im Sommer könnte er sich ein Weizenfest auf dem Dorfplatz vor dem Bistro vorstellen.