Das "Rössle" wurde im Februar 2016 von einer Genossenschaft erworben. Sie hat sich gegründet, um das damals zum Verkauf stehende Gasthaus nicht einem Investor preiszugeben, der dann Wohnungen daraus gemacht hätte. Mit über 3000 Arbeitsstunden haben die Genossenschaftsmitglieder das "Rössle" auf Vordermann gebracht, sodass es verpachtet werden konnte. Doch die Liaison mit dem ersten Pächter hielt nur 14 Monate. "Nach familiären Schwierigkeiten hat er es einfach nicht auf die Reihe gebracht und hat schließlich aus wirtschaftlichen Gründen ziemlich kurzfristig das Handtuch geworfen", sagt Jürgen Öttel.

Genossenschaft mit 556.000 Euro Eigenkapital
Für die Neuverpachtung hat sich die Genossenschaft Zeit gelassen. "Wir wollten da nichts übers Knie brechen, sondern zuwarten, bis wir einen Wirt finden, der unserer Meinung nach zum Rössle und zu Mittelstenweiler passt", erklärt Öttel. Die Genossenschaft sei aufgrund ihres hohen Eigenkapitalanteils von 556.000 Euro nicht unter finanziellen Druck geraten. Den Verpflichtungen, die aus einem Darlehen über 200.000 Euro resultierten, habe man aus den Mieteinnahmen für die drei Wohnungen in den Obergeschossen des Gasthauses gut nachkommen können. Die Zeit, in denen das "Rössle" geschlossen war, hat man sogar genutzt, um Baumaßnahmen zu erledigen. Unter anderem wurde die Gartenwirtschaft erweitert, und es wurde ein rollstuhlgerechter Zugang zur Terrasse und zur Gastwirtschaft angelegt. "Auch hier hat der Rössle-Bautrupp wieder ganze Arbeit geleistet", lobt Öttel die Helfer.
Vorstand testet neuen Pächter bei unangemeldetem Probeessen
Der Genossenschaftsvorsitzende ist zuversichtlich, dass es jetzt auch mit der Wirtschaft rund läuft. Mit Andreas Andritzke glaubt er einen zupackenden Pächter gefunden zu haben. "Der kennt die Region und weiß, was bei den hier lebenden Menschen ankommt." Nach dem "Frohsinn" in Buggensegel hat Andreas Andritzke mit seiner Frau Pranee, einer Thailänderin, knapp zwei Jahre das Sportlerheim F.A.L. in Frickingen und dann bis Ende 2017 die Sportgaststätte in Obereschach bei Ravensburg bewirtschaftet. In beiden Fällen ist es zwar gut gelaufen. "Aber ich habe festgestellt", verrät Andreas Andritzke, "dass Sportgaststätten mit ihrem speziellen Flair nicht so ganz meine Welt sind." In einer klassischen Speisewirtschaft fühlt er sich eher zuhause. "Dahin passt auch seine gute Küche", sagt Jürgen Öttel. Der gesamte Genossenschaftsvorstand sei, so Öttel, unangemeldet zu Andritzke zum Probeessen nach Oberschach gegangen und alle seien hellauf begeistert gewesen.
Gut bürgerliche und thailändische Küche
Neben einer gut bürgerlichen Küche bietet Andritzke auch thailändische Gerichte an. Vor allem aber hebt er seine Hähnchen in verschiedenen Variationen hervor, die nicht in der Fritteuse, sondern im Ofen gebacken werden. Und dazu gebe es seinen bekannten hausgemachten Kartoffelsalat. Seit drei Jahren arbeitet Andritzke mit Michael Buchner aus Markdorf als Küchenchef zusammen, der früher etliche Jahre den Campingplatz im Wirthshof Steibensteg bei Markdorf bewirtschaftet hat.
Die Geschichte des "Rössle"
Das "Rössle" ist im Salemer Teilort Mittelstenweiler seit über einem halben Jahrhundert eine Institution. 1960 haben Anneliese und Josef Merk der wirtshauslosen Zeit in Mittelstenweiler ein Ende gemacht und haben auf ihrem landwirtschaftlichen Anwesen an der Bergstraße eine Gastwirtschaft eröffnet. 1996 hat Tochter Martina zusammen mit ihrem Mann Bruno Karch die Gastwirtschaft übernommen. 2012 haben sie den Stadel zur Festscheuer umgebaut. Noch im selben Jahr haben Michael Ummenhofer und Wenke Rapp die Gastwirtschaft erworben und weitergeführt. 2015 haben sie das Anwesen zum Verkauf angeboten. Daraufhin hat sich aus der Dorfbevölkerung eine Initiative zur Gründung einer Genossenschaft zum Erwerb des Anwesens gegründet, um das Wirtshaus im Dorf zu erhalten. Anfang 2016 wurde der Kaufvertrag geschlossen.
Öffnungszeiten: werktags, außer am Ruhetag am Dienstag, ab 16 Uhr; sonn- und feiertags ab 10 Uhr.