Mardiros Tavit

Gudrun Hahnemann sagt, sie wollte schon immer Tuba spielen. Das ging aber nicht, sie war zu klein für das große Blechblasinstrument. Also begann sie mit dem Instrument unter der Tuba – dem Tenorhorn. Das war vor drei Jahren, da war sie noch acht Jahre alt und so groß wie eine Tuba. Heute hält sie wie selbstverständlich ihr Wunschinstrument in der Hand. Seit einem Jahr spielt sie darauf. Im Schuljahr 2014/15 wurde an der Fritz-Baur-Grundschule eine Bläserklasse eingerichtet – für Gudrun Hahnemann die perfekte Gelegenheit.

Treibende Kraft für die neue Musikklasse war Attila Buzinski. Er kam damals als Dirigent zum Musikverein Mimmenhausen. Mit einer Anzeige in Fachblättern und im Internet hatte damals der örtliche Musikverein einen neuen Dirigenten gesucht. Rita Buzinski, Leiterin des Mimmenhauser Mini-Wind-Orchesters, kann sich noch gut erinnern, wie ihre Tochter den Vater auf die Anzeige im Gemeindeblatt hinwies. "Erst haben wir darüber gescherzt", erinnert sich Rita Buzinski, "aber dann haben wir ihn ermuntert." Attila Buzinski bewarb sich schließlich. Ein Glück für den 196 Jahre alten Musikverein Mimmenhausen, wie es sich im Nachhinein herausstellte. Denn der Diplommusiker erwies sich nicht nur als exzellenter Dirigent, sondern auch als ein Musikpädagoge durch und durch. "Die Frage nach einer aktiven Jugendarbeit war auch einer der ersten Fragen", erinnert sich Buzinski. Der Musikverein litt an Musikerschwund. Im Orchester spielten nur noch 22 Musiker. Der Verein wollte alle Kraft in eine aktive Jugendarbeit stecken.

Rita Buzinski leitet die gemeinsame Orchesterprobe von Mini-Wind-Orchester und Fortissimo.
Rita Buzinski leitet die gemeinsame Orchesterprobe von Mini-Wind-Orchester und Fortissimo. | Bild: Mardiros Tavit

Attila Buzinski hatte schon ein fertiges Konzept mitgebracht. Dass sich die Proberäume auf dem Schulgelände der Mimmenhauser Grundschule befinden, kam dem sehr entgegen. Schulleiter Stefan Neher befürwortete das Projekt. "Musiklehrer an Grundschulen sind gefragt", erzählt Rita Buzinski, auch sie ist diplomierte Musikerin. Zum Schuljahresbeginn 2014 wurde die erste Bläserklasse für die dritte und vierte Klasse aus der Taufe gehoben. Der Erfolg gab den Initiatoren Recht: 15 Kinder nahmen daran teil. Im Folgejahr wurde eine Blockflöten-Klasse für die zweite Klasse und ein weiteres Jahr später kam ein Orff-Klasse für die Erstklässler hinzu. Alle Klassen hatten einen musikpädagogischen Hintergrund. Die Kinder konnten ohne Vorkenntnisse in den wöchentlichen Unterricht. Unter dem Motto "lebendiges Musizieren von Anfang an" bekamen die Kinder eine Musikerziehung von Fachkräften.

"Als die ersten Bläserklasse aus der Schule kam, haben wir das Mini-Wind-Orchester beim Musikverein gegründet", sagt Rita Buzinski, die auch die Leitung des Kinderorchesters übernahm. Nach drei Jahren arbeitet sie nun mit 80 Kindern. Zuviel für ein Gesamtorchester, in dem die Kinder unterschiedliche Leistungsgrade haben. Für die erfahrenen Kinder wurde Anfang des Jahres das Fortissmo-Orchester gegründet, ebenfalls unter der Leitung von Buzinski. "Ich bin ganz stolz auf meine Kinder. Ich bin sehr streng und sie wissen, wenn ich meine Arme hebe, wird gearbeitet." Das funktioniere aber bestens: Alle konzentrieren sich und machen mit.

Gudrun Hahnemann ist die einzige Tubistin im Musikverein Mimmenhausen.
Gudrun Hahnemann ist die einzige Tubistin im Musikverein Mimmenhausen. | Bild: Mardiros Tavit

Neben den wöchentlichen Orchesterproben nehmen die Kinder noch Privatunterricht für ihre jeweiligen Instrumente. So auch Gudrun Hahnemann. Sie ist die einzige Tubistin im Fortissimo. Ihr Lehrer ist Werner Asmacher. Er war 21 Jahre Leiter der Knabenmusik in Meersburg. Attila Buzinski und Asmacher kennen sich aus Buzinskis Zeit an der Meersburger Musikschule. Vor zwei Jahren sprach Mimmenhausens Dirigent den ehemaligen Knabenmusiker an. Gudrun macht bei ihm solche Fortschritte, dass für sie demnächst die D1-Prüfung ablegt. Mit Eifer übt sie täglich 20 bis 30 Minuten. "Vor einem Jahr habe ich mit der Tuba angefangen, jetzt will ich damit nicht aufhören", sagt Gudrun.

 

Jugendarbeit im Musikverein Mimmenhausen

Der Musikverein Mimmenhausen wurde 1822 gegründet. Aktuell spielen 22 Musiker im Orchester. Der Verein steckt seine ganze Kraft in die aktive Jugendarbeit. Seine Proberäume befinden sich auf dem Schulgelände der Fritz-Baur-Grundschule. Mit der Übernahme des Dirigentenstabs durch Attila Buzinski im Jahre 2014 wurde die Jugendarbeit auf neue Beine gestellt. In Kooperation mit Grundschule wurde ein Konzept ausgearbeitet:

  • Orff-Klasse: Die Erstklässler können in die Orff-Klasse, benannt nach dem Musikpädagogen. Grundlage des Orff-Schulwerks ist der kreative Umgang mit den Elementen Musik, Sprache und Bewegung.
  • Blockflötenklasse: In der zweiten Klassenstufe wird eine Blockflötenklasse angeboten. Die Schüler lernen Noten lesen, das gemeinsame Spiel und erste Melodien.
  • Bläserklasse: Für die dritte und vierte Klasse wird die Bläserklasse angeboten. Die Kinder erlehren hier ein Blasinstrument. Zur Förderung der Instrumentalkompetenz werden von Beginn an Atem- und Konzentrationsübungen praktiziert.
  • Musikklassen: Die Teilnahme an den Musikklassen kann nur einmal erfolgen. Kinder, die weiterhin Musik spielen wollen, gehen in das Mini-Wind-Orchester des Musikvereins. Erfahrenere Musiker gehen danach ins Fortissimo-Orchester. In den beiden Orchestern spielen aktuell 36 Kinder, zusätzlich zu den 33 Kindern, die in den drei Musik-Klassen an der Grundschule teilnehmen.