Hupkonzert vor der Musikschule: Rund 100 Menschen haben sich als überparteiliches Salemer Demokratiebündnis auf der gegenüberliegenden Straßenseite zu einer Mahnwache postiert. „Bitte hupen gegen AfD“, fordern einige am Samstagabend per Schild die Vorbeifahrenden auf. Drüben im Dorfgemeinschaftshaus laufen derweil die Vorbereitungen des AfD-Kreisverbands für eine Veranstaltung zum Thema Landwirtschaft, angekündigt als „Landwirtekonferenz“.

„Wir wollen das einfach nicht in Weildorf“, sagt Heike Ehrmann, die die Mahnwache angemeldet hat. Dagmar Habisreuther stellt dafür ihr Gelände zur Verfügung. „Wir durften nicht rüber, es sollte eine gewisse Distanz sein“, erklärt sie die Vorgaben der Polizei, die in beachtlicher Zahl vor Ort ist.

„Nie wieder ist jetzt“, ist sich Heike Ehrmann sicher, die die Mahnwache angemeldet hat. Dagmar Habisreuther (links) stellte dafür ihr ...
„Nie wieder ist jetzt“, ist sich Heike Ehrmann sicher, die die Mahnwache angemeldet hat. Dagmar Habisreuther (links) stellte dafür ihr Grundstück zur Verfügung. | Bild: Altmann, Miriam

AfD „keine Partei wie alle anderen“

Neben vielen Salemern protestieren auch die Omas gegen Rechts. „Wir wollen deutlich machen, dass diese Partei keine Partei wie alle anderen ist“, sagt Doris Hog über die AfD, die in Baden-Württemberg seit 2022 unter Beobachtung des Verfassungsschutzes steht. „Die Bauern haben Forderungen, die berechtigt sind, aber das kann man auch auf anderen Wegen erreichen als mit der AfD.“ Bettina Wunderle engagiert sich im Helferkreis Salem für Geflüchtete. „Die hatten Angst vor der letzten Wahl“, erzählt sie. „Sie haben gemerkt, dass das Klima rauer geworden ist.“ Helferkreis-Sprecher Jürgen Jung schaltet sich ein: „Ich vermute, dass das keine Salemer sind da drüben.“

Rund 100 Personen haben sich entlang der Straße versammelt, darunter auch die Omas gegen Rechts.
Rund 100 Personen haben sich entlang der Straße versammelt, darunter auch die Omas gegen Rechts. | Bild: Altmann, Miriam

Tatsächlich findet sich unter dem blauen Sonnenschirm vor dem Saal auf Nachfrage zunächst niemand aus der Gemeinde. Gesprächsbereit zeigt sich Stefan Schnyder aus Schmalegg. „Ich will mal hören, was sie fordern“, meint der Landwirt, der die Rechtspopulisten gut findet. Vorschläge, wie man von Subventionen oder der überbordenden Bürokratie wegkomme, habe der gebürtige Schweizer zwar noch nicht gehört. Doch da die CDU ihre Wahlversprechen nicht einhalte, wolle er der AfD eine Chance geben.

Landwirt Stefan Schnyder aus Schmalegg will mit Rolf Stier und Elke Knörle (von links) hören, was die AfD zu sagen hat.
Landwirt Stefan Schnyder aus Schmalegg will mit Rolf Stier und Elke Knörle (von links) hören, was die AfD zu sagen hat. | Bild: Altmann, Miriam

Populismus auf Wahrheit abklopfen

Seine Branchenkollegen auf der anderen Straßenseite sehen das anders. „Die AfD will über Populismus Menschen abgreifen, bietet aber keine Lösungen“, sagt Raffael Kreissel von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). Was die Partei auf EU- und Bundesebene bereithalte, decke sich nicht mit den Forderungen der Bauern. „Für globale Herausforderungen ist globale Solidarität nötig“, spricht er sich gegen Protektionismus aus.

Sie sind Landwirte, aber nicht mit den Forderungen der AfD einverstanden: Raffael Kreissel und Paula Tirler von der Arbeitsgemeinschaft ...
Sie sind Landwirte, aber nicht mit den Forderungen der AfD einverstanden: Raffael Kreissel und Paula Tirler von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft und Timon Nardo mit seiner Tochter (von rechts). | Bild: Altmann, Miriam

Timon Nardo, Betriebsleiter beim Hofgut Rimpertsweiler, führt die Klimapolitik als Beispiel an, weshalb er keinesfalls die AfD unterstützen würde: „Da will ich weiterhin Fortschritt, und insgesamt Vielfalt und Diversität.“ Nardo ist aber bereit, sich die Veranstaltung anzuhören.

Unter den Demonstranten findet sich auch Gerhard Wachter, ehemaliger Gemeinderat und Ortsreferent. „Man kann sich nicht früh genug dagegen wehren, was daraus werden kann“, erinnert der Hobbyhistoriker. Mit Beschimpfungen komme man jedoch nicht weiter, daher plädiere er dafür, die populistischen Thesen auf ihren Wahrheitsgehalt hin abzuklopfen.

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„Übergriffiger Staat“ und Spitzen gegen Parteien und Presse

Zu Veranstaltungsbeginn haben sich rund 50 Besucher eingefunden, die Online-Übertragung verfolgen zeitweise bis zu 15 Personen. Auf dem Podium haben neben Moderatorin Stef Manzini die AfD-Landtagsabgeordneten Emil Sänze, Dennis Klecker und Bernhard Eisenhut Platz genommen. Im Verlauf ist die Rede von einem vermeintlich existenzgefährdenden Wettbewerb, einem „übergriffigen Staat“, einem „falsch verstandenen Umweltschutz“ und einer möglichen Kriegsgefahr, in deren Zuge man sich selbst versorgen müsse. Nicht fehlen dürfen Spitzen gegen andere Parteien, die Protestierenden vor der Tür und die Presse.

Rund 50 Besucher sitzen im Publikum, darunter AfD-Mitglieder. Auf dem Podium: Stef Manzini, Emil Sänze, Dennis Klecker und Bernhard ...
Rund 50 Besucher sitzen im Publikum, darunter AfD-Mitglieder. Auf dem Podium: Stef Manzini, Emil Sänze, Dennis Klecker und Bernhard Eisenhut (von links). | Bild: Altmann, Miriam

Die anwesenden Bauern thematisieren die Regelungen bezüglich Pflanzenschutz- und Tierarzneimitteln, die Mehrwertsteuer, die Bürokratie, den Konflikt mit dem Artenschutz sowie den Mindestlohn mit seinen möglichen Ausnahmen. „Ich habe Frau Weidel einen Themenkatalog mit fünf Seiten zukommen lassen und habe bis heute von ihr keine Antwort bekommen“, beklagt ein Landwirt aus der Gegend von Pfullendorf. Die wird ihm von Sänze versprochen, Eisenhut will nach der Wahl „auf den Tisch hauen“.

Zwei Landwirte schildern ihre Eindrücke

Bei der Veranstaltung ist auch Hubert Einholz aus Neufrach, Ortsverbandsvorsitzende des BLHV (Badischer Landwirtschaftlicher Hauptverband). Er könne im Nachgang nicht einschätzen, ob die AfD mehr durchgesetzt bekäme als andere Parteien, doch würdigt er deren Gesprächsbereitschaft. Außerdem habe er andere Salemer Kollegen als Teilnehmer vermisst. Statt zu demonstrieren, hätten seine Berufskollegen mitdiskutieren sollen, sagt er.

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Timon Nardo geht mit einem anderen Gefühl nach Hause: „Das war alles ein bisschen schwierig, was auf dem Podium gesagt wurde.“ Manches sei falsch oder polemisch gewesen und viel lächerlich gemacht worden. Die kritisierten Vorschriften sieht er als unabdingbar für gute Lebensmittel. „Und der Mindestlohn ist gerade für uns am See und mit Familie, wenn man sich an der Gesellschaft beteiligen will, nicht viel Geld“, stellt er sich gegen dessen Aufweichung. „Die hatten eigentlich keine Lösungsansätze. Die sagen, sie machen weniger und damit wird es besser.“