Die Bilder des Hochwassers in der Markgrafenstraße sind noch gut im Gedächtnis. 2000 Arbeitsstunden, drei Kilometer Schlauchleitungen und 4000 Sandsäcke waren die Bilanz der Salemer Feuerwehr nach dem kräftezehrenden Einsatz am ersten Juni-Wochenende in Stefansfeld. Doch nicht nur in der knie- bis hüfthoch überschwemmten Markgrafenstraße und den überfluteten Kellern gab es für die Feuerwehrleute zu tun. Auch nach Buggensegel und Mimmenhausen wurden sie gerufen. Darauf bezog sich eine Anfrage im Rahmen der Bürgerfragestunde in der Gemeinderatssitzung.

Zu viel Regenwasser für Kanalisation

Suzan Hahnemann wohnt in Mimmenhausen unweit des Stefansfelder Kanals und war ebenfalls von Überschwemmung betroffen. Aufgrund des „komplexeren Hintergrunds“ ihrer Fragen schickte sie diese vorab an Gemeinderat, Verwaltung sowie den SÜDKURIER. „Die Kanalisation konnte das Regenwasser nicht mehr aufnehmen und meine Kellerschächte sind vollgelaufen“, schilderte sie. Das Regenwasser sei im Folgenden durch die Fenster in den Keller gelaufen, sodass dieser am Morgen des 1. Juni rund 20 Zentimeter unter Wasser gestanden habe.

Suzan Hahnemann: „Die Kanalisation konnte das Regenwasser nicht mehr aufnehmen und meine Kellerschächte sind vollgelaufen.“
Suzan Hahnemann: „Die Kanalisation konnte das Regenwasser nicht mehr aufnehmen und meine Kellerschächte sind vollgelaufen.“ | Bild: Altmann, Miriam (Extern)

Zwar habe die Feuerwehr den Keller ausgepumpt, was Hahnemann durch eigens besorgte Pumpen fortgeführt habe: „Das war teilweise ziemlich sinnlos, denn alles, was ich hinten in den Stefansfelder Kanal, der auch deutliches Hochwasser hatte, hineingepumpt habe, ist vorne aus der Kanalisation wieder in die Schächte gelaufen.“ Noch zehn Tage später habe sie die Pumpen im Einsatz gehabt.

Der Wasserstand in Suzan Hahnemanns Keller betrug 20 Zentimeter. Hier sieht man, wie es von oben tropft.
Der Wasserstand in Suzan Hahnemanns Keller betrug 20 Zentimeter. Hier sieht man, wie es von oben tropft. | Bild: Suzan Hahnemann

Wurde überall rechtzeitig gewarnt?

In ihrer E-Mail wollte Hahnemann daher wissen, weshalb ihre Nachbarschaft im Gegensatz zu vielen anderen Anliegern des Stefansfelder Kanals nicht durch eingeworfene Handzettel gewarnt worden sei. Dabei führte sie ein Hochwasserereignis aus dem Jahr 2013 an, das als Notstand eingeordnet worden sei. „Wie begründen Sie, dass es sich bei den Einsätzen Anfang Juni um keinen Notstand nach der Feuerwehrordnung handelte?“, fragte sie deshalb. Dies sei auch deshalb relevant, weil sie eine Rechnung für den Feuerwehreinsatz erhalten habe. Die Anwohner der Markgrafenstraße jedoch nicht. Trotz Mahnstopps habe sie eine Mahnung zuzüglich Zinsen und Mahngebühren bekommen.

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Obgleich Hahnemann während der Bürgerfragestunde tags darauf nicht anwesend war, griff Bürgermeister Manfred Härle die Anfrage mittels einer Präsentation auf. „Bei dem Hochwasserereignis vom 31. Mai auf den 1. Juni haben wir diejenigen, die im HQ100 liegen, vorab informiert“, schilderte er das gewählte Vorgehen. Die von Hahnemann angesprochenen Straßenzüge lägen nicht im Überflutungsbereich eines möglichen Jahrhunderthochwassers, sondern seien als HQextrem gekennzeichnet. Jedoch habe man alle Bürger am Freitagnachmittag über die sozialen Medien informiert.

Laut Bürgermeister kein öffentlicher Notstand

Auf Hahnemanns Frage, wer die Kosten trage, zitierte Härle die Feuerwehrsatzung, wonach trotz der starkregenbedingten Überflutungen kein öffentlicher Notstand vorgelegen habe. Zwar habe das Ereignis zu einer Gefahr für das Leben und die Gesundheit von Menschen und Tieren oder für andere wesentliche Rechtsgüter geführt, doch sei keine unbestimmte und nicht bestimmbare Anzahl von Personen betroffen gewesen.

„Bei den Einsätzen, die wir hatten, konnten wir das definitiv bestimmen“, verdeutlichte der Bürgermeister anhand der Markgrafenstraße und einzelner weiterer Haushalte. „Ansonsten hätte die Allgemeinheit die Kosten des Feuerwehreinsatzes getragen.“ Die Feststellung des öffentlichen Notstands im Jahr 2013 durch den Gemeinderat hinterfragte Härle im Nachhinein bezüglich der Rechtskonformität.

Die Markgrafenstraße in Stefansfeld war zu großen Teilen überschwemmt. Dennoch handelte es sich nicht um einen Notstand, wie ...
Die Markgrafenstraße in Stefansfeld war zu großen Teilen überschwemmt. Dennoch handelte es sich nicht um einen Notstand, wie Bürgermeister Manfred Härle jetzt im Gemeinderat erklärte. | Bild: Miriam Altmann

Alle Einsätze werden abgerechnet

Was die Abrechnung der Einsätze anbelange, seien die ersten drei Rechnungen verschickt worden. Damit Rechtsmittel eingelegt werden könnten, werde man diese noch in Bescheide umwandeln. Dass Suzan Hahnemann eine Mahnung erhalten habe, sei ein interner Fehler, der noch korrigiert werde. Darüber hinaus betonte der Bürgermeister: „Auch die Markgrafenstraße wird abgerechnet wie jeder andere Einsatz auch.“

Eigenverantwortung der Eigentümer

Auf Hahnemanns Nachfrage bezüglich erfolgter und geplanter Maßnahmen zur Aufrüstung der Kanalisation meinte Härle, dass es dazu keine Verpflichtung gebe. „Wenn wir jedes Starkregenereignis auffangen müssten, bräuchten wir einen Sammler mit einem Durchmesser von zwei, drei oder gar fünf Metern in jeder Straße.“ Dafür nahm er die Anlieger betroffener Gebiete selbst in die Verantwortung. „Jeder Grundstückseigentümer hat auf seinem Grundstück entsprechende Vorkehrungen zu treffen“, sagte er und schlug Rückstauklappen, Hebeanlagen oder gar das Zumauern von Kellerfenstern vor.

Das Foto zeigt den Kellerschacht von Suzan Hahnemann. Trotz Abpumpen sprudelt das Wasser immer nach.
Das Foto zeigt den Kellerschacht von Suzan Hahnemann. Trotz Abpumpen sprudelt das Wasser immer nach. | Bild: Suzan Hahnemann

Im Nachgang zur Sitzung berichtete Suzan Hahnemann von einer Anhörung auf schriftlichem Wege. Da jedoch nicht all ihre Argumente berücksichtigt worden seien und ihr Haus wie auch andere teilweise im HQ100-Bereich liege, werde sie ihren Widerspruch aufrechterhalten. „Ich suche gerade nach Mitbetroffenen, die ebenfalls nicht einverstanden sind.“