Paul Müller ist ein Neufracher Urgestein und großer Unterstützer des Linzgau-Shuttles. Ein- bis zweimal pro Woche nutzt er den Bürgerbus, um sich montags aus der Physiotherapie in Nußdorf abholen zu lassen und dann vielleicht noch für einen Arztbesuch. „Die Montagsfahrt planen wir für den ganzen Monat“, sagt Müller. Etwaige weitere Fahrten fragt er in der betreffenden Woche telefonisch an. „Es gibt Möglichkeiten, wo es mal nicht passt.“ Mit ein bisschen Flexibilität von Disponent und Fahrgast sei aber vieles machbar, berichtet Müller.

Paul Müller aus Neufrach berichtet im Meersburger Rathaus von seinen Erfahrungen mit dem Linzgau-Shuttle. Manfred Lucha und Reinhard ...
Paul Müller aus Neufrach berichtet im Meersburger Rathaus von seinen Erfahrungen mit dem Linzgau-Shuttle. Manfred Lucha und Reinhard Nedela haben ihn zuvor abgeholt. | Bild: Santini, Jenna

Von einem Minister wurde er allerdings noch nie abgeholt, obwohl schon viele politische Größen bei ihm Zuhause waren. Manfred Lucha, Landesminister für Soziales, Gesundheit und Integration, verschaffte sich in dieser Woche einen Eindruck von dem sozialen Fahrdienst, der im Frühjahr von der Internationalen Bodensee-Konferenz in der Kategorie Ehrenamtliches Engagement mit dem ersten Preis ausgezeichnet wurde.

Gemeinsam mit Reinhard Nedela, stellvertretender Vereinsvorsitzender, fuhr Lucha bei Paul Müller vor. Die Beiden fanden auch eine Gemeinsamkeit. „Herr Müller kennt meinen Schwiegervater“, sagt Manfred Lucha. Der Minister ist seit 35 Jahren mit einer gebürtigen Weildorferin verheiratet.

Manfred Lucha: „Ihr seid ein Zuversichtsprojekt“

Für den Shuttle-Service, der bislang nur von Ehrenamtlichen aufrechterhalten wird und zuletzt in die Mitgliedsgemeinden des Gemeindeverwaltungsverbands Meersburg expandierte, ist Lucha voll des Lobes. Zunächst bei dem Treffen vor dem Salemer Rathaus, dann bei der Zusammenkunft im Meersburger Rathaus. „Ihr seid ein Zuversichtsprojekt. Wir brauchen noch mehr Zuversichtsprojekte“, sagt Lucha.

Ingo Kitzmann, Vorsitzender des Vereins Linzgau-Shuttle, gibt Minister Manfred Lucha (von links) vor dem Rathaus in Salem einen Einblick ...
Ingo Kitzmann, Vorsitzender des Vereins Linzgau-Shuttle, gibt Minister Manfred Lucha (von links) vor dem Rathaus in Salem einen Einblick in die Aufgaben des sozialen Fahrdienstes. | Bild: Santini, Jenna

Die Gästeliste beim Ministerbesuch war lang, darunter die Landtagsabgeordneten Martin Hahn und Klaus Hoher sowie die Bürgermeister-Stellvertreterin Stephanie Straßer und die Bürgermeister Dominik Männle, Jürgen Stukle, Volker Frede, Daniel Heß, Robert Scherer und Ralf Meßmer.

Wiltrud Bolien von der Altenhilfeplanung im Sozialdezernat im Landratsamt des Bodenseekreises nahm in Vertretung des Landrats an den Treffen teil. Große Präsenz zeigten aber vor allem die Ehrenamtlichen des Linzgau-Shuttles. Insgesamt 55 Personen leisten die tägliche Arbeit, die in dem sozialen Fahrdienst anfällt.

Die Ehrenamtlichen des Bürgerbusses zeigen Präsenz bei dem Besuch von Minister Manfred Lucha. 55 Personen sind inzwischen in sieben ...
Die Ehrenamtlichen des Bürgerbusses zeigen Präsenz bei dem Besuch von Minister Manfred Lucha. 55 Personen sind inzwischen in sieben Gemeinden des Bodenseekreises für das Linzgau-Shuttle tätig. | Bild: Santini, Jenna

Vorsitzender Ingo Kitzmann erklärt: „Wir machen keine Pflege, aber wir helfen weitestgehend.“ Ein Beispiel: Wird ein Fahrgast zum Arzt gebracht, geht der Fahrer mit in die Praxis und klärt die Abholzeit ab. Kitzmann weiß um das Alter der Fahrgäste. Viele von ihnen sind hochbetagt.

„Die Landkreise am Bodensee sind besonders beliebt als Ruhesitze. Wie geht die Politik damit um?“, fragt er in Richtung Manfred Lucha. Der entgegnet: „Ich bin nicht automatisch hilfsbedürftig, nur weil ich alt bin.“ Lucha geht davon aus, dass viel mit punktueller Unterstützung geholfen ist, wie zum Beispiel mit dem Linzgau-Shuttle, und spricht von einer Verantwortungsgemeinschaft der Bürger, an die die Politik delegiert.

Meersburgs Bürgermeister Robert Scherer, Minister Manfred Lucha und Hagnaus Bürgermeister Volker Frede (von links) bei der Diskussion im ...
Meersburgs Bürgermeister Robert Scherer, Minister Manfred Lucha und Hagnaus Bürgermeister Volker Frede (von links) bei der Diskussion im Meersburger Ratssaal. | Bild: Santini, Jenna

Der Verein Linzgau-Shuttle wurde 2019 gegründet. Los ging es mit den Fahrten für Menschen, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, von Salem aus. Inzwischen werden sieben Gemeinden im Bodenseekreis bedient. Laut Ingo Kitzmann sind 520 Fahrgäste registriert. Hinzu kommen 100 Kinder aus Kindergärten und Grundschulen. Der Verein verfügt über zwei eigene Kleinbusse und einen vom Gemeindeverwaltungsverband Meersburg gestellten elektrischen Kleinbus. Die Grundfinanzierung erfolgt über die angeschlossenen Gemeinden.

Förderung erhält der Verein von Land und Bund. Doch wie lange noch? Mehrfach werden die im Bundeshaushalt 2024 geplanten Kürzungen im Bereich Pflege erwähnt. „Gerade kleinere Gemeinden haben wenig Ressourcen“, sagt etwa Wiltrud Bolien vom Landratsamt. Dabei wäre aus ihrer Sicht in jeder Gemeinde ein Seniorenbeauftragter sinnvoll.

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Zukunft bringt Herausforderungen mit sich

Was die Zukunft für das Linzgau-Shuttle bereithält? Minister Lucha denkt, dass der Verein eine hauptamtliche Kraft benötigen könnte – gerade im Bereich Disponieren. „Vielleicht gibt es eine gute Geschäftsstelle vom Gemeindeverwaltungsverband. Wir müssen bestehende Strukturen nutzen, ohne sie zu überfordern“, sagt Lucha.

Der Vereinsvorstand weiß um die Herausforderungen. „Man muss höllisch aufpassen, dass man nicht nur um Ehrenamtliche buhlt“, meint Vorsitzender Ingo Kitzmann. „Wir müssen gucken, dass der Verein am Leben bleibt. Das Verständnis und der Wille zu helfen, sind da.“

Die Gruppe aus Politikern, Vereinsvertretern und weiteren Besuchern sitzt am Ratstisch in Meersburg zusammen.
Die Gruppe aus Politikern, Vereinsvertretern und weiteren Besuchern sitzt am Ratstisch in Meersburg zusammen. | Bild: Santini, Jenna

Kitzmanns Hoffnung ist nun, dass die nächste Generation in die Verantwortung hineinwächst, und weitere Kooperationen möglich sind, beispielsweise innerhalb der Internationalen Bodensee-Konferenz. Ab September kommt jedoch erst mal eine neue Mobilitätsmöglichkeit für das Linzgau-Shuttle hinzu.

Emil Schuhmacher berichtet, dass ein Fahrzeug der Sozialstation Bodensee genutzt werden kann. Bedingung dafür ist, dass bei Bedarf morgens Personen in die Tagespflege gefahren werden. Dann steht das Fahrzeug dem Verein zur Verfügung. „Es ist für Rollstuhlfahrer geeignet“, sagt Schuhmacher. Nutzer von Rollstühlen können bisher nicht im Shuttle mitgenommen werden.