Seit bald zehn Jahren verschwinden auf dem Gebiet der Gemeinde Sipplingen große Wassermengen. Dabei geht es nicht um die üblichen Verluste einer Gemeinde, deren Trinkwassernetz in die Jahre gekommen ist. 20 Prozent sind hier keine Seltenheit. In kleinen Ortschaften wie Sipplingen liegen in der Regel noch Rohre aus der Nachkriegszeit im Boden. Sie sind marode und deren Sanierung wird die Gemeinden in den kommenden Jahren noch sehr viel Geld kosten.

Sipplingen hat allerdings ein weiteres Problem: Nicht 20 Prozent, sondern teils über 100 Prozent des von der Bodensee-Wasserversorgung (BWV) gelieferten Wassers verschwindet seit vielen Jahren spurlos. Jahr für Jahr weist die BWV in ihren Abrechnungen die Höhe der gelieferten Wasserenge aus. Die Gemeinde kann als Verbandsmitglied jederzeit in online verfügbaren Aufzeichnungen den monatlichen Wasserbezug nachlesen und ihn mit dem tatsächlichen Wasserverbrauch abgleichen. Das hat sie offensichtlich aber nie oder nur sporadisch getan. Anders ist es nicht zu erklären, dass große Mengen an Wasser seit 2009 Jahr für Jahr verschwinden, ohne dass sich die Gemeindeverwaltung (oder der Rat der Gemeinde) darum gekümmert hätten.

Nur als die Gemeinde 2015 und 2018 mehr Geld an die BWV zahlen musste, als die von den Bürgern erhobenen Wassergebühren in die Gemeindekasse spülten, wachte die Verwaltung auf und ließ den Rat durch die BWV informieren. Allerdings zog niemand Konsequenzen. Oder wurde der Rat von der Verwaltung nicht so eindringlich informiert, dass den Bürgervertretern die Bedeutung der Wasserverluste deutlich wurde? Verantwortliches Handeln sieht in jedem Fall anders aus.

Bei diesen Wasserverlusten einfach zur Tagesordnung überzugehen, ist fahrlässig. Fast scheint es so, als ob Sipplingen die hohen Wasserverluste als gottgewollt oder schicksalhaft über sich ergehen ließ. Offensichtlich war es manchem wichtiger, mit großem Aufwand den Westhafen der Gemeinde aufzurüsten und ein durchaus umstrittenes Hafenmeistergebäude zu bauen, als das Wassernetz zu renovieren und vor allem dem hohen Wasserverlust auf die Spur zu kommen. Bürgermeister Oliver Gortat, der durch seine erst kurze Amtszeit nichts erklären muss, hat die Angelegenheit zu Chefsache erklärt. Das ist gut so. Es ist zu hoffen, dass sowohl die Verwaltung als auch der neue Sipplinger Gemeinderat am Phänomen Wasserverlust dran bleiben, um dem Spuk baldigst ein Ende zu bereiten.