Die Welt blickt bang auf den drohenden Brexit. Indessen will Überlingen neue Brücken zu den Briten bauen. Dies kündigte Oberbürgermeister Jan Zeitler in seiner Ansprache beim Dreikönigstrunk an. Die Reise mit dem Madrigalchor zum Chorfestival nach Chantilly habe ihn dazu bewogen, mit dem englischen Epsom eine dritte Städtepartnerschaft anzupeilen, erklärte Zeitler. Der Besuch des Bürgermeisters im vergangenen Sommer sei "ein Signal für einen interkulturellen Dialog jenseits politischer Umbrüche" gewesen. Der Gemeinderat habe ihm den Auftrag gegeben, "die Beziehungen zu Epsom zu intensivieren". Einen kleinen Hintergedanken hat Zeitler natürlich auch: Er würde gerne das Chorfestival im Jubiläums- und Gartenschaujahr 2020 nach Überlingen holen.

Einen gewissen Tribut hatte der Wintereinbruch dem Dreikönigstrunk abgefordert. Von einem Ortsvorsteher wusste es OBZeitler sicher, dass er in Oberbayern eingeschneit sei. Allerdings war der Ansturm auch deutlich geringer, da das Stadtoberhaupt die im Vorjahr erweiterte Einladungsliste wieder etwas ausgedünnt hatte. Dennoch waren nicht nur amtierende und ehemalige Abgeordnete aus Bundestag und Landtag sowie mehrere Bürgermeister aus der Region präsent, auch Vertreter von Behörden, Banken und Wirtschaftsunternehmen zeigten Flagge und Repräsentanten aus der Verwaltung, von Schulen und Kindergärten strömten zu der Traditionsveranstaltung in das Rathaus. Unter den Gästen hob der Oberbürgermeister seine beiden Vorgänger Reinhard Ebersbach (80) und Volkmar Weber (70) als Altersjubilare ganz besonders hervor.

In seinem Rückblick hatte Zeitler viele Ereignisse und Projekte schlagwortartig aufgelistet, von der Eröffnung einer "mobilen Saftbar" für Jugendliche bis zur Wahl des Jugendgemeinderates. Der werde demnächst seine Vorsitzenden wählen und dann im kommenden Jahr an gleichger Stätte auch präsent sein. In seinem Ausblick auf die Kommunalwahl kündigte der OB schon einmal den Rückzug der zwei altgedientesten Stadträte Oswald Burger (SPD) und Lothar Fritz (CDU) an, die seit 35 Jahren dem Gremium angehören. Gleich in einem Atemzug nannte er auch Volker Mayer-Lay (CDU), der 2014 zum ersten Mal gewählt worden war. Zeitler wünschte sich einen fairen Wahlkampf, appellierte an die Bürger, den Wahltag im Mai zu nutzen und freute sich "auf eine gute und konstruktive Zusammenarbeit mit dem neuen Gremium."
Überlingen sei wie viele andere Städte im Wandel und müsse sich "Herausforderungen und Neuerungen stellen, an denen wir als Stadtgemeinschaft wachsen werden", erklärte Zeitler. Das Parkhaus Therme nannte der OB als ebenso wichtiges Vorhaben wie den Bau des Sportzentrums. Auch wenn hier "schon wieder" über die drohenden Kostensteigerungen lamentiert werde, sagte Zeitler: "Wir brauchen das. Und wir müssen da durch." Mit der Bebauung am Turmgartenweg, dem Spatenstich am Hildegardring und den Planungen für das Altenzentrum und das Wohngebiet Südlich Härlen seien neben den Arbeiten für die Landesgartenschau weitere wichtige Weichen gestellt worden.

"2019 wird sicher ein Jahr, in dem wir unsere Kräfte sammeln müssen", erklärte Zeitler. Immerhin stehe Überlingen im Vorjahr zum 1250-Jährigen Stadtjubiläum und zur Landesgartenschau. Zudem müsse auch die Planung für weitere Bauten im Schulzentrum und für die Feuerwehr vorangetrieben werden. Alles zusammen sei für die Stadt ein Kraftakt, "aber ich bin fest davon überzeugt, dass wir dem gewachsen sind".

Ex-Botschafter lässt sich am See nieder
Erstmals zu Gast beim Dreikönigstrunk war mit Dieter W. Haller ein „Überlinger Neubürger“, wie OB Jan Zeitler in seinem Willkommensgruß formulierte. Der aus Trossingen stammende Haller war unter anderem Botschafter in Südafrika gewesen und gleich zweimal in Saudi-Arabien. Von dort war er 2013 nach der Regierungsbildung zwischenzeitlich abberufen worden, um für den damaligen Außenminister Frank-Walter Steinmeier in verantwortlicher Position tätig zu sein. Nachdem Haller in den Ruhestand gegangen war, ließ er sich im August 2018 in Überlingen nieder. „Ich kenne den Bodensee und die Stadt schon seit meiner Kindheit“, sagt er. Schließlich habe er mit der Familie aus Trossingen häufig am See Ferien gemacht. OB Zeitler will die Kenntnisse und Kompetenzen Hallers gleich beim Bürgerempfang am kommenden Sonntag, 13. Januar, um 11 Uhr im Kursaal nutzen. Er werde aus seiner Sicht über das Thema „Deutsche Außenpolitik im Jahr 2019“ sprechen, sagt der ehemalige Botschafter. Gestern war Haller schon mal beim Einschnellen in der Münsterstraße, um sich mit den örtlichen Traditionen vertraut zu machen. Doch Haller ist nicht er einzige emeritierte Auslandsvertreter in der Stadt. Längst wieder in Überlingen heimisch geworden ist Wilfried Gruber, der aus der Stadt stammt, Deutschland während der Balkankrise und während des dortigen Krieges in Belgrad vertreten hatte und später Repräsentant in Bukarest war. (hpw)