Spuren hinterlässt er mittlerweile viele, zu Gesicht bekommt den nachtaktiven Biber allerdings nahezu niemand. Denn den lieben langen Tag verschläft der große Nager lieber in seinem Bau, wenn er einen hat, oder am Bachrand meist gut versteckt im Unterholz. Fünf Jahre ist es her, als in der Oberen Bahnhofstraße ein verirrter Biber von einem Auto überfahren wurde, vor drei Jahren verirrte sich ein Tier in die Münsterstraße und Hartmut Walter vom Naturschutzbund entdeckte einen schlafenden Pelzträger am Rand des Nellenbachs. „Mittlerweile hat der Biber alle größeren Gewässer im gesamten Bodenseekreis besiedelt“, betont Dieter Schmid, der beim Landratsamt hauptamtlich für das Bibermanagement zuständig ist. Unterstützt wird er im Landkreis von vier ehrenamtlichen Biberberatern, meist den bestellten Naturschutzbeauftragten.
Die streng geschützte Tierart liebt es feucht, am sichersten fühlt der Biber sich schwimmend im Wasser. Daher baut er auch gerne Dämme, wenn ihm der Bach nicht tief genug ist. Wie schon vor einigen Jahren am Riedbach in den Weiherwiesen des Nußbachtals zwischen Deisendorf und Nußdorf, wo er das Gewässer ordentlich aufgestaut hat. Erde hat sich an dem dichten Geäst abgelagert und auf den ersten Blick sieht es heute wie eine natürliche Staustufe aus.
Am Billafinger Weiher ist er zuhause, am Biblis bei Nesselwangen hat wohl ein druchziehender Biber seine frischen Fraßspuren und kleine Dämme hinterlassen, wie Nico Clauß vom Tiefbaumt der Stadtverwaltung Überlingen beim Bericht über seine jüngsten Gewässerschauen im Bauausschuss dargestellt hatte.
Am Rande des Riedbachs im Bereich der feuchten Weiherwiesen sind nicht nur zahlreiche Spuren der Biberzähne zu entdecken und kleinere Bäume, die der Nager gefällt und elegant über den Bachlauf gelegt hat. „Es gibt Bäume von mindestens 80 Zentimeter Durchmesser, die das Tier hier praktisch gefällt hat“, erzählt Eberhard Wirth, der im Nußbachtal regelmäßig unterwegs ist.

Im Verlauf des Winters hatte sich der Biber wohl bis ins Dorf und ans ruhige Seeufer vorgewagt. Einige Nußdorfer hatten sogar das Glück, das Tier zu Gesicht zu bekommen. Dazu gehört auch Angela Fuchs, an deren Blumengeschäft der Nußbach unmittelbar vorbeifließt. „Das Haus meiner Mutter ist auf der anderen Seite des Baches und sie hatte mich gerufen“, erinnert sich Fuchs: „Ich bin rausgegangen und da hat es einen Riesenplatscher gemacht und er war abgetaucht.“ Dass es kein Phantom, sondern ein Biber war, bestätigten ihr auch noch einmal die Fraßspuren an einer Weide.
Da der Lebensraum des Bibers ganz eng mit den Flüssen und Bächen verbunden ist, entfernt sich das Tier nur selten weit vom Gewässer. In der Regel hinterlässt er Spuren und Schäden nur unmittelbarer Nähe. „Problematisch ist es vor allem dann, wenn die Nutzungen zu nahe an die Gewässer heranreichen“, beschreibt Bibermanager Dieter Schmid eine der Ursachen für Probleme, die gelegentlich zu Schäden durch das große Nagetier führen. „Da kann es schon mal sein, dass er die Stämme von Obstbäumen an- oder ganz abnagt.“ Da diese in Intensivanlagen teilweise oben befestigt sind, bleibt dem Biber das Erfolgserlebnis versagt und er versucht es gleich beim nächsten Baum. „Um derlei Schäden zu verhindern, stellen wir den Landwirten Elektrozäune zur Verfügung“, sagt Schmid, „oder man muss sie mit Maschendraht schützen.“
Zu einem Massenauftreten könne es schon deshalb nicht kommen, da die Biber recht goße Reviere haben, die sich über mehrere Kilometer erstrecken können. „Der Nager weicht dann vielleicht auf kleine Gewässer aus oder zieht weiter“, erklärt der Biberbeauftragte, der aktuelle Informationen sammelt und die Bürger bei Bedarf auch berät.
Informationen im Internet:
http://www.bodenseekreis.de/umwelt-landnutzung/natur-landschaftsschutz/biber/
Der Nager als Fastenspeise
Um es gleich vorwegzunehmen: Der Biber ist auch nach seiner Renaissance eine streng geschützte Tierart. Das war nicht immer so. Denn die Fastenzeit im Mittelalter war auch Biberzeit. Im sechsten Jahrhundert hatte Papst Gregor I. den Verzehr „warmblütiger Tiere“ während der Fastenzeit verboten. Fisch zu essen war gestattet und findige Interpreten erklärten später auch das eine oder andere Säugetier, das im Wasser lebte, quasi zum Fisch. Dazu gehörten auch der Otter und der Biber, was sie zu den zulässigen Genüssen in der Passionszeit machte. Und schließlich hatte der Biber ja sogar einen schuppigen Schwanz, ähnlich wie ein Fisch.
Dem französischen Jesuitenpater Pierre François Xavier de Charlevoix wird Mitte des 18. Jahrhunderts der Satz zugeschrieben, dass der Biber aufgrund seines Schwanzes ganz Fisch sei und die medizinische Fakultät in Paris ihn zu einem solchen erklärt habe. Die Theologische Fakultät habe demzufolge entschieden, dass das Fleisch während der Fastenzeit gegessen werden dürfe. Aus heutiger sicht ist das kaum zu glauben. Wie gesagt, ist der Biber, der selbst ein Vegetarier ist, streng geschützt und scheidet daher als Fastenspeise aus.