Sabine Busse

Deisendorf braucht ein neues Dorfgemeinschaftshaus. Wenn für diese Erkenntnis ein Beweis nötig gewesen wäre, lieferte diesen die Bürgerversammlung zum selben Thema. Der Raum im alten Schulhaus war dem Ansturm der Interessenten nicht gewachsen, sodass einige draußen vor den Fenstern das Treffen verfolgten. Drinnen ging es darum, begleitet von vielen Informationen und Emotionen, wie das von einem Investor gekaufte Löwen-Areal zum Dorfgemeinschaftshaus werden könnte und welchen Preis man dafür zu zahlen bereit wäre.

22-Jährige berichtet unter Tränen von Erinnerungen an viele Feste im „Löwen“

Einigen Teilnehmern war es ein Anliegen, deutlich zu machen, welchen Stellenwert der „Löwen“ für sie hat. Die 22-jährige Studentin Mona Weber, die jedes Wochenende in Deisendorf verbringt, berichtete unter Tränen von ihrer Kindheit im Dorf, den vielen Erinnerungen an die Feste im „Löwen“. Dies müsse unbedingt für nachfolgende Generationen erhalten bleiben. Dem anschließenden Jubel nach zu urteilen, hatte sie damit vielen aus dem Herzen gesprochen.

Weil nicht alle interessierten Deisendorfer in den Raum passten, verfolgten einige die Bürgerversammlung vor dem Fenster. Vor dort aus ...
Weil nicht alle interessierten Deisendorfer in den Raum passten, verfolgten einige die Bürgerversammlung vor dem Fenster. Vor dort aus meldete sich ebenfalls jemand zu Wort. | Bild: Sabine Busse

Dorfgemeinschaft seit 2013 auf der Suche nach einem Standort

Seit 2013 ist die Dorfgemeinschaft auf der Suche nach einem Standort für ein neues Dorfgemeinschaftshaus. Das schilderte Ortsvorsteherin Karin Müller. Bis zum Verkauf des „Löwen“ mit seinen Versammlungsräumen im Herbst 2018 sei der Druck nicht so groß gewesen.

Engpass an Versammlungsräumen, seit Gaststätte zugemacht hat

Doch seit die Gaststätte zugemacht habe, gebe es Engpässe. Helmut Wesle gab einen Überblick über die Geschichte des „Löwen“, der über 100 Jahre von Familie Keller betrieben worden war. Dort habe man nicht nur sämtliche Familienfeste gefeiert, sondern auch alle Vereine gegründet. „Das Herz Deisendorfs schlug im ‚Löwen‘“, beendete er seinen Vortrag, der mit großem Applaus quittiert wurde.

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„Sind bereit, andere Grundstücke herzugeben“

„Um die einmalige Chance zu nutzen, in den Besitz des ‚Löwen‘ und der Dorfmitte zu kommen, sind wir bereit, andere Grundstücke herzugeben“, erläuterte Karin Müller die Initiative, die sie zusammen mit Walter Sorms und Josef Wesle gestartet hatte. Eine dieser Flächen, erklärte Müller, sei der Bolzplatz neben dem Kinderhaus Storchennest.

Walter Sorms (stehend), Gemeinderatsmitglied und Deisendorfer, stellte mit Ortsvorsteherin Karin Müller die Idee eines ...
Walter Sorms (stehend), Gemeinderatsmitglied und Deisendorfer, stellte mit Ortsvorsteherin Karin Müller die Idee eines Grundstückstausches vor. Josef Wesle (links) war mit Sorms und Müller beim Investor gewesen. Andreas Keller schrieb Protokoll. | Bild: Sabine Busse

Initiatoren bei Gedankenaustausch mit dem Investor in der Schweiz

Die Initiatoren hatten sich beim Investor in der Schweiz gemeldet und waren dessen Einladung gefolgt, dort ihre Idee eines Grundstückstauschs vorzustellen. „Beide Chefs waren sehr offen“, beschrieb Walter Sorms die dortige Reaktion, räumte aber ein, dass sie die Reise ohne Mandat angetreten hätten.

Bisher letzter Plan des Investors sieht drei Häuser mit 44 Wohneinheiten vor

In der folgenden Diskussion wurde viel über die Absichten des Investors spekuliert. Der bisher letzte von diesem vorgestellte Plan sieht drei Häuser mit 44 Wohneinheiten auf dem Grundstück vor. Auch die Notwendigkeit eines Bolzplatzes wurde aus verschiedenen Perspektiven erörtert.

Baubürgermeister Matthias Längin berichtete, dass die Stadt mit dem neuen Besitzer des Löwen Verhandlungen führe.
Baubürgermeister Matthias Längin berichtete, dass die Stadt mit dem neuen Besitzer des Löwen Verhandlungen führe. | Bild: Sabine Busse

Den unterschiedlichen Modellen und Sichtweisen stellte Baubürgermeister Matthias Längin einige Informationen entgegen. „Wir stehen in Verhandlungen mit dem Investor“, berichtete er.

Stadt bereit, eigene Liegenschaften in Verhandlung einzubringen

Die Verwaltung gehe das Thema gesamtstädtisch an und sei bereit, dort auch andere Liegenschaften, die der Stadt gehören, einzubringen. Sollte dieser Plan gelingen, bräuchten die Deisendorfer den Bolzplatz nicht hergeben. Selbst wenn es soweit käme, müsste sich auch auf diesem Grundstück die Bebauung den wie für die Nachbarschaft geltenden Regeln anpassen.

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Längin: „Aktuell liegt kein genehmigungsfähiger Plan des Investors vor“

Diesen Punkt musste Längin mehrmals ausführen, da es einige Anwesenden kaum glauben konnten. „Aktuell liegt kein genehmigungsfähiger Plan des Investors vor.“

Stadt erfuhr zu spät vom Verkauf, um Vorkaufsrecht zu erwirken

Trotz dieser für die Bürger positiven Nachrichten mussten Längin und Stadtkämmerer Stefan Krause sich des Vorwurfs erwehren, kein Vorkaufsrecht für den „Löwen“ erwirkt zu haben. „Wir erfahren erst von einem Verkauf, wenn die Parteien bereits beim Notar waren.“ Weitere rechtliche Möglichkeiten, bis auf den Erwerb eines Gewässerschutzstreifens, habe es nicht gegeben.

Walter Sorms: „Sind superglücklich, wenn das so klappt“

„Wir sind superglücklich, wenn das so klappt“, resümierte Walter Sorms. Längin und Krause nahmen das Stimmungsbild mit, dass die Deisendorfer sich ein Dorfgemeinschaftshaus auf dem Areal des „Löwen“ wünschen. Sollten die Verhandlungen scheitern oder sollte sich der Investor langfristig nicht bewegen, käme für die Bürger auch der Bolzplatz als Standort in Frage und als letzte Option das alte Lehrerhaus. Ortsvorsteherin Karin Müller kündigte für Samstag, 28. März eine Versammlung in Deisendorf an.