Die Waldorfschüler der Klasse 8b stehen dieser Tage oft auf der Theaterbühne. Klassenlehrer Klaus Kramm und seine Schüler haben sich für das diesjährige Klassenspiel „Das Gauklermärchen“ von Michael Ende ausgesucht. Um die Kinder bestmöglich auf ihren Auftritt vorzubereiten, hat Klaus Kramm die Schauspielerin und Sprecherin Cornelia Schönwald aus Berlin als Regisseurin engagiert.

Zum Theater gehört mehr als der Applaus

Die 55-jährige Schönwald möchte den Jugendlichen den Beruf eines Theaterschauspielers „ohne Glitzersteine“ zeigen, wie sie selbst sagt. „Theater ist kein Freizeitvergnügen und das bekommen die Kinder mit“, meint Schönwald. Damit sei natürlich nicht gemeint, dass die Schüler in den Proben keinen Spaß haben sollten, ganz im Gegenteil: Neben der schauspielerischen Leistung möchte sie den Kindern einen Zugang zu den Werten, der Literatur und der Geisteshaltung des Theaters verschaffen.

Kinder fühlen sich gut aufgehoben

Das scheint ihr nach Angaben der Schüler auch zu gelingen. Ben Schnell spielt den Clown Jojo, eine der Hauptrollen. „Sie kann das alles sehr gut erklären und ist immer nett“, berichtet der 14-Jährige über die Proben mit Cornelia Schönwald. Auch Klaus Kramm ist zufrieden mit der Wahl der Regisseurin. Gerade weil sie nicht die übliche Lehrperson sei, finde sie auf der Bühne einen guten Zugang zu den Kindern.

Ben Schnell und Ana-Lena Bernicken spielen die Hauptrollen. Unter den Augen von Regisseurin Cornelia Schönwald proben sie für ihr ...
Ben Schnell und Ana-Lena Bernicken spielen die Hauptrollen. Unter den Augen von Regisseurin Cornelia Schönwald proben sie für ihr Klassenspiel „Das Gauklermärchen“. | Bild: Carlotta Tiggeler

Schüler sind dem Stück wohlgesonnen

Die beiden erinnern sich gut an das erste Zusammentreffen mit der Klasse. Für die Kennenlernrunde hatte der Klassenlehrer seine Schüler gebeten, Cornelia Schönwald das Stück in gemeinsamer Runde zu erzählen. Die beiden seien ganz berührt gewesen, wie sehr sich die Kinder bereits zu diesem frühen Zeitpunkt in die Geschichte eingefunden hätten und wie viel Tatendrang sie schon vor Beginn der Proben mitbrachten.

Schulnoten spielen auf der Bühne keine Rolle

Was Cornelia Schönwald an der Arbeit mit Kindern besonders schätze, sei die Belanglosigkeit der schulischen Leistung in diesem Kontext. Möge der Schüler auch noch so schlecht im Rechnen sein, so könne er in seiner Rolle auf der Bühne glänzen. Klaus Kramm ergänzt, dass seine Schüler so auch nicht nur bei sich selbst, sondern auch bei ihren Mitschülern neue Talente erkennen könnten.

Kunst findet nicht nur auf der Bühne statt, sondern auch daneben: Schülerin Anastasia Schweizer hat die Plakate für das Stück gestaltet.
Kunst findet nicht nur auf der Bühne statt, sondern auch daneben: Schülerin Anastasia Schweizer hat die Plakate für das Stück gestaltet. | Bild: Carlotta Tiggeler

Die Kinder lernen außerhalb des Klassenzimmers

Klaus Kramm habe über das laufende Schuljahr sein Curriculum so geplant, dass die Kinder alle wichtigen Inhalte des Schulstoffes bearbeitet haben, sodass sich die Unterrichtsausfälle während der Proben in Grenzen halten sollen. Er sei jedoch in jedem Fall davon überzeugt, dass das Theaterspielen einen großen Mehrwert für seine Schüler habe. Er merke, wie die Klassengemeinschaft näher zusammenrücke und die gegenseitige Wertschätzung wachse.

Disziplin und Pünktlichkeit

Cornelia Schönwald fügt hinzu, dass die Schüler während der Theaterproben Disziplin, Pünktlichkeit und Geduld erlernen: „Wenn einer zu spät zu den Proben kommt, müssen eben alle warten“ berichtet sie darüber. Das Warten, wenn man gerade einmal nicht dran sei, ist in ihren Augen ebenfalls eine wichtige Übung für die Kinder. „Die Schüler nutzen die Zeit immer gut“, lobt die Schauspielerin die Selbstständigkeit der Klasse 8b. Sie würden beispielsweise zu zweit ihre Texte durchgehen.

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Auch wenn Michael Endes Stil kaum der Mundart von Teenagern entspricht, fällt beispielsweise Schülerin Anastasia Schweizer das Textlernen leicht: „Ich war überrascht, wie viel Spaß es macht“, sagt die 14-Jährige. Anastasia hat außerdem die Plakate für die Ankündigung des Theaterspiels gestaltet. Die Schüler sind mit Unterstützung von Lehrkräften und Eltern auch am Bau des Bühnenbilds und der Kostüme beteiligt.