Unter Hochdruck laufen inzwischen die Planungen für die beiden Jubiläumsjahre der Stadt. Insbesondere Michael Brunner, Leiter der Abteilung Kultur, und Stadtarchivar Walter Liehner tüfteln derzeit an einem anspruchsvollen Programm, das dem Anlass sowie den Erwartungen von Bürgern gerecht wird. Zu unerwarteten Komplikationen geführt hatte die Kontroverse unter den Historikern, die die dem Jubiläum zugrunde gelegte Urkunde im Kloster St. Gallen neu datierten und statt bislang dem Jahr 770 nun dem Jahr 773 zuschrieben. Im Juni 2017 hatte der Gemeinderat beschlossen, das Stadtjubiläum dennoch wie bislang im Landesgartenschaujahr 2020 zu feiern. Das Erscheinen einer geplanten Chronik zur Stadtgeschichte wurde dagegen auf das Jahr 2023 datiert. Was den Verantwortlichen zugleich erlauben würde, Beiträge von Fachleuten zum Stadtjubiläum drei Jahre später in eine Publikation einfließen zu lassen.
Inzwischen stehen der grobe Rahmen und zahlreiche Fixpunkte für das Jubiläumsjahr 2020. Am 12. Januar soll der Festakt zur Eröffnung des Jubiläumsjahrs mit dem Bürgerempfang kombiniert werden. Ein prominenter Gast mit biografischem Bezug zu Überlingen wird für eine Festrede noch gesucht, auf die Präsenz eines wichtigen Landesvertreters hofft die Stadt zum Auftakt des Gartenschaujahres ebenfalls.
Vorträge, Ausstellungen und Veranstaltungen
Ins Auge fasst Archivar Liehner zudem eine stadtgeschichtliche Vortragsreihe in zweiwöchigem Rhythmus mit ausgewiesenen Experten und bastelt derzeit an einem Konzept. Immer donnerstags sollen die Veranstaltungen im Rathaussaal, im Museumssaal, der städtischen Galerie und eventuell auch mit begrenztem Publikum im Stadtarchiv stattfinden. Der Start der Reihe ist schon für den 16. und 23. Januar geplant, unmittelbar vor dem Narrentag des Viererbundes, der mit der Eröffnung einer Ausstellung am 24. Januar im "Faulen Pelz" seinen Lauf nimmt. Noch nicht genau terminiert ist eine ernst gemeinte Fachtagung mit dem vorläufigen Titel "Heimat und Alefanz – wie entsteht kommunale Identität?". Das Thema soll von Politologen und Soziologen, von Historikern, Kommunalpolitikern und Touristikern interdisziplinär beleuchtet werden.

Anfang April vorgesehen ist derzeit eine Sonderausstellung "Sagenhaftes Überlingen" im städtischen Museum – noch bevor die Landesgartenschau eröffnet wird. Diese ist zugleich Anlass, über erweiterte Öffnungszeiten für das Museum und den Museumsgarten nachzudenken. Auch zahlreiche Themenführungen zur Stadtgeschichte vom Mittelalter bis heute, unter anderem zum Raumkonzept des Rathauses um 1500, zur Franziskanerkirche oder zur Waffenkammer im Museum mit Stadtarchivar Walter Liehner stehen auf der aktuellen To-Do-Liste.
Mehrere "lange Nächte"
"Lange Nächte" wird es nach den Vorstellungen von Kulturchef Michael Brunner gleich mehrfach geben. Einmal soll es in der Innenstadt und auf dem Gartenschaugelände um die Überlinger Literatur gehen. Die "Lange Nacht der Gärten" ist 2020 ohnehin ein Muss und die schon zum festen Bestand gehörende "Lange Nacht der Bücher", die bislang immer im November stattfindet, soll vorverlegt werden in den Zeitraum der Landesgartenschau. Dagegen ist die Premiere einer "Langen Nacht der Neuen Musik" erst im Dezember vorgesehen.
Gartenschau, Sommertheater und Promenadenfest im Zeichen des Jubiläums
Rund um die zweite Schwedenprozession wird am 12. Juli ein großer Festakt als "Überlinger Tag" mit Programm auf dem Gartenschaugelände geplant. Auch das Überlinger Sommertheater thematisiert nach den Vorstellungen der Planer das Stadtjubiläum. Bei Schriftsteller Peter Renz wurde dazu ein Stück in Auftrag gegeben, das eventuell als stadtgeschichtlicher Stationenweg im öffentlichen Raum inszeniert werden könnte, unter Einbeziehung einer Bühne der Landesgartenschau. Abstrahlen soll der Jubiläumsglanz 2020 auch auf das Promenadenfest. Trotz Diskussionen um die richtige Jahreszahl – beim Tag sind sich die Historiker einig. Daher wird es am 9. August, dem Jahrestag der urkundlichen Ersterwähnung ein besonderes Programm mit Führung im Stadtarchiv geben.
Diese zwei Varianten einer Chronik sind denkbar
Eine auf wissenschaftlicher Basis erarbeitete, systematische Stadtchronik wäre zwar aus Sicht der Kulturschaffenden in der Verwaltung zum Jahr 2023 "wünschenswert, aber im Falle einer Fremdvergabe an einen spezialisierten, externen Wissenschaftler bzw. ein Historikerteam sehr teuer", heißt es vonseiten der Stadt. Eine Ausarbeitung mit den vorhandenen Kräften vor Ort gestalte sich indessen als schwierig. Deshalb sind derzeit zwei Varianten als Alternativen im Gespräch:
- Zum einen ist dies ein Sammelband mit ausgewählten Essays zur Stadtgeschichte – mit einem Überblick über die verschiedenen Epochen und mit kürzeren Episoden aus Politik, Wirtschafts- und Sozialgeschichte sowie der Kunst- und Kulturgeschichte.
- Als Alternative dazu gilt ein chronologisch aufgebauter Sammelband von "Aufsätzen verschiedener Autoren zu markanten Ereignissen oder Epochen und herausragenden Persönlichkeiten der Überlinger Stadtgeschichte". Grundlage wäre die stadtgeschichtliche Vortragsreihe im Jahr 2020. Diese soll ebenfalls chronologisch aufgebaut sein – vom frühen Mittelalter bis heute. Die Vortragsmanuskripte könnten gegebenenfalls überarbeitet, bebildert und mit Fußnoten versehen in Druck gegeben werden. Als Vorteil wird bei dieser variante gesehen, dass dafür möglicherweise leichter Autoren zu gewinnen seien. (hpw)