90 Fotografien zu den verschiedensten Themenbereichen zeigt der Fotoclub Überlingen derzeit in der Städtischen Galerie. Einen besonderen Anteil haben Schwarz-Weiß-Fotografien, die immer wieder auf großes Interesse der Besucher stoßen, wie sich bei der Vernissage zeigte. Bei dieser Fotoausstellung des Vereins, die themenfrei ist, beweisen 13 Bildautoren, was Hobbyfotografen beim ernsthaften Umgang mit Sucher und Linse alles leisten können. „Mit dieser Leistungsschau können wir in den Dialog gehen. Wichtig für uns ist, eine Resonanz von außen zu erhalten“, sagte Vorsitzender Johannes Beller.

Blickkontakt: „Hauptsächlich fotografiere ich auf Reisen. Landschaften und Street Photography sind meine bevorzugten Sujets ...
Blickkontakt: „Hauptsächlich fotografiere ich auf Reisen. Landschaften und Street Photography sind meine bevorzugten Sujets – am liebsten in klassischem Schwarz-Weiß. Ich versuche mit einem Foto, die aktuelle Situation, sei es eine Landschaft oder eine Straßenszene, so festzuhalten, dass mir später beim Betrachten die Stimmung wieder gegenwärtig ist. Manchmal klappt es, dass man einen Sekundenbruchteil erfasst, in dem sich eine ganz originelle Situation ergibt. Erst hinterher habe ich bei diesem Bild gesehen, dass ein echter Blickkontakt besteht und auch die Gestik passt. Mein absolutes Lieblingsbild.“ – Johannes Beller | Bild: Johannes Beller

Ausstellung als Leistungsschau und Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen

Alle zwei Jahre präsentieren die Mitglieder des 1973 gegründeten Vereins eine Auswahl ihrer Bilder. Die Ausstellung ist für sie ein Höhepunkt im Vereinsleben und neben Fotospaziergängen und Fotokursen eine der wenigen Möglichkeiten der Öffentlichkeitsarbeit.

Musik ist Leidenschaft: „Die Leidenschaft am Fotografieren, besondere und eindrückliche Momente mit einem Klick festzuhalten, ...
Musik ist Leidenschaft: „Die Leidenschaft am Fotografieren, besondere und eindrückliche Momente mit einem Klick festzuhalten, wurde schon sehr früh zu meinem Hobby. Motive und Ideen für meine Bilder finde ich auf Reisen, bei Spaziergängen und Anlässen durch das ganze Jahr. Dieses Bild entstand in einem Straßencafé in der Altstadt von Palma. Bei diesem Musiker fiel mir sofort auf, mit welcher Leidenschaft er spielte. Diese Leidenschaft sieht man nicht jeden Tag bei Straßenmusikern.“ – Kurt Waldvogel | Bild: Kurt Waldvogel

Die Hobbyfotografen sehen die Ausstellung aber auch als eine Art Leistungsschau, um zu dokumentieren, welche Fähigkeiten die Mitglieder entwickelt haben, als Werbung für den Verein und als Möglichkeit, neue Kontakte zu knüpfen. Erstmals ist die Ausstellung nicht thematisch, sondern nach den Bildautoren geordnet.

Blumenwiese am Höchsten: „Seit meinem 14. Lebensjahr fotografiere ich mit unterschiedlicher Intensität. Die vier jährlich ...
Blumenwiese am Höchsten: „Seit meinem 14. Lebensjahr fotografiere ich mit unterschiedlicher Intensität. Die vier jährlich clubintern gestellten Aufgaben regen mich stark zu neuen Sichtweisen an, eine Aufgabe war Türen. Irgendwelche Türen abfotografieren fand ich jedoch etwas langweilig, da hab ich mir bei einem Autohaus eine Tür besorgt und am Höchsten in eine Blumenwiese gestellt. An dem Bild finde ich den Kontrast zwischen Natur und Technik gut.“ – Hans-Friedrich Hammann | Bild: Hans-Friedrich Hammann

Fotoclub als Institution in der Stadt

Bürgermeisterstellvertreter Günter Hornstein sagte, der Stadt sei es immer wichtig, dass in der Städtischen Galerie auch regionale Künstler zum Zuge kommen. Es sei eigentlich eine Selbstverständlichkeit, dass dem Fotoclub diese Möglichkeit gegeben werde. „Denn der Fotoclub ist fest in Überlingen verwurzelt.“

Seit mehr als 40 Jahren begleite und dokumentiere der Verein die Stadt und deren Entwicklung; zahlreiche Bilder der Mitglieder hätten einen Platz im städtischen Archiv gefunden. Hornstein betonte: „Ganz besonders freut es uns, dass sich der Fotoclub bei der Landesgartenschau 2020 sehr engagiert einbringt.“

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Fotografie statt Knipserei

Nach Darstellung von Laudator Erwin Niederer stellten Fotografen eine ganz spezielle Spezies Mensch dar. „Wenn Sie durch eine Stadt laufen, bleibt ein Fotograf immer stehen und hängt hinterher. Er sieht Dinge, die Sie gar nicht sehen.“ Ein Fotograf betrachte bestimmte Dinge anders. „Er hat mehr Sehen gelernt als ein Normalbürger.“ Dabei helfe ihm auch die Technik.

Waldrappenübungsflug: „Architektur-Fotografie ist meine Vorliebe. Ebenso mache ich gerne Reportagen und Reisefotografie. Gerne ...
Waldrappenübungsflug: „Architektur-Fotografie ist meine Vorliebe. Ebenso mache ich gerne Reportagen und Reisefotografie. Gerne aber auch alles, was vor die Linse kommt. Ich bin eigentlich mehr per Zufall in Hödingen vorbeigekommen und habe von dem Projekt mit den Waldrappen erfahren. Kurze Zeit später flogen die Vögel wieder per Zufall über mein Haus, und dann hab ich sofort meine Kamera mit Tele geholt. Ich habe großes Glück gehabt und im richtigen Moment draufgedrückt, der Schlüssel für gute Bilder.“ – Paul Knisel | Bild: Paul Knisel

Niederer stellte die Unterschiede zwischen dem Fotografieren und Knipsen heraus. „Knipsen ist ein wahlloses Bilder- und Umweltkopieren in einem beliebigen Ausschnitt. Fotografieren heißt erstens: sehen. Zweitens: Was will ich? Und drittens: Wie bringe ich es im Bild rüber? Das muss man lernen. Knipsen hört da auf, wo Fotografie anfängt.“

Lob für hohe Qualität der Ausstellung

Er wies darauf hin, dass eine Kamera die Wahrnehmung verändere. „Mit einer Kamera kann ich täuschen. Das kann lustig, aber auch betrügerisch sein.“ Die Perspektive der Fotografie könne über die Wirklichkeit gewaltig hinwegtäuschen.

Von der Qualität der Ausstellung zeigte sich Niederer überrascht. „Mit welcher Qualität die fotografischen Laien die Dinge technisch beherrschen, wie viel sie sehen in der Umwelt, was wir alles nicht sehen und wie sensibel diese Menschen geworden sind für unsere Wirklichkeit. Diese ist nämlich anders, als Sie sie wahrnehmen.“

Die Ausstellung des Fotoclubs ist bis Sonntag, 24. November geöffnet.