Interessant, was man auf der roten Bank alles erfährt. André Heidegger, der hier am Mantelhafen früher seinen Arbeitsplatz hatte, handelt heute mit Legonsteinen. Bis 2015 steuerte er Personenschiffe über den Bodensee. Heute packt er kleinere Bötchen. Zum Beispiel ein 56 Gramm schweres Boot, das Heidegger zum Stückpreis von 1,86 Euro in die Versandtüte steckt. Er hat eigenem Bekunden nach eine der weltweit größten Sammlungen für einzelne Legoteile und lebt davon. Einfach mal auf bunte-steine.de klicken und stöbern. Derzeit, sagte Heidegger gestern auf der roten Bank, habe er etwa 2,5 Millionen Teile im Angebot, 30 000 verschiedene Stück.
Heideggers Anliegen auf der roten Bank war ein anderes. Er berichtete, dass er fast täglich zur Post geht, um die Pakete seiner Kunden aufzugeben. Und dabei, so sagte er, beobachte er immer wieder, wie Autos regelwidrig in der Mühlenstraße stehen und Fußgänger vor der Post behindern. „Aber niemand kontrolliert‘s“, so seine Beobachtung. In seinen Augen nützen Verbote nur etwas, wenn Verstöße dagegen auch geahndet werden.
Naja, Verbote können ja auch dazu da sein, dass man sich einfach dran hält. Und wenn nicht, dann muss das ja nicht unbedingt heißen, dass sich jene, die‘s beobachtet haben, als Ordnungshüter verstehen. Aber das ist nur meine Meinung.
Jürgen Cramer hat da eine andere. Er suchte die rote Bank auf, weil er das hierauf los werden wollte: Dass es zwischen der Oberen Sankt Leonhardstraße und der Burgbergschule einen Verbindungsweg gibt, der im Bebauungsplan zwar als Schulweg ausgewiesen ist, über den aber Autos fahren. Das sei für Kinder gefährlich. Die Stadt habe auf seine Anfrage im Januar, ob das so sein müsse, nie geantwortet. Deshalb habe er sich beim Regierungspräsidium beschwert. Und von dort kam die Antwort, dass die paar Autos auf die Bewohner von Häusern zurückzuführen seien, die schon länger stehen als es den Bebauungsplan gibt. Wenn es ein größeres Problem gebe, möge er sich wieder melden. Ein größeres Problem? Um das zu dokumentieren, legte sich Cramer mit dem Foto auf die Lauer. Doch wurde er dann wiederum angezeigt, weil man ihn verdächtigte, heimlich Fotos von Kindern anzufertigen. Ob beim Legospielen oder im richtigen Leben: Die Welt ist ein großer Kinderkarten.
Trotzdem bin ich heute um 15 Uhr wieder da.