„Lichtkönigin Lucia“ heißt die Mainau-Rosenkönigin 2019, die von Besuchern im Juni gewählt und in der vergangenen Woche gekürt wurde. Die leuchtend gelbe Strauchrose ist im Überlinger Rosengarten zwar nicht zu bewundern, doch auch das historische Kleinod des Stadtgartens erscheint zu seinem 80. Geburtstag schon seit mehreren Wochen wieder in neuem Glanz und voller Blütenpracht. Im Vorjahr hatte das Grünflächenamt die denkmalgeschützte Anlage unter Beibehaltung der Struktur von Johann Baptist Hoch quasi runderneuert. Die Wege und der Anschluss an die Lauben wurden barrierefrei gestaltet, der Boden der Beete komplett ausgetauscht und mehr als 500 neue Rosen mit 1500 Begleitstauden gepflanzt.

Bei der Auswahl der Sorten standen die Rosenfreunde Bodensee Pate, für die Dr. Renate Neumann-Schäfer eng mit dem Grünflächenamt kooperierte. Die promovierte Betriebswirtin ist Schriftführerin bei der regionalen Gruppe und zugleich Schatzmeisterin bei der Gesellschaft Deutscher Rosenfreunde mit Sitz in Baden-Baden, für die sie auch als Jurorin bei den alljährlichen Wettbewerben tätig ist. Seit fast 20 Jahren lebt Neumann-Schäfer in Überlingen und gab im Jahr 2004 den Anstoß zur Aktivierung des Freundeskreises, der an die 50 Mitglieder hat und von Helen Vogler geleitet wird.

In einem aufwendigen Prozess entwickelte die passionierte Rosenfreundin das neue, standortgerechte Sortenspektrum für den historischen Garten. „Ich habe mir von unseren Mitgliedern die Sorten zusammengestellt, die hier am erfolgreichsten kultiviert wurden “, sagt Neumann-Schäfer. Diese kategorisierte die Expertin unter anderem nach Robustheit im Wuchs, Blattgesundheit, Blühfreudigkeit, Blütenform, Duft und Farbgebung sowie nach den geeigneten Standorten: „Diese Liste habe ich an die wichtigsten Züchter in Deutschland geschickt und mich nach deren Verfügbarkeit erkundigt.“

Doch damit nicht genug. Renate Neumann-Schäfer nutzte ihre guten Verbindungen zu den Züchtern, um sie als Sponsoren auf Spendenbasis zu gewinnen. Dadurch ersparte sie der Stadt einiges an Kosten bei der Bepflanzung. Die Umbauarbeiten, die vom Ravensburger Landschaftsarchitekten Robert Wagner begleitet wurden, waren mit rund 150 000 Euro auch sonst noch teuer genug. „Bei der Wegeführung mussten wir uns weitgehend an das historische Vorbild von 1939 halten“, sagt die Rosenfreundin: „Das war dem Landesdenkmalamt in Stuttgart sehr wichtig.“

Auf ästhetische Farbkriterien verständigte sie sich mit dem Grünflächenamt und der Stadtgärtnerei ebenfalls. Keine kunterbunte Bepflanzung sollte es werden, sagt Neumann-Schäfer: „Deshalb haben wir uns auf Rosa-, Pink- und Rottöne unterschiedlicher Intensität geeinigt.“ Schon deshalb würde die gelbe Rosenkönigin von der Mainau auch heute hier keine Gnade finden.

Ungeachtet dessen ist die Vielfalt in der neu gestalteten Anlage dennoch riesig: Kletterrosen für die Lauben und den großen Rosenbogen als Entrée an der Bahnhofstraße gibt es ebenso wie Strauchrosen als Solitäre, Hochstämme in verschiedenen Varianten, dazu Beetrosen, Edelrosen und historische Sorten. „Der Trend geht etwas weg von den Edel- oder englischen Teerosen“, sagt die Expertin. Vielblütige Strauchrosen seien inzwischen mindestens genauso beliebt bei den Liebhabern.
Gelungen ist die Gestaltung nicht nur aus Sicht der Rosenfreunde. „Sehr zufrieden mit dem Ergebnis“ zeigt sich auch Markus Wolf vom Grünflächenamt, der das Projekt von Seiten der Stadt leitete. Die Hauptarbeiten waren vom Betriebshof und der Stadtgärtnerei geleistet worden. „Die haben das richtig toll gemacht“, war Baubürgermeister Matthias Längin schon im Vorjahr nach Abschluss der Arbeiten hochzufrieden. Nicht nur ein echter Hingucker für Gartenfreunde ist die historische Anlage nun wieder. Auch mit der Nasen tauchen viele in die Blüten ein.
Während der Landesgartenschau 2020 werden die Rosenfreunde unmittelbar am konkreten Anschauungsmaterial ihre Beratungen anbieten. Von 4. bis 7. Juni 2020 hat auch die Deutsche Rosengesellschaft ihren jährlichen Kongress am Bodensee terminiert.
Zankapfel Rosengarten und seine Bepflanzung
- Um die Gärten gestritten wurde schon Ende der 1920-er/Anfang der 1930-er Jahre, als der legendäre Hermann Hoch, Begründer des Überlinger Stadtgartens, wieder einmal neue Ideen entwickelte. Seine Kakteensammlung hatte ihren Platz schon gefunden. In unmittelbar Nähe begann Hoch 1929 damit, einen Rosengarten anzulegen, der in den Hang hineinreichte. Was nicht allen Bürgern gefiel. Der Austausch der Meinungen über Leserbriefe im damaligen ‚Seeboten‘ war heftig. Insbesondere mit Viktor Mezger, der erbitterten Widerstand gegen den Standort des Rosengartens leistete. Mezger hatte damals die bessere Lobby im Stadtrat und konnte sich am Ende durchsetzen. Sein Sohn und Nachfolger Johann Baptist Hoch musste die Anlage später am jetzigen Standort realisieren. Sonst wäre der Rosengarten des Vaters jetzt 90 Jahre alt. Aus Verärgerung über diese Niederlage soll Hermann Hoch nie wieder in den Stadtgarten gegangen sein.
- Pünktlich zu seinem 80. Geburtstag und zur Landesgartenschau 2020 erstrahlt der Rosengarten wieder in neuem Glanz. Nach einer grundlegenden Sanierung und einem Austausch von 200 Kubikmeter Boden wurden im Vorjahr mehr als 500 Rosen und 1500 Begleitstauden gepflanzt, zudem die Wege und der Zugang zu den Lauben barrierefreier gemacht. Rund 150 000 Euro kostete die Auffrischung des gärtnerischen Kleinods. Als Abgrenzung nach Osten wurden Sandsteinquader der abgetragenen Ufermauer verwendet. Die vom Zünsler befallen Buchsbaumhecke an der Bahnhofstraße wurde durch Eiben ersetz. Neu ist ein großer Rosenbogen als Zugangsportal.
- Dank der Kooperation mit den Rosenfreunden Bodensee und aufgrund der Initiative von Renate Neumann-Schäfer unterstützten einige der ältesten und namhaftesten Rosenzüchter und Rosenschulen Deutschlands die Neuanlage des Überlinger Rosengartens mit der Spende geeigneter Sorten, die Neumann-Schäfer zuvor ausgewählt hatte und für am besten geeignet hielt.
- Die sogenannten Teerosen stammen aus China und werden auch Chinarosen genannt. Die Chinarosen oder Teerosen brachten, so Renate Neumann-Schäfer, zwei sehr wichtige Eigenschaften in die europäische Rosenzucht: leuchtendes Gelb und Rot und wiederholtes Blühen während einer Vegetationszeit. Die Alten Rosen in Europa blühten nur einmal in der Vegetationsperiode. Die Teerose ‚ Park‘s Tea-scented China‘ wurde 1824 in Europa eingeführt. Es sind heute circa 3000 Sorten Teerosen bekannt. Die Chinarosen oder Teerosen waren zunächst aber nicht sehr winterhart und so wurden weitere Kreuzungen von Teerosen mit robusteren Rosenarten in Europa vorgenommen. So kam es zu den „Teehybriden“, die heute auch als Edelrosen bezeichnet werden. Inzwischen stehen bei der Rosen-Züchtung nicht mehr nur vollkommene große Blüten und Duft im Fokus, sondern auch Blattgesundheit, Wuchsfreudigkeit, Widerstandsfähigkeit gegenüber Mehltau, Rosenrost oder Sternrußtau, Winterhärte sowie Rosenarten mit Beitrag zur Erhaltung von Wildbienen. (hpw)