Die Rosenstöcke waren über die Jahrzehnte hinweg saft- und kraftlos geworden, der Boden regelrecht ausgelaugt und der Zahn der Zeit hatte an der ganzen Anlage genagt, die im kommenden Jahr ihren 80. Geburtstag feiern kann. Vor sieben Jahren waren lediglich die kuscheligen Liebeslauben im Rosengarten erneuert worden, jetzt wurden 200 Kubikmeter Erde ausgetauscht, die Pflanzbeete mit neuem Substrat bestückt. Dabei hielten sich die Mitarbeiter von Rolf Geiger, em Leiter des Grünflächenamtes, exakt an die Vorgaben und die alte Struktur, die der damalige Stadtgärtner Johann Baptist Hoch kurz vor Beginn des Zweiten Weltkriegs angelegt hatte. Lediglich die Wege wurden durchweg rund 20 Zentimeter höher gelegt, um den botanischen Gartengenuss auch für Gehbehinderte und Rollstuhlfahrer nicht zu mindern.

"Es wird zwar nicht ganz barrierefrei sein", räumen Baubürgermeister Matthias Längin und Amtsleiter Rolf Geiger ein: "Aber zumindest barrierearm." Einen kleinen Versatz brauche es hier und da noch, um die Entwässerung sicherzustellen. Nicht nur optisch im übertragenen Sinne wurde der romantische Garten aus dem Jahr 1939 damit geliftet. Mit einem markanten Rosenbogen wird die Anlage noch ein attraktives Entree von der Bahnhofstraße aus bekommen. Eine neue Verwendung fand ein Teil der Sandsteinquader aus der abgebauten Ufermauer als Abtrennung zum Nachbargrundstück des Amtsgerichts. Die vorwitzig wurzelnden Eiben an der Grundstücksgrenze werden künftig zudem mit einer Schutzfolie in Schach gehalten.

Alle Wege werden wurden rund 20 Zentimeter höher gelegt, um die Anlage möglichst barrierefrei zu machen.
Alle Wege werden wurden rund 20 Zentimeter höher gelegt, um die Anlage möglichst barrierefrei zu machen. | Bild: Hanspeter Walter Journalist-Texte-Bilder

Insgesamt 150 000 Euro sind für die Sanierung des Rosengartens im Haushalt eingestellt, die zugleich ein Korrespondenzprojekt zur bevorstehenden Landesgartenschau ist. "Wir haben die Mittel noch nicht ganz aufgebraucht", sagt Rolf Geiger: "Es sieht im Moment so aus, als ob wir recht genau hinkommen damit. Die neue Bepflanzung ist mittlerweile abgeschlossen, für die Restarbeiten an Wegen und drumherum werden noch einige Wochen erforderlich sein, rechnet Markus Wolf, der das Projekt beim Grünflächenamt leitet.

Das große rechteckige Wasserbecken wurde komplett ausgeräumt, gereinigt und neu abgedichtet, ehe es demnächst sein bisheriges Erscheinungsbild wiedererhält. Lediglich der unregelmäßig vieleckig gestaltete Plattenbelag wurde jetzt bis an das Becken herangeführt. Ansonsten wurde die gesamte Struktur des Belags beibehalten. "Wir haben die Platten lediglich beiseitegelegt, neu fundamentiert und dann an exakt an der gleichen Stelle wieder eingebracht", betont Rolf Geiger. Bei dem zentralen kleinen Rundbecken, das undicht geworden war, sein Wasser verlor und auch mit dem himmelblauen Anstrich nicht mehr zeitgemäß war, musste ein Nachbau in Auftrag gegeben werden. Von einer Betonbaufirma wurde es in der Originalgröße nachgegossen und als Ganzes angeliefert.

Als Abgrenzung gegen den Wurzeldruck der Eibenhecke wurde am Ostrand des Rosengartens im Zuge der aktuellen Sanierung eine kleine Mauer ...
Als Abgrenzung gegen den Wurzeldruck der Eibenhecke wurde am Ostrand des Rosengartens im Zuge der aktuellen Sanierung eine kleine Mauer angelegt, für die Sandsteinquader der abgetragenen Ufermauer verwendet wurden. Schon 2011 war das morsche Holzgerüst der "Liebeslauben" durch Tessiner Granit ersetzt worden. Jetzt kam ein neues Rankgerüst dazu, das die blühende Clematis gerne nutzt. | Bild: Hanspeter Walter Journalist-Texte-Bilder

Eine Überraschung erlebten die Mitarbeiter allerdings, als eines Morgens – zu Beginn der Amphibienwanderzeit – Bergmolche und Erdkröten im leeren Becken saßen. Um ihnen und den Nachkommenden nach Möglichkeit das Überleben zu sichern, ließ Rolf Geiger auf der kleinen Anhöhe hinter den Ruhebänken einen provisorische kleinen Teich anlegen und die Tiere dorthin transportieren. Selbst die Goldfische werden zurückkommen, die die Interimszeit in einem Becken in der Stadtgärtnerei verbrachten. Dort waren sie vor den Graureihern sogar sicherer als im Rosengarten. Dort werden auch bald wieder die Teichrosen schwimmen, unter deren Blättern die Fische etwas Schutz finden.

Auch mehr als 500 echte Rosen haben die Gärtnerinnen und Gärtner des Betriebshofes in den letzten Wochen gepflanzt, darunter zahlreiche Edel- und historische Rosen, Beet- und Strauchrosen, Kletterrosen und Hochstämme. Dabei nutze die Stadt unter anderem die Expertise von Renate Schäfer-Neumann von den Rosenfreunden Bodensee. Die Hauptarbeiten wurden durchweg von Betriebshof und Stadtgärtnerei geleistet. "Die haben das richtig toll gemacht", attestiert Baubürgermeister Längin.

Die ersten Rosen blühen schon und haben auch mit Regentropfen ihren Reiz.
Die ersten Rosen blühen schon und haben auch mit Regentropfen ihren Reiz. | Bild: Hanspeter Walter Journalist-Texte-Bilder

Einst Zankapfel

Um die Gärten erbittert gestritten wurde schon Ende der 1920er-, Anfang der 1930er-Jahre, als der legendäre Hermann Hoch, Begründer des Überlinger Stadtgartens, wieder einmal neue Ideen entwickelte. Seine Kakteensammlung hatte ihren Platz schon gefunden. In unmittelbar Nähe begann Hoch damit, einen Rosengarten anzulegen, der in den Hang hineinreichte. Was nicht allen Bürgern gefiel. Der Austausch der Meinungen über Leserbriefe in einem scharfen Ton war damals schon gang und gäbe. In den Clinch geriet Stadtgärtner Hoch insbesondere mit Restaurator Viktor Mezger, der erbitterten Widerstand gegen den Standort des Rosengartens leistete. Mezger hatte damals die bessere Lobby im Stadtrat und konnte sich am Ende durchsetzen. Erst sein Sohn und Nachfolger Johann Baptist Hoch war es dann, der die die Anlage später am jetzigen Standort realisieren konnte. Aus Verärgerung über diese Niederlage soll Hermann Hoch nie wieder in den Stadtgarten gegangen sein. (hpw)