Überlingen – Als das Land den Zuschlag zur Landesgartenschau 2020 erteilte, war das anstehende Stadtjubiläum ein entscheidendes Kriterium: Überlingen, so die Argumentation für die Stadt am Bodensee, könne zeitgleich zur LGS sein 1250-jähriges Bestehen feiern. Auch Nürtingen hätte gerne im Jahr mit der schönen Zahl 2020 eine Landesgartenschau gefeiert, hatte aber kein Stadtjubiläum vorzuweisen.
Debatten auf dem bisherigen Weg
Während sich seit dem Zuschlag im Jahr 2010 die Planungen voll auf das Großereignis LGS konzentrierten, war bis jetzt unklar, wie Überlingen sein Stadtjubiläum feiern würde. 2014 kam sogar eine Debatte auf, ob das Jubiläum überhaupt gefeiert werden könne, weil Experten am Datum der Ersterwähnung gezweifelt hatten. Dieser Debatte schloss sich die Folgedebatte an, ob man das Jubiläum überhaupt feiern wolle, weil es, so die Sorge zum Beispiel von Stadtrat Uli Krezdorn, im Trubel der LGS untergehen könne.
Nun steht das Programm fest, es ist mit mindestens 150 Veranstaltungen im Terminkalender verankert, und wurde in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats vorgestellt.
Keine kommerziellen Zukäufe
Kulturreferent Michael Brunner sagte, dass es „unendlich viele Möglichkeiten gibt, so ein Jubiläum zu würdigen“. Überlingen wolle sich von anderen Städten abheben, ganzjährig etwas auf die Beine stellen, und die Stadtgeschichte in den Fokus nehmen. „Das ist nicht selbstverständlich.“ Die Stadt kaufe keine externen kommerziellen Veranstaltungen ein, sondern alles entsteht aus sich heraus. Man beleuchte die Geschichte aus zwei Perspektiven heraus, der wissenschaftlichen und der fiktionalen. Brunner: „Also von der ernsten und von der heiteren Seite.“ Überlingen, so sein Versprechen, werde durch die Veranstaltungsreihe im Jubeljahr „jung und frisch“ wirken.
Verantwortliche begeistert
Gemeinsam mit Stadtarchivar Walter Liehner sowie Jürgen Jankowiak von der städtischen Marketing- und Tourismusgesellschaft stellte Brunner das Programm im Gemeinderat in seinen groben Zügen vor. In ihrer Begeisterung hätten sie am liebsten jeden einzelnen Programmpunkt aufgezählt und beschrieben, was aber den Rahmen der Sitzung gesprengt hätte. OB Jan Zeitler drückte auf die Bremse, um einer für Herbst anberaumten offiziellen Programmvorstellung die Spannung zu lassen.
Vortragsreihe mit 30 Experten
Stadtarchivar Walter Liehner verantwortet eine 30-teilige Vortragsreihe zur Stadtgeschichte, die einem „hohen wissenschaftlichen Anspruch“ genüge. Liehner: „Es geht darum, die reiche Geschichte Überlingens so in Häppchen rüberzubringen, dass sie gut verstanden wird.“ Die Zeitreise erfolge chronologisch, vom 8. Jahrhundert bis zur Burgbergsiedlung in den 60-er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Das sei ambitioniert und verpflichte dazu, auch Experten nach Überlingen zu holen. Diese gebe es glücklicherweise schon alleine deswegen, weil sich in den letzten Jahren stadtgeschichtliche wissenschaftliche Arbeiten, darunter auch Dissertationen, mit Überlingens Geschichte befassten. „Hier können wir auf ein hohes Potenzial zugreifen“, sagte Liehner.
Krezdorn sieht‘s nach wie vor kritisch
Und was sagt nun Krezdorn zu der Fülle? „2020 wird in Veranstaltungen ersticken. Und das bei hochkarätigen Programmen. In 2023, losgelöst von der LGS, könnte man sich diesen tollen Programmpunkten viel entspannter, stressfreier und genussvoller widmen.“ Dennoch freut er sich: „Urlaub braucht‘s in 2020 nicht, höchstens Urlaub vom Feiern.“
Einige Höhepunkte im Jahr beispielhaft aufgeführt
Eröffnung im Januar im Kursaal mit Festredner Norbert Lammert (früherer Bundestagspräsident).
Im Februar „Stadtgeflüster“, Geschichten über alte Häuser und ihre Bewohner.
Im März ein komödiantisches Literaturprogramm mit Schauspielerin Barbara Stoll und der Start der bis Jahresende dauernden Ausstellung „Überlingen legendär! 1250 Jahre sagenhafte Stadtgeschichte„.
Ein Sonderkonzert Beethovens 9. Sinfonie folgt im April.
Ein Barockmusikfestival gibt es im Mai.
Im Juni ein Festival der Orgelimprovisation und eine Lange Nacht der Neuen Musik.
Ein „Überlinger-Tag“ auf dem LGS-Gelände ist für Juli geplant.
Dem August gehört das Jubiläumstheater, das der Schriftsteller Peter Renz schreibt.
Eine Lange Nacht der Überlinger Literatur erlebt man im September, wie auch die Verleihung des Bodensee-Literaturpreises, dann nicht im Kursaal wie gewohnt, sondern auf der Seebühne im LGS-Gelände.
Es folgt im Oktober eine Nacht im Museum.
Im November startet die Leopold-Sophien-Bibliothek eine Ausstellung mit ihren Kostbarkeiten.
Und im Dezember? Könnte Nikolaus eine Rolle spielen, der Stadtpatron von Überlingen. Das war bisher aber nur eine von Krezdorn im Gemeinderat vorgetragene Idee.