So viel Prunk und Prominenz ist im Überlinger Münster nicht einmal zur Schwedenprozession erlebbar. 16 Pfarrer standen am Sonntag mit am Altar, um Pfarrer Bernd Walter ins neue Amt zu verhelfen. Wenn man bedenkt, dass ein katholischer Pfarrer etwa alle zehn Jahre seine Stelle wechselt, kann man heute schon ermessen, dass die nächste Investitur wohl unter komplett anderen Vorzeichen stehen wird. Denn die Erzdiözese Freiburg feilt derzeit an der Reform 2030, die die Bildung von immer größeren Seelsorgeeinheiten vorsieht.
Bernd Walter sprach bei seiner Amtseinsetzung beispielhaft davon, dass vielleicht eines Tages Deggenhausertal gemeinsam mit Überlingen zu einer Einheit gehört. Ob dann das Nikolausmünster oder vielleicht das gotische Münster in Salem das religiöse Zentrum der hiesigen Katholiken sein wird, wo Investituren vorgenommen werden, weiß allenfalls der Himmel. Doch lenkte Walter in seiner Antritts-Predigt klug den Gedanken schon auf die Bildung von eben solchen Mega-Gemeinden, und wie damit umgegangen werden könne. Hatte Walters Vorgänger Karl-Heinz Berger wegen der schieren Größe und der Zahl von 9000 Katholiken noch Schwierigkeiten mit der Bildung der Seelsorgeeinheit Überlingen, so bewertet der neue Hirte die aktuelle Zahl seiner Schäfchen als „überschaubar“ und angetan dazu, sich noch persönlich zu begegnen.
Dass diese Begegnung dereinst auch für ihn flöten gehen wird, wenn die Seelsorgeeinheit schlagartig um ein paar Tausend Leute wächst, ohne dass sich Strukturen radikal ändern, dürfte klar sein. Aus Freiburg und Rom sind keine radikalen Veränderungen erwartbar. Der neue Pfarrer baut indes vor. Von ihm als Priester sei keine Rundum-Versorgung zu erwarten, kündigte er an. „Priestermangel als ein Geschenk Gottes“, lautet seine kühne These. Er kehrt eine vom Bischof beklagte Entwicklung ins Positive und fordert aktives Mitmachen ein. Walter erhielt Applaus für seine Ansprache, in einer Kirche, die den Applaus am Ende einer Predigt eigentlich nicht kennt, sondern nur das Amen. Nur ja und Amen sagen? Diese Zeiten sind zum Glück vorbei.