Nicht nur die Muttergottes mit Strahlenkranz hat es zu einer markanten Brunnenfigur am oberen Ende der Gradebergstraße gebracht. Unten auf der Hofstatt wacht Mystiker Heinrich Seuse über den Marktplatz, ihm Gegenüber am sogenannten Kaiserbrunnen präsentiert Karl V. seit 1553 sein Schwert und erinnert an das 1528 „gebesserte“ Wappen der Stadt.

Sogar mehr Figur als Brunnen und deshalb besonderer Blickfang für Besucher ist Peter Lenks Skultpur von Martin Walser als Bodenseereiter am Landungsplatz.
Und was dem Hänsele recht ist, sollte dem Schwerttänzer billig sein. Der eine hat es schon in den 1930er Jahren zur markanten Brunnenfigur geschafft, der andere muss sich bislang mit einer Darstellung als Wandmalerei in der Aufkircher Straße unweit des närrischen Kollegen begnügen.

Dies soll nun anders werden, wünscht sich die Schwerttanzkompanie, und der Ausschuss für Bildung und Kultur hat dem Ansinnen grünes Licht gegeben.
Mehrere Standorte im Gespräch
„Wir haben es uns nicht leicht gemacht und viele Möglichkeiten geprüft, bis wir diesen Vorschlag machen konnten“, betonte Oberbürgermeister Jan Zeitler. Der stelle im Grunde einen Kompromiss dar, sagte Zeitler, der jedoch „einen angemessenen Platz biete“.

Mehrere Standorte waren für eine Brunnenfigur im Gespräch und in der engeren Wahl gewesen, darunter auch der Neustadtbrunnen am Gunzoweg und der Brunnen in der Friedhofstraße.

Der Trinkbrunnen am Olberplatz am oberen Ende der Spitalgasse soll nun die Bühne für eine Skulptur bieten. Willkommener Anlass für das Projekt war das im Jahr 2021 bevorstehende internationale Schwerttanztreffen zum 375-jährigen Bestehen der Überlinger Kompanie, um dem Schwerttänzer einen würdigen Platz im öffentlichen Raum zu bescheren.
„Mit dem Projekt will die Kompanie ihrem satzungsgemäßen Auftrag der Förderung, Bewahrung und Vermittlung des Schwerttanzes nachkommen“, sagt Walter Liehner, Stadtarchivar, Brauchtumskenner und selbst als Schwerttänzer Mitglied der Zunft. Gleichzeitig wolle man schon im kommenden Jahr einen Beitrag zum Stadtjubiläum und zur Landesgartenschau leisten, indem die Figur bereits im Jahr 2020 auf dem Landesgartenschaugelände ausgestellt werde.
Schwerttanztreffen zu Jubiläum der Kompanie
An ihrem künftigen Platz auf dem Brunnen enthüllt werden soll sie allerdings erst 2021 während des Schwerttanztreffens zum eigenen Jubiläum. Inzwischen existiert zwar schon eine plastische Idee, wie die Figur aussehen könnte. Doch zuvor hatte die Kompanie mit der Stadt Grundsätzliches zu klären gehabt. Im Gespräch gewesen waren als Alternativen zunächst unter anderem auch eine reine Standfigur oder ein Relief. Die Ideen wurden mit dem Verschönerungsverein ausgetauscht. Am Ende sprach sich die Schwerttanzkompanie für eine Brunnenfigur aus. Gegen die erste Präferenz Neustadtbrunnen hatte einvernehmlich gesprochen, dass die Anlage vom Verschönerungsverein erst vor gut zehn Jahren für nahezu 200 000 Euro mit zahlreichen Spenden bewusst in die aktuelle Form gebracht worden war.
Brunnen an Friedhofstraße zu unauffällig
Der Brunnen in der Friedhofstraße war der Kompanie doch zu unauffällig. „Der Olberplatz hingegen würde aus Sicht der Akteure durch eine Brunnenfigur aufgewertet“, erklärt Walter Liehner. „Ein Schwertletänzer an dem vielbegangenen Platz würde hier das einzigartige Überlinger Brauchtum einem breiten Publikum bildhaft vor Augen führen.“ Die Bepflanzung mit „Pflanz- und Baumtrögen“ müsse in ihrem Umfang etwas zurückgenommen werden, so der Wunsch der Kompanie, damit die Brunnenfigur als „platzgestaltendes Element wahrnehmbar wäre“.
Schlichter Pinienzapfen soll weichen
Derzeit ziert ein schlichter Pinienzapfen die Brunnensäule. Sie würde entfernt und durch die Skulptur eines Schwerttänzers ersetzt. „Es soll eine Bronzefigur in der Tradition von Werner Gürtner sein“, betont Walter Liehner, „und die Kompanie legt großen Wert auf eine künstlerisch ansprechende Darstellung“.


Ja, man wolle nicht „irgendwie einfach etwas draufstellen“, sagt Liehner, sondern könne sich ein kleines Fachgremium zur Entscheidungsfindung gut vorstellen. Die Schwerttanzkompanie habe dazu auch Kontakt mit Andrea Zaumseil aufgenommen. Die gebürtige Überlingerin hat eine Professur für Bildhauerei mit Schwerpunkt Metall an der Burg Giebichenstein der Kunsthochschule Halle und ist seit 2018 Dekanin für den Bereich Kunst. Zaumseil schuf unter anderem die zerbrochene Perlenkette für die offizielle Gedenkstätte des Flugzeugabsturzes am Waldrand bei Brachenreuthe.
Zur besseren Orientierung hat die Kompanie bereits zwei Proportionsmodelle von dem Künstler Friedhelm Zilly aus Moos fertigen lassen. Die ermittelten Kosten werden auf 20 000 bis 30 000 Euro geschätzt, wobei die Schwerttanzkompanie 10 000 Euro zur Anschubfinanzierung beisteuern und sich zur Deckung der weiteren Kosten um Spenden und Sponsoring bemühen würde.

Die Kompanie und ihre Geschichte
- Der Schwerttanz ist ein Zunfttanz, dessen Wurzeln im Überlinger Fastnachtsbrauchtum zu finden sind. Erstmals urkundlich erwähnt wird der Tanz im reichsstädtischen Ratsprotokoll vom 8. Februar 1646. „Der ledigen bursch ist auf mehrmaliges anhalten der Schwerttanz in der Zunft von 12 bis 5 Uhren, doch ohne spilleut, und der medlin tanz vergont.“ Der genaue Ursprung des Tanzes ist unklar. Der örtlichen Überlieferung nach soll er vom Kaiser bei einer kriegerischen Auseinandersetzung im 15. oder 16. Jahrhundert verliehen worden sein. Schwerttänze sind schon im späten 15. Jahrhundert, etwa in Flandern, bezeugt und waren weit verbreitet. Allen Schwerttänzen gemeinsam ist die Figur des Narren, der in Überlingen durch den Hänsele, der zentralen Überlinger Fastnachtsfigur, verkörpert wird. Der Hänsele war ursprünglich eine Teufelsfigur, die bei Prozessionen mitlief und deren Gewand während der Fastnacht – so bezeugt in der zwischen 1496 und 1518 entstandenen Fastnachtsordnung – beim Kirchenpfleger ausgeliehen werden konnte. Im Lauf des 19. Jahrhunderts löste sich der Schaubrauch allmählich von den närrischen Tagen, verselbstständigte sich und nahm neue Elemente wie etwa die preußische Kommandosprache auf. Ganz losgelöst von der Fastnacht wird der Schwerttanz heute nur noch zu ganz besonderen Anlässen und im Anschluss an die zweite Schwedenprozession aufgeführt.
- Der Verein besteht derzeit aus 41 aktiven und zehn passiven Mitgliedern. Die Kompanie gliedert sich in zwei Abteilungen, die sogenannte Fahnenkompanie und die eigentlichen Schwerttänzer. Zur Fahnenkompanie gehören die vier Platzmeister, der Fähnrich und die Spielleute (Trommler und Pfeiffer) sowie der Hänsele, der jeweils vor einem Auftritt vom 1. Platzmeister bestimmt wird. Der 1. Platzmeister – derzeit Fridolin Zugmantel – ist Kommandant und 1. Vorstand im Sinne des Vereinsrechts. 2. Platzmeister ist Eric Hueber. Die Kleidung besteht aus dunkelblauen Fräcken mit roten Westen und schwarzen Samtbundhosen. Hierzu gehören weiße Stehkragenhemden mit schwarzen Schleifen, weiße Handschuhe und weiße Kniestrümpfe sowie schwarze Halbschuhe mit Zierschnallen. Der Degen wird frei getragen. Als Kopfbedeckung tragen alle einen schwarzen Dreispitz, nur der Fähnrich trägt einen Federhut. Die vier Platzmeister erkennt man an den gelb-roten Schärpen in den Farben der Stadt Überlingen. Die Spielleute tragen schwarze Fräcke mit weißen Westen. Alle Aktiven tragen am linken Rockaufschlag eine gelb-rote Schleife mit einem Zweig Rosmarin.