Verkehrte Welt: Es gibt wenige Berufsfelder, auf denen sich die Auszubildenden gar keine Sorge um einen Arbeitsplatz machen müssen. "Unsere Absolventen bewerben sich nicht um eine Stelle", sagt Tilman Kommerell, Leiter der Überlinger Krankenpflegeschule des Helios-Spitals im Nebengebäude von Schloss Rauenstein. "An unserem Schwarzen Brett der Justus-von-Liebig-Schule hängen die Bewerbungen der Einrichtungen, die dringend Mitarbeiter suchen." Gemeinsam setzen die beiden Einrichtungen schon seit 2010 ein wegweisendes Pilotprojekt um und bilden Altenpfleger und Gesundheits- und Krankenpfleger zu 80 Prozent gemeinsam aus. "Das wird unheimlich gut angenommen", ist Tilman Kommerell ebenso zufrieden wie Dorothee Marckmann-Bauer, die den Fachbereich Altenpflege der Justus-von-Liebig-Schule leitet. Überfällig ist aus der Sicht Kommerells eine Harmonisierung der Ausbildung in den Pflegeberufen. Bisher richten sich die Ausbildungen nach dem Lebensalter (Kinder-, Erwachsenen-, und Altenpflege). Sie sollten sich aber auch daran orientieren, in welchen Einrichtungen die Absolventen dann arbeiten werden. Noch immer sei das Berufsbild der Kinderkrankenschwester sehr beliebt und werde romantisiert. Kommerell: "Doch die Vorstellung, man spielt hier mit Kindern 'Mensch ärgere dich nicht', ist falsch." Immer seltener würden Kinder in einer Klinik behandelt. Selbst Beatmungen und Dialysen könnten heutzutage zu Hause durchgeführt werden. Der Bedarf an Kinderkrankenpflegerinnen in Kliniken sinkt.
Dagegen könnte die Langzeitpflege aus Kommerells Sicht durchaus attraktiv sein. "Patienten sind oft nur noch wenige Tage im Krankenhaus", sagt der Fachmann. "Dann kommen sie in eine andere Pflegeeinrichtung oder benötigen ambulante Pflege." Wer also auf eine persönliche Beziehung zu den Pflegebedürftigen Wert legt, der könne die in einer Klinik oft kaum aufbauen. Dafür ist die Arbeit in der Akutklinik "medizinisch interessanter". Wichtig sei, die Arbeitsbedingungen für die Pflegenden zu verbessern, erklärt der Experte, der unsicher ist, wie es nach dem neuen Pflegeberufegesetz mittelfristig mit dem Erfolgsmodell weitergeht. "Wir können schlecht planen", erklärt er und wünscht sich bald Klarheit durch eine konkrete Ausbildungs- und Prüfungsverordnung und dazu noch eine Aufwertung des Pflegeberufs.

Ein ganz anderes Feld beackert Andreas Hammer. Wobei der Ausdruck schon deshalb nicht so gut passt, weil der Immobilienfachmann mit seiner zweiten Tätigkeit vor allem in die Luft geht – mit seinen Drohnen. Denn Hammer ist erfahrener "Copter-Pilot" mit Führer- beziehungsweise Flugschein. Den braucht es seit 1. Oktober zumindest bei Fluggeräten, die schwerer als zwei Kilogramm sind. Dass er damit unterwegs ist, um schöne Luftbilder von Gebäuden und Landschaften aus der Vogelperspektive zu machen, ist nur eine Sache. Der Überlinger lässt sein Flugobjekt auch mit Wärmebildkamera abheben, um im Frühjahr im hohen Gras junge Rehkitze aufzuspüren, die sonst Opfer landwirtschaftlicher Maschinen werden könnten. Inzwischen zieht die moderne Technik Kreise und Andreas Hammer gibt seine Kompetenzen als Multiplikator an Landwirte weiter.
In der Landwirtschaft selbst gewinnt der Einsatz von Drohnen zunehmend an Bedeutung, sowohl bei der Diagnostik der Vitalität von Nutzpflanzen, bei Fruchtreife und Erntequalität als auch bei der Bekämpfung von Schädlingen. "Insbesondere bei der effizienten Bekämpfung des Maiszünslers kommen die Drohnen seit einigen Jahren auch in der Region zum Einsatz", weiß Andreas Hammer.
Der Bundesverband Copter Piloten (BVCP) möchte durch seine Arbeit ein besseres Verständnis von Coptern und deren Einsatzmöglichkeiten schaffen, Piloten Kenntnisse vermitteln und schulen und so die Basis für mehr Akzeptanz in der Gesellschaft schaffen und mit seiner Initiative "Aerial Culture"gemeinsam einen Verhaltenskodex schaffen – als "Grundlage eines respektvollen und verantwortungsvollen Umgangs mit Coptern", wie es heißt.
Festen Boden unter den Füßen haben die Fitnesstrainer, Gesundheitscoaches und ähnliche Qualifikationen mit teilweise ungeschützten Bezeichnungen. Dies gilt auch, was die Berufsaussichten angeht. Sportliche Betätigung im Studio liegt im Trend und qualifizierte Begleiter sind gefragt. "Von 2015 auf 2016 hat die Zahl der Teilnehmer um eine Million zugenommen", sagt Sybille Haymann vom "Fitness4You" in Überlingen. Der wichtigste Ausbildungsberuf ist in diesem Bereich der/die Sport- und Fitnesskaufmann/-frau, die eine dreijährige Ausbildung absolvieren – bei der IHK oder bei privaten Schulen. "Der Bedarf wird hier weiter steigen", sagt Haymann.
Zum einen habe sich das Bewusstsein bei den Menschen gewandelt, zum anderen werden Kurse von Betrieben bezuschusst. "Wir haben Teilnehmer zwischen 14 und 92 Jahren", erklärt Haymann. Gefragt sind auch Sport- und Gymnastik-lehrer und Physiotherapeuten. Denn es geht nicht nur um Fitness-Fetischisten, auch nach Operationen ist es wichtig, den Körper wieder in Bewegung zu bringen. "Wer denkt, nach seiner Reha ist er wieder fit, der täuscht sich", betont die Expertin: "Man muss hier länger am Ball bleiben."
Gute Bewertungen für den Landkreis
Verschiedene Studien haben die Zukunftsfähigkeit des Bodenseekreises bewertet. Von der Erwerbstätigkeit bis zur Innovationskraft schneidet der Landkreis in den Erhebungen gut ab:
Innovationsindex 2016: Beim Statistischen Landesamt Baden-Württemberg wird im zweijährigen Turnus der Innovationsindex für die 44 Kreise und Regionen in Baden-Württemberg berechnet. Die Kreise mit der höchsten Innovationsfähigkeit sind im Index 2016 der Landkreis Böblingen und die Stadtkreise Stuttgart und Heidelberg. In der Spitzengruppe des Rankings mit einem Indexwert von über 50 und einer damit ebenfalls sehr hohen Innovationsfähigkeit folgen der Bodenseekreis, der Landkreis Ludwigsburg und der Stadtkreis Ulm. Im Bodenseekreis liegt die Innovationsfähigkeit nach Angaben der Statistiker damit wieder in etwa auf dem Wert der Vordekade.
Auch der Prognos-Zukunftsatlas aus dem Jahr 2016 zeigt, dass der Bodenseekreis trotz seiner Randlage innerhalb Deutschlands gut aufgestellt ist. Das Ranking aller 402 Kreise und kreisfreien Städte wird alle drei Jahre veröffentlicht und bewertet deren Zukunftschancen und -risiken. Der Bodenseekreis schaffte es dieses Mal unter die Top 20.
Beim Erwerbstätigenzuwachs, Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 2015, lag der Bodenseekreis auf Platz eins in Baden-Württemberg mit einer Zunahme der Erwerbstätigenzahl von 2000 bis 2013 in Höhe von plus 21,6 Prozent (Landesdurchschnitt: plus 8,1 Prozent). Nicht mehr ganz so deutlich war der Zuwachs 2015 im Vergleich zu 2014. Die Zahl der Erwerbstätigen stieg in diesem Zeitraum um 0,6 Prozent. Bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigen gab es einen Zuwachs von 1,5 Prozent.
"Focus Money": Bei einem Ranking des Wirtschaftsmagazins „Focus Money“ im Jahr 2016 belegte der Bodenseekreis Platz sieben von insgesamt 382 untersuchten Stadt- und Landkreisen in Deutschland. Dafür wurden die Kennziffern Arbeitslosenquote, Wachstum des Bruttoinlandsprodukts, Bruttowertschöpfung, Bevölkerungsentwicklung, Erwerbstätigenentwicklung, Investitionen und verfügbares Einkommen verglichen. Im Vorjahr hatte der Landkreis Platz 41 in der bundesweiten Rangliste eingenommen. Im baden-württembergischen Vergleich hat sich der Bodenseekreis von Platz 13 auf nunmehr Platz vier verbessert. Bei den Kennziffern Arbeitslosenquote, Veränderung der Erwerbstätigenzahl sowie verfügbares Einkommen je Einwohner schnitt der Bodenseekreis laut Mitteilung sogar besser ab als der in Baden-Württemberg insgesamt bestplatzierte Landkreis Heilbronn.
Auch beim Ranking 2017 lag der Bodenseekreis weit vorne, konnte die Platzierungen aus dem Vorjahr allerdings nicht mehr erreichen. (wie)