Das war sicherlich keine böse Absicht, als die Stadtverwaltung im Amtsblatt vom 14. Januar folgenden Gruß auf Seite 1 abdruckte: „Die Stadt Überlingen wünscht Ihnen ein frohes und gesundes neues Jahr 2021!“

An wen war der Gruß im Amtsblatt gerichtet? Hallo Ü?! Die Stadt Überlingen, das sind doch wir. Kanzlerin Merkel sagt bei ihrer Neujahrsansprache ja auch nicht, „Deutschland wünscht Ihnen ein frohes neues Jahr.“

Okay, es klingt kleinlich, dieses Beispiel hier zu erwähnen. Der Absender des Grußes war vermutlich Oberbürgermeister Jan Zeitler, oder seine Stadtverwaltung, oder der Gemeinderat, oder die städtische Pressestelle – und dafür wurde eben nur synonym der Begriff „Stadt Überlingen„ verwendet. Geschenkt!

Wer dient wem?

Es stellt sich aber die Frage, ob dieser kleine Lapsus nicht System hat? Zumindest drängt sich an verschiedenen Beispielen der Verdacht auf, dass in Überlingen zwischen Volk und Volksvertretern unterschiedliche Auffassungen herrschen: Wer ist Stadt und wer ist Stadtverwaltung, wem gehört der ganze Laden, und wer hat wem zu dienen?

Bürgerbeteiligung hat dann einen Wert, wenn sich die Bürger gehört und verstanden fühlen. Am Ende des Prozesses muss einer den Hut aufhaben und Verantwortung übernehmen. Und zwar ausdrücklich für Ergebnisse, die nicht unbedingt seiner persönlichen Meinung entsprechen. Das macht den Job der Verantwortungsträger nicht einfacher, ist aber halt so.

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Das Hotelprojekt Zimmerwiese schreit nach mehr Bürgerbeteiligung. Die Pläne für eine Laserklinik gerieten ins Stocken, weil sich die Bürger zu Recht dazwischendrängten. Die im Hintergrund geschmiedeten Pläne für die neue Volksbank an der Lippertsreuter Straße waren für die Tonne, weil sie einer öffentlichen Betrachtung nicht stand hielten.

Jetzt, in Sachen Kramer-Areal, gibt sich das Bauamt der Stadt so wortkarg wie bei anderen Themen. Nur kein Wörtchen zu viel an die Öffentlichkeit geben, es könnten ja Diskussionen zur Unzeit entstehen: Diesen zugeknöpften Eindruck vermittelt das Bauamt, wenn es bei Fragen zur Öffentlichkeitsbeteiligung knapp darauf verweist, dass man sich an das Gesetz halten werde. Ja natürlich – aber Gesetze sind dazu da, dass sie ausgelegt werden, zum Wohle der Allgemeinheit.

Wie wohltuend ist es da, wenn der Eigentümer des Kramer-Areals die Beteiligung der Öffentlichkeit zu einem hohen Prinzip erklärt.