Überlingen „Liebe Stella, ich danke Dir für alles, was ich durch dich erleben und erfahren durfte. Ich danke dir für deine liebevolle Gastfreundschaft. Am Ende aber kann ich nur auf deine Gnade hoffen.“ Mit diesen Worten endet der Brief, den Doris Dieterle am 19. April 2004 an eine gewisse Stella schrieb. Jetzt hat sie den Brief wiedergefunden – in einem Buch, das eben jene Stella inzwischen veröffentlich hat: Stella Zylbersztajn-Tzur ist polnische Jüdin, und Doris Dieterle ist ihr 2004 auf einer Reise nach Israel begegnet. Stella Zylbersztajn-Tzur gab der Überlingerin ein Buch, in dem sie über ihre Erlebnisse im Holocaust schrieb. Doris Dieterle las es und war tief getroffen.
Wieder zu Hause am See, schrieb sie ebenjenen Brief, ließ ihn ins Polnische übersetzen und schickte ihn an Stella. Dass sie auf deren Gnade hofft, erklärte sie in dem Schreiben damit, dass sie zwar erst 1958 und damit lange nach dem Krieg geboren wurde, dass sie aber die Tatsache, dass es ihr Volk war, das den Juden dieses Leid antat, zutiefst bedrücke und belaste. „Ich weiß auch nicht viel von meiner Familie, ob vielleicht einer meiner Verwandten direkt an einer der schrecklichen Taten beteiligt war“, schreibt sie. Und: „Eine schreckliche Vorstellung für mich.“
Stella Zylbersztajn-Tzur war von dem Brief der Überlingerin sehr gerührt und schickte ihn an mehrere Redaktionen in Israel, die ihn veröffentlichten. Später sind sich die beiden Frauen noch einmal begegnet, dann haben sie sich aus den Augen verloren. Und nun hat Stella Zylbersztajn-Tzur ein weiteres Buch geschrieben: „Stella – Angenommen, es wäre Ihrem Kind passiert.“ Es wurde ins Deutsche übersetzt und Doris Dieterles Brief ist darin abgedruckt. Die Überlingerin war zutiefst gerührt: „Sie hat ja vieles andere zu erzählen und dann nimmt sie meinen Brief mit in ihr Buch. Das ist für mich sehr bewegend.“
Das Buch „Stella – Angenommen, es wäre Ihrem Kind passiert“ von Stella Zylbersztajn-Tzur ist bei Doris Dieterle erhältlich und kostet 10 Euro. E-Mail: dorisw.dieterle@googlemail.com