Den 1. Mai 2025 wird Hanif F. vermutlich nicht so schnell vergessen. An diesem Tag arbeitete er in der Esso-Tankstelle in der Böhringer Straße. „Es war eigentlich ein ganz normaler Arbeitstag“, berichtet der 34-Jährige. Doch plötzlich war alles ganz anders für Hanif, der seinen Nachnamen und sein Gesicht wegen seiner Fluchtgeschichte und der Verfolgung durch die Taliban, nicht zeigen möchte. Er hat nach eigenen Angaben als Journalist und Dolmetscher für Nato-Truppen in Afghanistan gearbeitet.
Hanif arbeitete an dem Tag alleine. „Es war den ganzen Tag schon sehr viel los, weil Feiertag war und andere Geschäfte zu hatten“, schildert er eine Woche später während seiner Mittagspause. Wie üblich sei er hinter der Kasse gestanden, habe Kunden bedient und abkassiert. Für wenige Minuten hatte er Ruhe, keine Kunden. „Auf einmal kam ein total aggressiver Mann rein“, erinnert er sich an den Beginn des Überfalls.
Flucht durch die Hintertür
Der Mann sei von der Tür direkt auf ihn zugegangen – in der Hand einen Teleskop-Schlagstock. Hanif erzählt: „Ich habe zuerst gar nicht realisiert, dass das ein Überfall ist. Ich wusste nicht, was er wollte, er war nur aggressiv.“ Um 18 Uhr habe er bei so viel Andrang nicht mit einem Überfall gerechnet. Er habe stattdessen Angst gehabt, dass der Mann ihn mit dem Schlagstock gegen den Kopf schlagen könnte. Doch als dieser direkt vor ihm stand, habe er etwas gerufen. „Erst da habe ich verstanden, dass er Geld möchte“, so Hanif.
Um sich selbst zu schützen, sei er durch eine Tür hinter der Kasse in Richtung Hintereingang verschwunden und nach draußen gerannt. Birgit Blankenagel, die seit 2006 die Esso-Filiale leitet und in dieser Zeit vier Überfälle gezählt hat, bestätigt, dass dies das richtige Verhalten ist. Es sei Vorgabe im Konzern, dass Mitarbeiter sich bei einem Überfall selbst schützen sollen, indem sie entweder gar nichts tun oder wenn möglich flüchten. Das Geld in der Kasse sei versichert.
Nicht alle Kunden reagieren angemessen
Nachdem Hanif es aus der Tankstelle geschafft hat, habe er eine Gruppe Motorradfahrer und andere Kunden auf den Überfall aufmerksam gemacht und um Hilfe geschrien, erzählt er weiter. Dabei habe er auch den Eingang im Blick gehabt und sehen können, dass der Dieb mit der Kasse in Richtung Kreisverkehr davon rannte.
Von dem Zeugen, der den Mann schließlich stoppte, habe er jedoch erst später erfahren. Denn er selbst sei wieder in die Tankstelle, um die Polizei zu rufen.
Hanif sagt: „Viele Kunden auf dem Parkplatz waren sehr empathisch und haben sofort gefragt, wie es mir geht und ob sie helfen können. Aber ein paar haben nach der Nationalität des Täters gefragt und ob er ein Flüchtling ist. Das fand ich nicht in Ordnung.“ Denn das spiele doch keine Rolle.
Nach dem Überfall bekam er drei Tage frei, um sich zu erholen. Inzwischen steht er aber wieder hinter der Kasse – auch abends alleine. „Ich traue mir das wieder zu. Aber natürlich habe ich noch immer einen Schreck. Wenn abends jemand zur Tür reinkommt, schaue ich seither genauer hin“, sagt er.