Wer baut, braucht starke Nerven, vor allem wenn das Vorhaben nicht ins Alltagsschema passt. Klaus Haberstroh, Vorsitzender der Überlinger Sektion des Deutschen Alpenvereins (DAV), und seine Mitstreiter bringen diese Voraussetzungen anscheinend mit. Bei der Mitgliederversammlung im Dorfgemeinschaftshaus Nußdorf stellten sie jetzt den aktuellen Stand der Planung des Vereins- und Kletterzentrums vor.

Danach sind nun alle administrativen Hürden genommen: Der Bauantrag ist genehmigt und das Grundstück ab September im Erbbaurecht nutzbar. Dann will der Verein auch starten, sofern der dort gelagerte Müll und die Bürocontainer für die benachbarte Sporthallenbaustelle verschwunden sind.
Das geplante Kletterzentrum soll in der Halle 660 Quadratmeter Boulderfläche und außen einen 15 Meter hohen Kletterbereich mit 470 Quadratmetern umfassen. Dort kommen die Sportkletterer in allen drei Disziplinen, Bouldern, mit Seil und Speedklettern, sowie der Nachwuchs im Kinderbereich auf ihre Kosten.

Weniger positiv verlief die Entwicklung bei den Kosten. Die aktuelle Kalkulation liegt mit 2,3 Millionen Euro rund 300 000 Euro über dem im vergangenen Jahr genannten Wert. Die Mehrkosten ergeben sich laut Haberstroh aus Auflagen für den Brandschutz, einem höheren Standard bei der Energieeffizienz sowie einer nicht vorgesehenen Vorbereitung des Baugrunds.
Untersuchungen hätten ergeben, dass der vorhandene Boden abgebaggert und durch neues, tragfähiges Material ersetzt werden muss. „Damit hatten wir nicht gerechnet“, so der Vorsitzende weiter.
Gebührenbescheid wegen Überschreitens der Grundfläche
Auch mit einem Gebührenbescheid über rund 15 000 Euro, der zusammen mit der Baugenehmigung kam, hatten sie nicht gerechnet. Der Betrag werde ihnen wegen einer Abweichung von baurechtlichen Vorschriften in Rechnung gestellt, so Haberstroh. Als Grund sei ein Überschreiten der im Bebauungsplan vorgesehenen Grundfläche genannt worden.
Dazu muss man wissen, dass dieser Plan den gesamten Schulcampus betrifft, auf dem gerade die große Sporthalle fertiggestellt wird. Das Kletterzentrum bringt nun mit seinen 1183 Quadratmetern das planerische Fass zum Überlaufen, was mit einer Gebühr geahndet wird.
Im Oktober 2019 hat der Verein Widerspruch gegen den Bescheid eingelegt. Der wurde im April 2020 abgelehnt. „Damit die Ablehnung des Widerspruchs nicht rechtskräftig wird, haben wir Klage beim Verwaltungsgericht eingereicht“, berichtet Klaus Haberstroh. Die Vorgehensweise sei schwer nachvollziehbar, da eine Bebauungsplanänderung bereits in Vorbereitung sei und sie lediglich 3,75 Prozent der Gesamtfläche nutzen würden.
50 Prozent der Kletterflächen werden Schulen zur Verfügung gestellt
Auch den zugrunde gelegten wirtschaftlichen Vorteil sieht er als nicht zutreffend, da sie vertraglich verpflichtet seien, 50 Prozent der Kletterflächen in der Woche und außerhalb der Ferien den Schulen zur Verfügung zu stellen. Dafür werde zwar ein Betriebskostenanteil bezahlt, aber das wäre es dann auch mit der finanziellen Unterstützung der Stadt gewesen.
„Soll ein sportlicher und sozialer Treffpunkt werden“
Klaus Haberstroh ist zuversichtlich, Überlingen mit dem Kletterzentrum einen Mehrwert für Einwohner und Touristen zu bieten. Klettern nehme zudem einen hohen Stellenwert bei der Ergotherapie und der Jugendarbeit ein. „Das soll ein sportlicher und sozialer Treffpunkt werden.“ Der Verein verspricht sich dadurch einen Zuwachs an jüngeren Mitgliedern.
Eröffnung bereits 2021 geplant
Bleibt die leidige Kostenfrage. Hier wollen die Verantwortlichen jetzt nach Einsparpotenzialen und Sponsoren suchen, eventuell den Kreditrahmen erhöhen oder mehr Eigenleistung einplanen. Klaus Haberstroh räumt ein, dass bereits eine aufregende Zeit mit vielen Rückschlägen hinter ihnen liege. Aber er habe zum Glück starke Nerven und blicke hoffnungsvoll nach vorne: „Unser Ziel ist es, 2021 nach den Ferien die Halle zu eröffnen.“