Kaum wiedergewählt, schon muss er seinen Platz räumen: Oberbürgermeister Jan Zeitler wurde beim traditionellen Rathaussturm am Schmotzigen Donnerstag in Überlingen unsanft aus dem Amt gedrängt. Narrenvater Achim Friesenhagen machte unmissverständlich klar: „Da ist jemand im Rathaus, der nicht mehr hierher gehört.“ Und wer die Macht der Narren kennt, der wusste: Hier gibt es keine Gnade.
Doch Zeitler wollte sich nicht kampflos geschlagen geben und verwies auf seine vermeintlich starke Unterstützung. Sein „Deputee“, Baubürgermeister Thomas Kölschbach, war zwar bewaffnet – doch das beeindruckte die Narren wenig. „Der Frisör und der Bio-Bauer waren zu schwach, doch mit den Narren ist das eine andere Sach“, reimte Friesenhagen.
Schnapszahlen und Zufälle
Mit Rechenbeispielen wies der Narrenvater auf kuriose Zufälle hin. Zeitler hatte die OB-Wahl mit genau 111 Stimmen gewonnen – eine Schnapszahl. Die Wahl selbst war genau 88 Tage her, ebenfalls eine Schnapszahl. Und zur Krönung der Rechenkunst: Seine Vereidigung war exakt 22 Tage zuvor. Wer so viele Schnapszahlen aufweist, kommt an einem passenden Umtrunk nicht vorbei. Und so wurde dem OB kurzerhand ein Schluck Hochprozentiges kredenzt.
Die Strafe für den gestürzten OB war beschlossene Sache: Er werde ins Gefängnis in der Zunftstube abgeführt und müsse sich dort am Fernseher die Narrenkonzerte der vergangenen 25 Jahre auf Dauerschleife anschauen. „Und er kommt erst wieder raus, wenn er lustig ist!“, verkündete Friesenhagen.

Ein verhandelbarer Machtwechsel?
Der OB gab sich pragmatisch und versuchte, zumindest die Dauer des Machtwechsels zu beeinflussen. Mit Blick auf die Schnapszahl schlug er vor, sich auf einen elfstündigen Machtwechsel zu einigen. Doch Friesenhagen war skeptisch: „Ich glaube nicht, dass du in der Zeit schon lustig wirst“, richtete er sich an den OB. „Das dauert länger.“
Doch bevor Zeitler sich geschlagen gab, stellte er die Narreneltern noch vor ein Rätsel. Mit Fragen rund um die Verwaltung wollte er prüfen, ob die neuen Machthaber wirklich für ihr Amt bereit waren. „Was passiert traditionell am Schmotzigen Dunschtig?“, wollte er wissen. Narrenvater Friesenhagen kannte die Antwort: „Die Narren stürmen das Rathaus und setzen den OB ab!“ Kreativ wurde Friesenhagen bei der Frage, was nun mit dem Rathaus geschehen solle. Weil ihm keine der drei Antwortmöglichkeiten gefiel, entschied er sich kurzerhand, eine vierte zu erfinden: „Ich nehme D: Dann wird es endlich mal lustig drin!“

Auf die Frage des OB, ob der Schlüssel nach den richtig beantworteten Fragen herausgegeben werden soll, kam Applaus und Jubel aus dem Publikum. Am Ende blieb Zeitler nichts anderes übrig, als sich dem Willen der Narren zu beugen. Es sei zwar „ätzend“, die Herrschaft abzugeben, sagte er. Aber er freue sich, jetzt auch mal frei zu haben. Immerhin, so stellte er augenzwinkernd fest, hätten die Narren ihre Regentschaft stets zur vollsten Zufriedenheit ausgeführt. „Alles ist immer top aufgeräumt – und sogar die Weinvorräte sind noch da.“

Nach der feierlichen Schlüsselübergabe wurde die Übernahme mit Brezeln und Gutsle für die Kinder gefeiert. Anschließend stürmten die Narren das Rathaus, wo sie sich bei Musik, Getränken und Snacks auf ihre Herrschaft einstimmten.