Das Statistische Landesamt prognostiziert eine weitere Zunahme der Zahl an Kindern in Überlingen. Soweit der positive Trend. Erst im Jahr 2035 soll der Zenit überschritten werden. Die weniger gute Nachricht ist, dass der Ausbau an Betreuungsplätzen damit nicht schritthalten kann. Wie Abteilungsleiter Ralf Scharbach im Ausschuss Bildung, Kultur und Soziales berichtet, standen im September 2024, also nach Beginn des neuen Kindergartenjahres, 66 Kinder auf der Warteliste. Davon waren 31 Jungen und Mädchen unter drei Jahre alt. Einen Rechtsanspruch auf Betreuung besteht ab Vollendung des ersten Lebensjahres.

Das im Bau befindliche Kinderhaus am Schättlisberg soll Anfang 2025 in Betrieb gehen und Plätze für alle Altersgruppen anbieten. Wie viele genau, das hängt vom Zuschnitt der Gruppen und den Anmeldungen ab. Auf einem guten Weg sei man hier bei der Personalakquise, berichtet Scharbach. Sieben von zehn der ausgeschriebenen Stellen inklusive Leitung seien besetzt.

Diese neuen Angebote sind geplant

Dazu plant die Kindergarteninitiative Andreashof, zwei Naturgruppen für Kinder im Vorschulalter zu schaffen. Hier sei man mit den Verantwortlichen im Gespräch, so Scharbach. Weitere Entlastung soll der Neubau in Nesselwangen bringen, allerdings nicht vor 2026. Laut Ralf Scharbach besteht also weiter „dringender Handlungsbedarf“ beim „zeitnahen Ausbau von Betreuungsplätzen“. Dazu seien Personalbindungsaktivitäten, beispielsweise durch Qualifizierungen, angeraten.

Im Anschluss des detaillierten Vortrages erkundigt sich Ulf Janicke (LBU/Grüne), warum die ausgeschriebenen Stellen für hauswirtschaftliche Hilfskräfte so schwer zu besetzen seien. Das läge an den Arbeitszeiten, jeweils in der Mittagszeit, da Interessenten oft selber Kinder hätten.

Günter Hornstein (CDU) erkundigt sich, warum die angekündigte Evaluation des Portals Little Bird nicht stattgefunden habe. Die interaktive Verwaltungssoftware wurde im Herbst 2022 in Betrieb genommen und dient den Eltern unter anderem zur Anmeldung ihrer Kinder. Ralf Scharbach gibt Auskunft, dass die Überprüfung wegen einer gerichtlichen Auseinandersetzung verschoben werden müsse.

Nur eine Klage durch Eltern gegen die Stadt

„Wäre eine Streuung und Verteilung von Kindern mit Migrationshintergrund auf die Einrichtungen nicht förderlich für die Integration?“, fragt Franz Dichgans (CDU). Da die Wahl der Einrichtung bei den Eltern liege und die Plätze nach einem Punktesystem vergeben werden, sei das nicht möglich, antwortet Scharbach.

Thorsten Peters (AfD) erkundigt sich, wie häufig der Rechtsanspruch eingeklagt werde. Hier antwortet OB Jan Zeitler: „Bisher nur einmal. Das ist hier relativ ruhig.“ Peters fügt an, dass ein Kitaplatz der Stadt viel Geld koste, und schlägt vor: „Vielleicht kann man Familien anbieten, gegen Geld zu Hause zu bleiben.“ Das werde so nicht umsetzbar sein, antwortet Ralf Scharbach leicht irritiert von dem Vorschlag. Ziel des Gesetzes sei es, die Eltern zu entlasten, deren Berufstätigkeit zu ermöglichen sowie die Kinder zu fördern und auf den Übergang in die Schule vorzubereiten.

Ralf Scharbach, Abteilungsleiter Bildung, Jugend und Sport
Ralf Scharbach, Abteilungsleiter Bildung, Jugend und Sport | Bild: Stadt Überlingen

Gebühren sollen um 7,1 Prozent steigen

Ums Geld geht es auch im weiteren Verlauf. Ralf Scharbach schlägt dem Gremium vor, die Benutzungsgebühren für die städtischen Kindertageseinrichtungen um 7,1 Prozent zu erhöhen. Grund für die erneute Anhebung der Elternbeiträge, die letzte fand im Juli 2023 statt, seien die allgemeine Kostenentwicklung und die gestiegenen Tarifabschlüsse. Angestrebt wird eine Kostendeckung durch Elternbeiträge von 20 Prozent.

Die Verwaltung schlägt zudem vor, eine neue Regelung in die Satzung aufzunehmen. Bisher mussten die Eltern den vollen Betrag entrichten, auch wenn wegen Krankheit oder Personalmangel die Einrichtung an mehreren Tagen geschlossen wurde. Das hat schon für viel Unmut bei betroffenen Eltern gesorgt. Der Ausschuss stimmt neben der Erhöhung der Beiträge ab Januar 2025 auch für die neue Regelung. Diese besagt, wenn die Betreuung in der Kita an mehr als fünf aufeinanderfolgenden oder insgesamt zehn Tagen im Monat nicht stattfinden kann, wird die Gebühr anteilsmäßig reduziert. Final entscheidet der Gemeinderat über die Gebührenerhöhung in seiner Sitzung am 23. Oktober.

Angesichts der Gebühren erkundigt sich Andreas Liebich (FDP) nach Hilfe für sozial schwache Familien. Wer Bürgergeld oder Wohngeld beziehe, könne einen Antrag auf Übernahme durch den Landkreis stellen, gibt der Abteilungsleiter Auskunft.

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Ausschussmitglieder befürworten neue Regelung

Bei der Diskussion ergreifen vor allem die neuen Mitglieder des Gremiums das Wort. Christian Sellerbeck (FWV/ÜfA) findet die Regelung, für weniger Betreuung auch weniger zu zahlen, gut und überfällig. Franz Dichgans (CDU) wünscht sich mehr Infos über die Zahlen und wie sich die Kalkulation zusammensetzt. Ralf Scharbach sagt eine detaillierte Aufstellung bis zur beschließenden Gemeinderatssitzung zu. Kirsten Stüble (SPD) tut sich schwer mit der Kostensteigerung für Eltern und wünscht sich für die Zukunft einen anderen Ansatz, wie beispielsweise eine Erhöhung der Grundsteuer zum finanziellen Ausgleich.