Die Stadt geht neue Wege bei der Suche nach pädagogischen Fachkräften. Sie hat ein Video produziert, in dem Mitarbeiterinnen und ein Mitarbeiter der städtischen Kinderhäuser erklären, warum sie ihren Beruf gerne ausüben. Das wirkt offenbar ansteckend.
Das Problem
Der Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen hat in den vergangenen zehn Jahren bundesweit zu einer steigenden Nachfrage geführt: Die Zahl der zu betreuenden Kinder nimmt zu, die Zahl der Erzieherinnen und Erzieher steigt aber nicht in erforderlichem Maße. Das geht aus Zahlen der Agentur für Arbeit vor. Es wird immer schwerer für die Kommunen, geeignetes Personal zu finden. Gerade dann, wenn, wie in Überlingen, dem Bedarf gemäß immer mehr Betreuungsplätze gebaut werden. Bundesweit ist die Zahl der betreuten Kinder bis 14 Jahre von 2013 bis 2023 um 754.000 auf 4,1 Millionen gestiegen. Wie weiter aus Daten des Statistischen Bundesamtes hervorgeht, hat insbesondere die Betreuung von Kindern unter drei Jahren zugenommen: in zehn Jahren um 44 Prozent beziehungsweise 260.000 Kleinkinder.
Die Idee
Hintergrund ist der Rechtsanspruch für Kinder unter drei Jahren auf eine Betreuung in einer Einrichtung oder Tagespflege. Er gilt seit 2013. Seitdem stehen die Kommunen in stärkerer Konkurrenz ums Personal. Und hier nun fährt Überlingen dreigleisig: Erstens soll ein Video Interesse wecken und auf sympathische Weise einen Eindruck von heiler Kindergartenwelt vermitteln. Zweitens gibt es neu gebaute Kindergärten, die schon allein aufgrund der Räumlichkeiten eine Wohlfühlatmosphäre zaubern sollen. Und drittens wird die Kontaktaufnahme von Bewerberinnen und Bewerbern zu ihrem potenziell neuen Arbeitgeber radikal vereinfacht – das Abschicken eines ersten Schreibens dauert online „nur 60 Sekunden“, wie es auf der Homepage der Stadt Überlingen heißt.
Die Umsetzung
Die Stadt produzierte ihr Recruiting-Video, wie es in der Fachsprache heißt, in Zusammenarbeit mit der Überlinger Agentur LE Marketing. Deren Co-Geschäftsführer Florian Ehmke sagt, dass der Film aufzeige, wie sinnstiftend die Arbeit in einem Kinderhaus ist. In der Vorbereitung zu den Dreharbeiten sei schnell klar geworden, dass es keinen externen Sprecher braucht, sondern die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter authentisch ihre eigene Geschichte erzählen. Auch Kinder kommen zu Wort und erklären, was sie von einer Erzieherin oder einem Erzieher erwarten. Ehmkes Agentur begleitet auch in anderen Fällen Recruiting-Prozesse, er nennt das Beispiel Vianney-Hospital in Überlingen, wo über ein Video erfolgreich Pflegekräfte gefunden worden seien. Ehmke: „Es gingen 190 Bewerbungen ein, die zu 30 bis 40 Einstellungen geführt haben. Das Video ist auf der Homepage der Stadt Überlingen abrufbar und verlinkt zu einem Bewerbungsportal.
Das Fazit
Wie Oberbürgermeister Jan Zeitler im Gemeinderat nun berichtete, gibt es für das neue Kinderhaus am Schättlisberg, das Anfang 2025 an den Start geht, sechs Zusagen von Erzieherinnen. Für die Besetzung von vier weiteren Stellen fänden Gespräche statt. In Nußdorf, am Burgberg und Lippertsreute seien alle Stellen besetzt beziehungsweise seien zuletzt neue Kräfte eingestellt worden. In Nesselwangen sei eine Stelle unbesetzt, hierfür gebe es aber im Oktober ein Vorstellungsgespräch. Im Kinderhaus Sankt Angelus sei die größte Vakanz mit aktuell vier Stellen. Die Betreuung werde momentan mit „Springerkräften“ gesichert.
Weiterhin sagte Zeitler, dass „eine Menge Bewerbungsverfahren am Laufen“ seien und freie Stellen besetzt werden könnten. Neben dem sogenannten Recruiting-Film könnten die teils neuen Häuser als ein weiteres Plus bei der Stellensuche verbucht werden. Zeitler: „Neue attraktive Kinderhäuser sorgen dafür, dass wir neue Kolleginnen und Kollegen finden.“ Pressesprecherin Miriam Lara Robertus ergänzt: „Der Film hat uns geholfen, einen breiteren Kreis an potenziellen Bewerbern anzusprechen, und wir freuen uns bereits über die ersten Erfolge.“ Mit der kommenden Krankheitswelle rechnet die Stadt wieder mit personellen Engpässen in den Einrichtungen. „Wir nehmen daher kontinuierlich Bewerbungen entgegen.“