Kommt jetzt der große Wurf? In den vergangenen Jahrzehnten diskutierte Überlingen schon viele große Lösungen zur Verkehrsberuhigung, das meiste davon verlief im Sande. Im Sommergespräch mit Oberbürgermeister Jan Zeitler und Bürgermeister Thomas Kölschbach geht es um große Lösungen, aber auch um erwartbaren Ärger für manche Anwohner.

Oberbürgermeister Jan Zeitler jedenfalls hegt neue Hoffnungen. „Wir gehen den ersten Schritt Richtung Verkehrsberuhigung, ein Thema, um das wir seit 30 bis 40 Jahren kreisen. Jetzt wird‘s konkreter: Ein Durchqueren der Altstadt für den Individualverkehr ist damit nicht mehr ohne Weiteres möglich.“

Bild 1: Endlich eine verkehrsberuhigte Innenstadt?
Bild: Schönlein, Ute

Zeitler spricht damit auf die geplante Sperrung von Westen her an. Ein Kreisverkehr an der ehemaligen Marienapotheke, neben der Kapuzinerkirche, soll es richten. Ab hier dürfte man dann, wenn man von Westen kommt, nicht mehr in die Jakob-Kessenring-Straße einfahren, sondern nur noch retour: Zurück in Richtung Therme und möglichst raus aus der Stadt. Bürgermeister Kölschbach kündigte für Spätherbst erste Entwürfe im Gemeinderatsausschuss an.

Poller soll ans Franziskanertor

Wer vom ersten Schritt spricht, denkt auch den zweiten. Zeitler: „Ich träume von einer Pollerlösung am Franziskanertor. Zu gewissen Zeiten fährt man dann nicht mehr in die Altstadt. Von mir aus kann es schnell gehen. Ich treibe in der Sache und bin davon überzeugt, dass es unserer Stadt hilft.“ Warum nur eine zeitweise Sperrung der Franziskanerstraße? Zeitler macht hier Zugeständnisse an die Einzelhändler. „Wir müssen anerkennen, dass der Einzelhandel im Winter darauf angewiesen ist, dass die Kunden in die Innenstadt einfahren können.“

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Baubürgermeister Kölschbach ist seit gut 100 Tagen im Amt. Zeitler sagte im Interview über ihn: „Gut, dass wir uns so gut ergänzen und so gut zusammenarbeiten.“ Der beurteilt die Verkehrsberuhigung folgendermaßen: „Die Leute sagen mir, dass in der Altstadt zu viel Verkehr herrscht. Wir brauchen Ruhe. Ich als gelernter Stadtplaner muss aber auch Sorge dafür tragen, dass die Altstadt als Wohnquartier seine Qualität behält.“ Weiter sagte Kölschbach: „Unser gemeinsames Ziel ist es, Wohnen, Einzelhandel, Dienstleistung und das kleine Gewerbe unter einen Hut zu bringen. Wir sind die Stadt der kurzen Wege. Wir haben aber auch den Kollaps und müssen gegensteuern.“

Die neue Stadtautobahn nie richtig gefeiert?

Zur großen Verkehrslösung trägt in den Augen Zeitlers vor allem die Eröffnung der neuen B 31 bei, wodurch die alte Strecke als eine Art Stadtautobahn im Halbkreis um Überlingen herum genutzt werden kann. Eröffnung war im Juli 2019: „Wir haben mit der Eröffnung der neuen Bundesstraße eine innerörtliche Entlastungsstraße bekommen – ein Riesengewinn. Der Verkehr in der Lippertsreuter Straße hat sich enorm verringert. Das haben die Bürgerinnen und Bürger noch gar nicht so richtig gefeiert.“

Diese Tangenten führen nach Überlingen.
Diese Tangenten führen nach Überlingen. | Bild: Schönlein, Ute

Überlingen verfügt von West nach Ost über viele Zufahrtsstraßen: Brünnensbach, Aufkircher Straße, Owinger Straße, Lippertsreuter Straße, sowie den Knoten Rengoldshausen und Nußdorf. Hier soll es eine gerechtere Verteilung geben. Kölschbach: „Die Lippertsreuter Straße muss zwar immer noch viel aufnehmen, der Verkehr soll sich aber auf die anderen Abzweigemöglichkeiten besser verteilen.“ Es sei deshalb ein Umbau der Lippertsreuter Straße geplant, der Autofahrer eher ausbremsen und Fahrradfahrer stärken soll.

Konflikte mit den Anliegern vor allem der Owinger Straße sind programmiert. Zeitler: „Die Owinger Straße wäre eigentlich ein perfekter Anschluss an die B 31-neu. Im unteren Bereich gibt es aber nach wie vor den Flaschenhals. Den wollen wir öffnen, wenn die Grundstücksverhandlungen abgeschlossen sind und der Ausbau erfolgt ist. Unser Ziel ist es, alle Äste, also Lippertsreuter Straße, Owinger Straße und Aufkircherstraße, als Stadteinfahrt gleich verteilt zu bedienen.“

OB fordert Solidarität von den Anliegern

Das erfordere allerdings Solidarität der ganzen Stadtgesellschaft. Zeitler: „Wir können nicht immer den ganzen Verkehr über die Lippertsreuter Straße führen, auch die Aufkircher Straße hat nur begrenzte Kapazitäten.“ Bei der Owinger Straße stehen noch Verhandlungen mit den Eigentümern an, die im Zweifel den Umbau erst zahlen müssen, um dann mehr Verkehr zu ertragen. „Wir wissen um den Erschließungsbeitrag, den die Anlieger leisten müssen, weil die Straße noch nicht erstmalig und endgültig hergestellt wurde. Deshalb müssen wir das richtige Maß finden, damit wir nicht zu viel und zu teuer bauen.“

Die fälligen Anliegergebühren begründet der OB, und versucht, den Eigentümern dort einen Umbau schmackhaft zu machen: „Wir sind als Stadtplaner dem Allgemeinwohl verpflichtet. So wie sich die Owinger Straße jetzt darstellt, kann sie auch unter dem Aspekt der Verkehrssicherheit, nicht bleiben.“