Helle Aufregung herrscht in dieser Überlinger Stube des Jahres 1900, die auf der Bühne des Kursaals beim 125. Jubiläum des Frauenkaffees aufgebaut ist. Eine Dame nach der anderen trifft ein – etwas Bahnbrechendes ereignet sich: Der erste Damenkaffee wird veranstaltet! So groß ist der Andrang, dass die Gastgeberin erklärt: „Wenn das so weitergeht, können wir den Damenkaffee nicht mehr in meiner Stube abhalten.“ Vielleicht, überlegt eine andere, sollte man doch mal in eine Wirtschaft? Aufgeregtes Getuschel wird laut. Frauen in einer Wirtschaft! Ungeheuerlich! „Gange mer da net a weg z‘weit?“ Die Damen sind sich einig: Man kann nur hoffen, dass doch einer mal einen Kursaal baut, und versprechen sich: „Wenn wir dran bleiben, feiern wir unser 125-Jähriges im Kursaal.“ Das wäre dann nach Adam Riese und Eva Zwerg im Jahr 2025.
OB Jan Zeitler im Anusch gesichtet
Doch noch ist es nicht so weit, noch sorgt eine Oberbürgermeisterwahl für Wirbel auf der Bühne. Auch, wenn die Damen das Wahlrecht bislang nicht haben und bewundernd nach England äugen, wo die Suffragetten um selbiges kämpfen, erregt die Wahl die Gemüter. Es kandidieren der Coiffeur, der Sattler, ein Advokat, ein Biobauer von weit hinter Bonndorf und der bisherige Amtsinhaber. Am besten nehme man den, „dann weiß man, was man hat. Oder nicht hat.“ Die Damen raunen sich zu: „Neulich war er sogar im Anusch.“ Jubel folgt diesen Worten, doch später, zurück in der Gegenwart und damit beim Frauenkaffee des Jahres 2025, wendet sich Gesamtleiterin Beate Braun direkt an den frisch wiedergewählten OB Jan Zeitler und sagt: „Seien Sie doch nicht immer so korrekt. Gond Sie doch mal a bissle aus sich raus. S‘ derf doch auch mal was passiere.“
Was die Webcam auf dem Münster offenbart
Schließlich müssen die Damen Stoff für den Frauenkaffee sammeln – für solche Szenen wie jene aus dem Jahr 1900. Und wenn der OB keine Vorlage liefert, was soll man denn dann tun? Die Webcam auf dem Münsterturm, da sind sich Heidrun Dett und Marga Lenski einig, bringt nicht viele Erkenntnisse. Aber immerhin könne man nachsehen, ob der Belag der Lindenstraße ausgetauscht wurde. „Wenn man da mit dem Fahrrad durchfährt, muss man die Zähne zusammenbeißen, dass man sie nicht verliert“, sagt Lenski.
Eins sehen die Damen durch die Webcam aber: Vor dem „Cristallo“ steht nun ein Strandkorb. Mit Schild „OB Bürgerlounge.“ Öffungszeiten sind noch keine zu finden. „Ob die neue Webcam denn auch nach Markdorf kommt, wenn sie uns unsere Seelsorgeeinheit wegnehmen?“, sorgt sich Moni Madlener. Eine schreckliche Vorstellung findet Lenski: „Das sind ja 30 Kilometer, dann wird die noch unschärfer.“
Mückenplage wird närrisch thematisiert
Auch Thema bei diesem abwechslungsreichen und schauspielerisch großartigen Frauenkaffee: Die Mückenplage im zurückliegenden verregneten Sommer. Die Touristen bleiben aus, doch die Mücken finden trotzdem Nahrung. Zum Beispiel beim „All you can eat buffet“ (Michaela Zscherp) beim Public Viewing. Die legendäre Frau Maier-Bödefeld (Elke Wigger) ist natürlich auch wieder dabei. Dieses Mal mit gleich drei neuen Hobbys: Eisbaden, Hobby-Horsing und Waldbaden. „Wenn man einmal auf so einem Hobby-Horse geritten ist, kann man sich ein Leben ohne Steckenpferd nicht mehr vorstellen.“

„Acht neue Gmondrat“ und doch keine Frau als OB
Paula (Martina Geiger), die im letzten Frauenkaffee ankündigte, sich als OB-Kandidatin aufstellen zu lassen, dann aber Angst vor ihrer eigenen Courage bekam, wird von ihren Freundinnen getröstet: „Mit den allefänzigen Überlingern muss man auch erst fertig werden.“ Und dieses Gerenne als OB! „Nach Lippertreute nüber, ge Bamberge num, nach Nußdorf nab.“
Außerdem müsse Überlingen jetzt schon „Stugga acht neue Gmondrot“ verkraften. „Aber eine Frau als OB hätte Überlingen schon mal wieder gutgetan.“ Jubel im Publikum. Letztlich entscheidet man sich im Holoch, einen Joint zu rauchen. Das sei „Pilgern für Dahombliebene.“ Ist das auch erlaubt? Naja. Hauptamtsleiter Manfred Schlenker, so die Frauen, suche noch den richtigen Paragrafen, nach dem man das Rauchen von Cannabis in der Stadt verbieten könne. Eine Anspielung auf die Ereignisse im vergangenen Jahr.
Weißer Marmor für die Bushaltestellen
Schließlich kommt Ingo Wörner (Natascha Kramar-Sauer) herbeigefahren, um die Fertigstellung der zahlreichen Bushaltestellen mit einer Würstchen-Party zu feiern. Die verbauten Materialien gefallen ihm aber nicht. „Unser Überlingen verdient Besseres.“ Ihm schwebt weißer Marmor vor. Und während Wörner träumt: „Am Ende wird Überlingen die schönste Stadt der Welt – wie Rom“, sagt die eigens angereiste Dame der Bauaufsicht aus Brüssel (Angelika Morath-Müller) angesichts der vielen Baustellen: „Eher ein zweites Pompeji.“
Jubiläum endet mit Konfetti statt Feuerwerk
Das große Finale: Was die Damen von 1900 einst erträumten, ist wahr geworden. Es gibt einen Kursaal. Und hier wird der Damenkaffee gefeiert. Ein Feuerwerk zu Ehren des Jubiläums? Schön wäre das. „Aber der Wagner vom Ordnungsamt hat mir ja schon für den Kartenverkauf Security aufdrängen wollen“, wendet Moni Madlener ein. Das Feuerwerk ist letztlich aus Konfetti. Und einem Feuerwerk gleicht auch der Tanz unter der Leitung von Ute Schröder. In Glitzer und Glamour ziehen die Akteurinnen zu der fulminanten Musik von „Cellolitis“ durch den Kursaal. Das Publikum, darunter Landesmutter Gerlinde Kretschmann, dankt mit Standing Ovations und Beate Braun gibt noch einen Wunsch mit auf den Weg: „Am Samstag zur Firstlady und Sabine Becker auf den Wochenmarkt gehen. Für die Demokratie. Und am Sonntag wählen.“