Marco Hummel steht dort, wo er hingehört – als Dirigent der Guggevamps inmitten seiner Musikerinnen und Musiker. Er dirigiert den Bon-Jovi-Klassiker „It‘s my life“, speziell für die Guggenmusik arrangiert – also krachend und ein bisschen schräg. Mehr als 40 Blechbläser und Schlagzeuger legen auf sein Kommando hin los. Nur: Hummel steht bei sich zu Hause. Sein Orchester ist verteilt auf 40 Wohnungen. Die Kombo trifft sich virtuell.
Aus diesem musikalischen Aufeinandertreffen entstand ein Video, mit dem sich die Überlinger Guggenmusik „Guggevamps“ neben zahlreichen anderen Gruppierungen am Fastnachts-Videowettbewerb des SÜDKURIER beteiligt. Alle, die im SÜDKURIER-Land die Fastnacht vermissen, können sich in den Wettbewerb einklinken. Denn, wenn schon keine Treffen an der Fastnacht möglich sind, dann soll wenigstens die Stimmung auf diesem virtuellen Wege hochgehalten werden. Wie es geht, lesen Sie hier.

Tanja Held und Marco Dörr sind aktive Mitglieder im Vorstand der Guggevamps, Held als Schriftführerin, Dörr als der zuständige Mann für alles Technische. Im Gespräch mit dem SÜDKURIER erklären sie, was sie zur Teilnahme an dem Wettbewerb motivierte, an dem über 100 weitere Gruppierungen ebenfalls mit dabei sind.
„Das ist eine tolle Aktion“, sagt Tanja Held. „Die Leute, die traurig sind, dass es keine Fastnacht auf der Straße gibt, können sie sich nach Hause holen. Sie können sich daheim tolle Videos anschauen, und das alles ganz corona-konform.“
So stimmen Sie für Ihren Favoriten ab
Gut für die Motivation im Verein
Die Guggevamps nehmen nicht nur wegen ihrer Außenwirkung an dem Wettbewerb teil, nach dem Motto: „Hurra, wir sind noch da!“ Nein, sagt Tanja Held, die Erstellung des Videos sei auch für die vereinsinterne Moral hilfreich. „Das bringt Motivation für unsere Mitglieder, wieder zum Instrument zu greifen. Der Ansatz für die Bläser soll ja auch nach Corona noch da sein.“
Der technische Aufwand hinter dem Video
Es ist nicht das erste Musikvideo, das die Guggevamps erstellen. Der Aufwand, sagt Marco Dörr, sei aber jedes Mal enorm. Die Noten liegen den Musikerinnen und Musikern digital vor, Tempo und Takt werden über eine „Midi-Datei“ vorgegeben, jetzt muss noch genau auf die Zeichen von Dirigent Marco Hummel geachtet werden. Dass dabei der ein oder andere außerhalb des Taktes spielt, kommt natürlich vor. Im Fortissimo auf der Straße wird das übertönt, so Dörr. Doch beim Abmischen, mit Kopfhörer auf den Ohren, hört man die Fehltöne ganz genau. Sie könnten aber beim Abmischen dieser riesigen Datei mit ihren zig Einzelvideos und Tonspuren etwas herausgefiltert werden.
8000 Mal angehört
Der Aufwand lohnt sich, sagt Marco Dörr. Nachdem die Guggevamps mit den Seegumpern, der zweiten großen Guggenmusik aus Überlingen, im Sommer gemeinsam ein Monstermusikvideo produzierten, ging es virtuell durch die Decke. „Wir haben damit über 8000 Leute erreicht.“ Und so sind sie optimistisch, auch beim SÜDKURIER-Videowettbewerb auf große Unterstützung und Begeisterung zu stoßen.
Tanja Held, die Tochter der Schifffahrtsunternehmer Susanne und Thomas Held, sieht „mit Wehmut“, dass sie an dieser Fastnacht nicht mit ihren Instrumenten durch die Straßen ziehen können. „Normalerweise wären wir jetzt jedes Wochenende unterwegs.“ Sie spielt Tenorhorn, auch in der Stadtkapelle. Das Musizieren in den Orchestern fehlt ihr. „Aber von uns allen ist das Verständnis dafür da, dass es in diesem Corona-Jahr nicht funktioniert.“
Jüngste Kapitänin auf dem Bodensee
Tanja Held gilt als die jüngste Kapitänin in der Personenschifffahrt auf dem Bodensee. Sie sagt zur Produktion des Musikvideos: „Mit solchen Aktionen können wir darauf hinarbeiten, dass es irgendwann wieder gut klingt, wenn wir uns in der ganzen Grupp treffen.“
Marc Dörr studiert Elektrotechnik an der Hochschule in Konstanz, nebenberuflich arbeitet er als Matrose auf den Schiffen der Helds. Bei den Guggevamps spielt er Posaune. Das hat er sich selbst angeeignet. Die Guggvamps sind seit zehn Jahren ein eingetragener Verein. Sie zählen mittlerweile 45 bis 50 aktive Mitglieder. Dörr: „Durch die Guggenmusik habe ich erst den Zugang zum Musizieren gefunden.“ Einen Sommer lang übte er auf der Posaune, „in der nächsten Saison konnte ich schon mitspielen.“
Jeder macht sich seine Fastnacht eben selbst, so gut es geht. So stimmten Tanja Held und Marco Dörr beim Fotoshooting mit dem SÜDKURIER kurz den Überlinger Narrenmarsch an. Thomas Held ließ dazu das Nebelhorn am Schiff ertönen.