„Wir stehen zur Demokratie, wir stehen für das Miteinander, wir wollen nicht schweigen, sondern unsere Frauenpower nutzen, um uns einzubringen gegen Hetze und Spaltung“, sagt Annette Stoll-Zeitler. „Und wir wollen unsere demokratischen Volksvertreter im Bundestag durch unsere Stimme stärken.“ Jubel folgt ihren Worten.
Drei Tage zuvor war zwischen der Frau des Oberbürgermeisters und Sylvia Kruse-Baiker, am Rande von Zeitlers Vereidigung, die Idee entstanden, dass man etwas tun müsse, um die Demokratie zu stärken – gerade als Frau in einer Stadt, in der eine Frau namens Alice Weidel gemeldet ist. Den beiden war schnell klar: „Wir brauchen einen Stand am Samstag auf dem Markt.“ Der war schnell organisiert und fand regen Zuspruch. „Das ist eine superspontane Aktion, die wir da gemeinsam hingekriegt haben“, sagt Stoll-Zeitler, die aber auch einen Auftrag an die Bundesregierung hat: „Wir erwarten von euch, dass ihr euch miteinander für Lösungen einbringt.“
Über Parteigrenzen hinweg zusammenstehen
Nun ergreift Sylvia Kruse-Baiker das Wort: „Und unser erstes Postulat: wählen gehen. Wenn die Wahlbeteiligung hoch ist, hat die Demokratie einfach bessere Chancen.“ Sie sei „wirklich geflashed“ darüber, wie viele Frauen dem Ruf gefolgt sind – und überglücklich, dass Sabine Becker, ehemalige Oberbürgermeisterin und Ehefrau vom Landtagsabgeordneten Martin Hahn, gleich ihre Teilnahme zusagte. Denn das war für die beiden Initiatorinnen sofort klar: Dass Sabine Becker unbedingt dazugehört. Auch Stoll-Zeitler betont noch einmal, wie glücklich sie über Beckers Erscheinen ist: „Wir wollen als Frauen, verbindend und über Parteigrenzen hinweg, zusammenstehen.“
Sabine Becker hält ihrerseits eine flammende, umjubelte Rede. „Mir geht es darum, dass wir unsere Demokraten unterstützen und unsere Freiheit verteidigen“, sagt sie. „Man darf nicht den Parolen Glauben schenken, die die AfD zum Beispiel in Sachen Freiheit von sich gibt. Die Freiheit soll nur ganz gewissen Personen vorbehalten sein und wir werden die Freiheit dann nicht mehr leben können, wie wir sie kennen. Dieses ‚Wehret den Anfängen‘ war nie wichtiger als jetzt.“ Und es sei eben wichtig, deutlich zur Demokratie zu stehen, damit auch der Ton ein anderer wird, „denn der Ton, der zurzeit in den Gremien herrscht, ist eingebracht worden von der AfD und von keinem anderen“.
Verbaler Schlagabtausch mit der AfD
Während sie spricht, hat ebenjene AfD, die ebenfalls einen Stand auf dem Markt hat, die Frauen ins Visier genommen. Zwei AfD-Vertreter umkreisen die Gruppe schimpfend und halten ihre Plakate hoch. Es kommt zum kurzen Schlagabtausch, dann verziehen sich die Herren wieder und andere, wesentlich willkommenere Gruppierungen besuchen den Stand. Die Omas gegen Rechts zum Beispiel. Und ein paar Frauen vom Frauencafé kommen auch noch dazu. „Ich finde es super, dass ihr Frauen euch für die Demokratie starkmacht“, ruft ein Mann im Vorübereilen.
Auch Andreas Kruse ist gekommen. Der Psychologe und Gerontologe ist ein namhafter Unterstützer der Demokratie und erklärte sich sofort bereit, am kommenden Samstag einen Vortrag zu halten. Er ist begeistert von der Aktion, die seine Frau mit initiiert hat: „Das ist eine Botschaft. Die demokratischen Parteien miteinander und die Freude an der Demokratie. Diese Aktion finde ich ausnehmend gut.“ Gerade, dass Frauen sie initiieren, um Alice Weidel starke Stimmen entgegenzusetzen. An die Adresse der Bundestagsabgeordneten sagt er: „Bereits die Art und Weise, wie miteinander die politische Auseinandersetzung geführt wird, halte ich für ungemein bedeutsam.“

Mehr Wertschätzung im Umgang miteinander
Auch Stadträtin Bernadette Siemensmeyer wünscht sich „für uns alle und für die Demokratie, dass wir wieder mehr Wertschätzung zeigen“. Man solle nicht wütend auf andere sein, sondern versuchen, sachliche Lösungen zu finden. „Das ist mir ganz wichtig, deswegen bin ich auch heute hier.“ Elke Bittrich, pensionierte Schulleiterin, hat noch einen dringenden Rat: „Wir müssen auf die Jugend zugehen. Für sie ist die Demokratie etwas Selbstverständliches, sie wissen nicht, was Demokratie bedeutet und dass wir sie täglich verteidigen müssen.“ Und sie betont: „Die Jugend muss zum Wählen gehen. Denn es ist ihre Zukunft, die gewählt wird. Und die Demokratie steht auf wackligen Beinen. Bitte denkt daran, ihr Jugendlichen!“