Platz 10. Christoph Hein: „Das Narrenschiff“ (Suhrkamp, 750 S., 28 Euro)

„Das Narrenschiff“
„Das Narrenschiff“ | Bild: Suhrkamp


Wie das zarte Pflänzlein Idealismus in den Jahren nach Gründung des zweiten deutschen Staates schrecklich schnell verkümmert, das zeigt der große Chronist der DDR, Christoph Hein, in seinem figurenreichen Gesellschaftsroman über Mitläufer, Denunzianten und die schrecklich seltene Ressource Rückgrat.

Platz 9. Andrea Sawatzki: „Biarritz“ (Piper, 160 S., 22 Euro)

„Biarritz“
„Biarritz“ | Bild: Piper

Andrea Sawatzki schreibt keinen harmlosen Unterhaltungsroman über eine demenzkranke Mutter im Pflegeheim und ihre bindungsunfähige Tochter: „Nachdem meine Mutter zum wiederholten Mal nackt und in Todesangst durch die Gänge des Heims geirrt war und alle Patienten durch ihr Geschrei geweckt und in Aufruhr versetzt hatte, stellte die Heimleitung mich vor die Wahl, sie entweder in die Psychiatrie zu überweisen oder zu sedieren.“ Je weiter ich las, um so mehr bewunderte ich Sawatzkis Studie einer komplexen Mutter-Tochter-Beziehung und ihre Auseinandersetzung mit Fragen von Klassismus, Konformismus und all dem, was uns ein Leben lang prägt.

Platz 8. Takis Würger: „Für Polina“ (Diogenes, 304 S., 26 Euro)

„Für Polina“
„Für Polina“ | Bild: Diogenes

Takis Würger löst mit seinen Romanen regelmäßig Schnappatmung im deutschen Feuilleton aus. Dafür gibt diese mit leichtem Anschlag erzählte Liebesgeschichte um den Pianisten Hannes und seine Traumfrau Polina keinen Anlass – im Gegenteil: sie hat das Zeug zum Evergreen.

Platz 7. Heinz Strunk: „Kein Geld Kein Glück Kein Sprit“ (Rowohlt, 192 SA. 23 Euro)

„Kein Geld, kein Glück, kein Sprit“
„Kein Geld, kein Glück, kein Sprit“ | Bild: Rowohlt

Wenn ein Schriftsteller ein Brillengestell mit den Worten „ein Überbleibsel aus den Zeiten des Warschauer Paktes“ beschreibt, dann weiß man, dass man in den Händen eines meisterlichen Erzählers ist und dieser Band mit Short Stories ein Glücksfall.

Platz 6. Julia Engelmann: „Himmel ohne Ende“ (Diogenes, 336 S., 25 Euro)

„Himmel ohne Ende“
„Himmel ohne Ende“ | Bild: Diogenes

Diesem Coming-of-age-Roman über die 15-jährige Charlie Neumer brechen am Ende all die darin aufgehäuften Binsenweisheiten das Genick, etwa: „Die Erde ist groß, und es gibt so viele Menschen darauf. Und trotzdem teilen wir alle den gleichen Himmel.“ Und selbst wer endlich das Ende dieser hirnlosen Geschichte erreicht, dem klingen die Plattitüden der Erzählerin noch lange in den Ohren. In den Worten Charlies: „Weil ja jedes Aufhören bloß eine Form von Anfangen ist. Und man auch seinem Leben ein neues Leben anfangen kann, jederzeit, wenn man will.“

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Platz 5. Gaea Schoeters: „Das Geschenk“ (Deutsch von Lisa Mensing, Zsolnay, 144 S., 22 Euro)

„Das Geschenk“
„Das Geschenk“ | Bild: Zsolnay


Stellen Sie sich vor, der Präsident Simbabwes macht mit seiner Drohung ernst und schickt 20.000 Elefanten nach Deutschland. Natürlich ist dies eine blitzgescheite, unverschämt amüsante Geschichte über eine Migrationskrise – und nebenbei eine profunde und einsichtsreiche Satire auf den internationalen Politikbetrieb.

Platz 4. Andreas Eschbach: „Die Auferstehung“ (Kosmos, 448 S., 25 Euro)

„Die Auferstehung“
„Die Auferstehung“ | Bild: Kosmos

Zu den kuriosesten Phänomen des deutschsprachigen Buchmarkts zählt der viele Jahrzehnte umfassende Erfolg der ewig jugendlichen Detektive Peter Shaw, Bob Andrews und Justus Jonas alias „Die drei Fragezeichen“. Andreas Eschbach beschert ihnen nun ein gleichermaßen amüsantes und niveauvolles Comeback als Erwachsene. Sein Roman „Auferstehung“ ist ein großer Literaturspaß wie die Sherlock-Holmes-Pastiches aus den Federn Michael Chabons oder Julian Barnes.

Platz 3. Trude Teige: „Wir sehen uns wieder am Meer“ (Deutsch von Günther Frauenlob, Fischer, 396 S., 24 Euro)

„Wir sehen uns wieder am Meer“
„Wir sehen uns wieder am Meer“ | Bild: Fischer Verlag

Eine Norwegerin, die sich mit einem deutschen Besatzungssoldaten einläßt, eine ukrainische Zwangsarbeiterin in einer Fischfabrik, die sich in einen Kollaborateur verliebt, und eine Krankenschwester, die einen russischen Kriegsgefangenen versteckt und zur amerikanischen Spionin in Moskau wird: das sind die Protagonistinnen aus Trude Teiges mit reichlich Kitsch und Kolportage erzähltem Frauenroman.

Platz 2. Isabel Allende: „Mein Name ist Emilia del Valle“ (Deutsch von Svenja Becker, Suhrkamp, 359 S., 28 Euro)

„Mein Name ist Emilia del Valle“
„Mein Name ist Emilia del Valle“ | Bild: Suhrkamp

Die uneheliche Tochter einer irischen Nonne und eines chilenischen Adeligen verdient sich in den USA des 19. Jahrhunderts ihre ersten schriftstellerischen Sporen als Autorin von Groschenheftromanen und geht dann als Kriegsreporterin in den chilenischen Salpeterkrieg 1892. Was mit gutem Drive beginnt, versackt leider in Femikitsch schlimmster Sorte.

Platz 1. Beatrix Gerstberger: „Die Hummerfrauen“ (DTV, 395 S., 22 Euro)

„Die Hummerfrauen“
„Die Hummerfrauen“ | Bild: DTV


Der stärkste Charakter dieses Romans um drei Frauen auf einer Insel vor Maine ist ein zahmer Hummer namens Mr. Darcy. Die Freundinnen versuchen sich in der von Männern dominierten Hummerfischerei eine Existenz aufzubauen. Das Ganze liest sich wie eine von der KI geschriebene Panscherei aus Annie Proulx, Dörte Hansen und Delia Owens.