Überraschung! Er macht es also doch. Noch im Februar hatte Martin Hahn, der seit 2011 für die Grünen im Landtag sitzt und in Überlingen lebt, vehement abgewunken: Nein, eine Kandidatur für den Posten des Überlinger Oberbürgermeisters sei für ihn kein Thema. Damals war es kein Thema, jetzt sehr wohl.

Martin Hahn erklärt seine OB-Kandidatur Video: Hilser, Stefan

Am Freitag teilte Hahn in einer Pressekonferenz mit, dass er Überlingens Stadtoberhaupt werden wolle. Der 60-Jährige tritt bei der Wahl am 10. November gegen Amtsinhaber Jan Zeitler (54) an, der bereits am Jahresanfang bekundet hatte, dass er sich für eine zweite Amtszeit zu Wahl stellen will.

Hier sieht Hahn seine Stärken

„Empathiefähigkeit, Nähe zur Bevölkerung, ein absoluter Wille zuzuhören, und Mehrheiten für die Stadtentwicklung zu schmieden“, bezeichnete Hahn als seine Stärken. Zudem „Zielorientiertheit und Pragmatismus für Lösungen, die unserer Stadt helfen“. Seine Heimatstadt sei für ihn wie ein „Baby“. Und: „Überlingen liegt mir sehr am Herzen.“ Er sei überzeugt, dass das, „was ich als Mensch und als Politiker im Angebot habe, gut zu dem passt, was Überlingen brauchen kann“. Auf die Frage, ob er sich als „fleißig“ bezeichnen würde, antwortete Hahn: „Das ist keine Kategorie, die ich gerne benutze, sie ist nicht nur positiv besetzt. Ich würde mich als tüchtig bezeichnen. Darunter verstehe ich eine Kombination aus erfolgreich und fleißig.“

Das formuliert Hahn als seine Ziele

Als die drei wichtigsten Ziele für Überlingen nannte Hahn „ein intensiveres Verhältnis zu seinen Gewerbetreibenden und zum Handwerk“. Zweitens benötige Überlingen ein „Zielbild 2040“. Das wolle er nicht vorgeben, sondern mit den Bürgern gemeinsam entwickeln. Drittens sei es ihm „ein zentrales Anliegen, dem Ehrenamt mit Wertschätzung zu begegnen“. Sein Plan sei es nicht, mit einem vorgefertigten Programm in den Wahlkampf zu ziehen, vielmehr wolle er sich in der nächsten Zeit aufs Zuhören konzentrieren. „Fühlen, was die Stadtgesellschaft will.“

Martin Hahn am Freitag an der Uferpromenade in Überlingen. Zuvor hat er seine Kandidatur zur Oberbürgermeisterwahl bekannt gegeben.
Martin Hahn am Freitag an der Uferpromenade in Überlingen. Zuvor hat er seine Kandidatur zur Oberbürgermeisterwahl bekannt gegeben. | Bild: Hilser, Stefan

Umgang mit der Öffentlichkeit

Die politischen Unruhen Anfang des Jahres mit ihren Bauernprotesten hätten ihn das „Zuhören“ gelehrt. Bürgerbeteiligung heißt für ihn zwar nicht, dass jeder Wunsch erhört werde. Ihm gehe es um „das Anhören, und zwar frühzeitig“. Zum Thema Öffentlichkeit und Transparenz sagte er: „Es gibt klare Regeln, aber auch Grenzen, in denen abgewogen werden muss, ob das öffentliche oder schützenswerte private Interesse überwiegt. Im Zweifel würde ich eher die Öffentlichkeit einbinden. Die Erfahrung zeigt, dass es sich lohnt, es frühzeitig zu tun. Denn danach kann man ruhiger agieren.“

Hahn bezeichnet es als „ein Gesamtkunstwerk, nahe an den Leuten zu sein, sodass es nicht zu einer Entfernung zwischen Amtsträgern und den Menschen da draußen kommt“. Er kenne viele Leute in Überlingen. Ober er per Du mit ihnen ist oder per Sie, sei für ihn kein Kriterium. „Ich kann mit allen Tacheles reden.“ Weite sagte er: „Intensive Bindung zu den Bürgern ja. Aber Vetterleswirtschaft ist mir fremd. Verbindliche Strukturen und Klarheit im Handeln sind das, was eine Vetterleswirtschaft verhindert.“

Direkten Vergleich zu Zeitler zieht er nicht

Auf die Frage, was er anders oder besser als Amtsinhaber Jan Zeitler machen wolle, antwortete Hahn: „Das ist für mich nicht die zentrale Frage. Ich gehe von meinen Qualitäten aus, die ich einbringen kann. Das sind Empathie und Nähe zur Bevölkerung, und ein Interesse an den Menschen. Herr Zeitler hat seine Qualitäten, er hat andere Qualitäten, in meiner Bewerbung geht es aber um mein Angebot. Andere zu werten, ist nicht mein Ding.“

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Das motiviert ihn zum OB-Posten

Hahn kommt aus der Landwirtschaft, in einer Verwaltung arbeitete er nie. Als Landtagsabgeordneter habe er, im Umgang mit Ministerien, Behörden und Ämtern, gelernt, „wie Verwaltungsprozesse funktionieren“. Hahn weiter: „Das Schöne am Amt des Oberbürgermeisters ist es, dass man auf der einen Seite mit dem Gemeinderat gemeinsam etwas beschließt, und gleichzeitig die Umsetzung mitgestalten kann.“ Der zweite Schritt habe ihm in seiner Arbeit als Abgeordneter gefehlt.

Als Chef über die Stadtverwaltung wäre es ihm ein zentrales Anliegen, den Beschäftigten „Sicherheit“ zu vermitteln. „Das habe ich gelernt: Die Beschäftigten finden wesentlich ihre Sicherheit im Agieren, wenn die Leitungsebene klar hinter ihnen steht und das mitträgt, was sie verantworten.“

Schon 2008 mit dem Gedanken gespielt

Der Grund für Hahns Abschied aus dem Überlinger Gemeinderat war damals seine Liaison mit Oberbürgermeisterin Sabine Becker, beide waren sich 2009 näher gekommen und hatten am 30. Dezember 2016 geheiratet. Becker war Rathaus-Chefin von 2009 bis 2017, bevor sie vom jetzigen Amtsinhaber, Jan Zeitler, aus dem Amt gekegelt wurde.

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Bei der Oberbürgermeisterwahl 2008, OB Volkmar Weber trat zu keiner zweiten Amtszeit an, erklärte Hahn sein starkes Interesse an einer Bewerbung und sagte dann erst nach langer Bedenkzeit schließlich doch noch ab. Wie er heute mitteilte, seien damals familiäre Gründe ausschlaggebend gewesen, nicht zu kandidieren. Nach seiner Wahl zum Landtagsabgeordneten verpachtete er seinen Demeter-Betrieb an seine Mitarbeiter und konzentrierte sich auf seine politische Arbeit. Falls er am 10. November gewählt würde, würde er sein Landtagsmandat abgeben (so wie es das Gesetz auch vorsieht).

Sieht sich nicht als Kandidat der Grünen

Martin Hahn ist Abgeordneter der Grünen, bezeichnet sich im OB-Wahlkampf aber ausdrücklich als „unabhängigen Kandidaten“. In der Kommunalpolitik spiele die Partei eine untergeordnete Rolle. So wie es ihm als Gemeinderat gelungen sei, über die Fraktionsgrenzen hinweg Mehrheiten zu beschaffen, sehe er sich auch in der Rolle des Oberbürgermeisters als jemanden, „der Menschen aus unterschiedlichen Lagern und politischen Richtungen zusammenbringt“. Hahn: „Ich bin Grüner, es wird aber keine grüne Revolution geben.“ Auf die Frage, wo Überlingen unter seiner Führung „grüner“ würde, nannte er den Ausbau der Photovoltaik sowie: „Für mich ist der ÖPNV total wichtig. Da ist schon viel passiert, man muss aber noch mehr machen.“