Überlingen – Mehr als fünf Jahre hat es gedauert, bis der Bebauungsplan zur Erweiterung des Baugebiets „Bergle“ in Bambergen nun in trockenen Tüchern ist. Den Satzungsbeschluss für das kleine Areal fasste der Gemeinderat jetzt bei einer Gegenstimme. Wer ein Luftbild der heutigen Bebauung betrachtet, der erkennt das Plangebiet im Prinzip als Lücke in der bestehenden Bebauung, die nun auf 13 Grundstücken mit Ein- oder Zweifamilienhäusern geschlossen werden kann. Es könnte tatsächlich „eines der letzten Baugebiete“ sein, in dem Einfamilienhäuser möglich seien, sagte Baubürgermeister Thomas Kölschbach.

Als Kritikpunkte von Anwohnern nannte Kölschbach zum einen die geplante Erschließung über die Hohrainstraße. Diese werde von den Anwohnern als „problematisch, zu eng und zu unübersichtlich“ bezeichnet. Ein Gutachten zur verkehrsrechtlichen Erschließung habe zwar eine 31 Meter lange Engstelle benannt, diese sei jedoch angesichts des geringen Verkehrsaufkommens „verträglich“. Der Baubürgermeister wies zudem auf den rechtsgültigen Bebauungsplan „Bergle“ hin, in dem die Sackgasse Hohrainstraße als durchgehend 5,5 Meter breite Wohnstraße festgesetzt sei. Notfalls könne die Engstelle sogar auf wenige Meter verringert werden. Eine Erschließung des neuen Gebiets von Osten durch einen kompletten Ausbau des bestehenden Feldwegs sei unverhältnismäßig, erklärte Thomas Kölschbach. Allerdings werde dieser so weit ertüchtigt, dass der zu erwartende Bauverkehr darüber abgewickelt werden könne.

„Wir haben bei jeder Gelegenheit auf die Problematik der Engstelle hingewiesen“, erklärte Ortsvorsteher Oliver Wörner. Der Ortschaftsrat könne „nachvollziehen, dass der Ausbau des Feldwegs in Richtung Schönbuchstraße in keinem Verhältnis steht“. Aber letztendlich setze der Plan jetzt „genau das fest, was wir nicht wollten“, sagte Wörner. Der Plan sei eine „gute Sache“, aber: „Auf das Nadelöhr könnten wir verzichten.“

Unterschiedliche Auffassungen

Das Entgegenkommen, einen möglichen Bauverkehr über den Feldweg von Osten abzuwickeln, rief indessen Stadtrat Rainer Röver (SPD) auf den Plan, der dadurch eine starke Lärmbelastung für sein Wohngebiet Kirchleösch befürchtete. Sonja Straub (CDU) hingegen nannte diese Lösung eine „Errungenschaft“ für die Anwohner im „Bergle“ in Bambergen. Sie finde es zudem „wunderbar, dass hier 13 Einfamilienhäuser entstehen können“, sagte sie: „Das würden sich manche andere Teilorte auch wünschen.“

Statt zur Versorgung der hier Wohnenden beizutragen, werde hier „ein weiterer Acker versiegelt“, erklärte Thorsten Peters (AfD), der als einziger gegen den Bebauungsplan stimmte. Diesem fehle jegliche Grundlage, da der Bedarf an Wohnraum gedeckt sei. Nach seinen Recherchen habe Überlingen das für den Zeitraum bis 2030 formulierte Soll schon übererfüllt, glaubte Thorsten Peters (AfD) aus Statistiken herauslesen zu können. Schon im Ausschuss hatte Baubürgermeister Thomas Kölschbach dessen Zahlen energisch widersprochen. Unter anderem, weil genehmigte Wohnungen nicht unbedingt gebaut seien, wie er sagte. Im Gemeinderat behauptete Peters nun, der Baubürgermeister habe seine Zahlen „widerspruchslos hingenommen“. Was Kölschbach regelrecht in Rage brachte.

In Wallung geriet die ganze Ratsrunde auf den Vorwurf des AfD-Stadtrats, die ganze Wohnungsknappheit sei darauf zurückzuführen, dass die Stadt über tausend Menschen – „ukrainische Kriegsflüchtlinge oder Migranten“ – auf dem regulären Wohnungsmarkt untergebracht habe. „Lassen Sie uns bitte beim Bebauungsplan bleiben“, stoppte ihn Oberbürgermeister Jan Zeitler: „Sie haben sich vom Bebauungsplan entfernt und damit ist ihr Wortbeitrag beendet.“ Er dulde es auch nicht, sagte Zeitler, dass „Sie uns Verschleierung von Tatsachen unterstellen. Wir arbeiten hier faktenbasiert.“

Bedarf an Wohnraum ist da

Mit Blick auf die Altersstruktur wünsche sich die Stadt mehr Familien mit Kindern, erklärte Franz Dichgans (CDU). Um ihnen eine Chance zu geben, „brauchen wir genau solches Bauland“. Überlingen habe zu wenig Wohnraum. Dies habe seine Schwester am eigenen Leib erfahren, die mit ihren Kindern nach Herdwangen gezogen sei, schildert der Dichgans in der jüngsten Ratssitzung. „In Überlingen wachsen wir, auch bei den Arbeitsplätzen“, sagte Dichgans: „Da müssen wir handeln.“

Sein Kollege Christian Sellerbeck (FWV-ÜfA) erinnerte an Erfahrungen im zurückliegenden Kommunalwahlkampf. Mehrfach sei er von jungen Familien angesprochen und gefragt worden, wo es denn Möglichkeiten gebe, sich in der Stadt ein Zuhause zu schaffen. „Diesen Leuten können wir sagen: Genau da“, erklärte Christian Sellerbeck. Zumal die Grundstücke hier noch nicht zu teuer sein werden, mutmaßte er.

Eine Gemeinderatssitzung sei „kein Proseminar für demagogische und populistische Reden“, kommentierte Andrej Michalsen (LBU/Grüne) noch einmal den Wortbeitrag des AfD-Stadtrats. Das Gremium sei auch keine „Balint-Gruppe für Gemeinderatsnovizen, die hier den Volkstribun abgeben wollen“, formulierte der Mediziner in Anspielung auf ärztliche Problembesprechungen.