Das gab es bei den OB-Wahlen vor acht Jahren nicht: Auf Plakaten, in Zeitungsannoncen oder in sozialen Netzwerken bekennen sich Unternehmer, Kulturschaffende, Handwerker und andere Leute mit Rang und Namen zu ihren Favoriten. Das heißt: Für Hahn oder Zeitler. Solidaritätsbekundungen für andere Kandidaten sind bislang öffentlich nicht bekannt geworden.
Die Meinungen zu Hahn oder Zeitler gehen quer durch Stadt und Gesellschaft. Zwei Beispiele: Kirchenmusikdirektorin Melanie Jäger-Waldau empfiehlt Amtsinhaber Jan Zeitler, „weil er versteht, wie wichtig Kultur und Gemeinschaft für eine lebendige Stadt sind“. Unternehmer Hartmut Hueber (Fensterbau) wählt Martin Hahn, „weil er sich mit Herz und Verstand für unsere Stadt stark macht“.
Entgegen der Wahl vor acht Jahren, als sich die Gemeinderatsfraktionen im Vorfeld nicht aus der Deckung wagten, positionieren sie sich diesmal. Wir fragten bei den Fraktionen, aber auch den Ortsverbänden der jeweiligen politischen Gruppierungen an.
Die Freien Wähler/ÜfA
Nein, eine Wahlempfehlung geben die Freien Wähler nicht ab. „Wir überlassen es jedem Mitglied und Fraktionsmitglied selbst, wen er oder sie unterstützt“, schreiben Christian Sellerbeck und Robert Dreher. Beide sind Mitglieder im Gemeinderat. Dreher als Vorsitzender der fünfköpfigen Fraktion FWV-Üfa und Sellerbeck als Vorsitzender des Ortsverbandes. In einer persönlichen Stellungnahme lassen die beiden dann aber doch erkennen, dass sie Jan Zeitler ihre Stimme geben. „Wir erleben Herrn Zeitler als kompetenten, fleißigen und souveränen Bürgermeister und sehen daher keine zwingenden Gründe für einen Wechsel. Aus Gründen der Kontinuität würden wir es für sinnvoll erachten, wenn er die Geschicke der Stadt auch die nächsten Jahre weiter leitet.“ Weiter schreiben Dreher und Sellerbeck: „Für Jan Zeitler spricht seine Erfahrung und fachliche Kompetenz.“
Die CDU
Ähnlich die CDU als Fraktion und Ortsverband. In einer gemeinsamen Erklärung vermeiden Fraktionssprecher Günter Hornstein und Vorsitzender Alexander Bruns eine Wahlempfehlung. Sie fordern lediglich dazu auf, vom Wahlrecht Gebrauch zu machen. Jedoch positionieren sich einzelne Mitglieder der CDU-Fraktion. Gemeinderat Günter Hornstein spricht sich für Jan Zeitler aus. Das mache er nicht in seiner Rolle als Fraktionssprecher, „sondern als Stadtrat und Bürger dieser Stadt“, betont Hornstein.
Zeitler agiere „absolut überparteilich“ und habe Projekte auf den Weg gebracht, „über die wir zuvor lange nur diskutiert haben“. Auch CDU-Gemeinderat Uli Krezdorn spricht sich öffentlich für Zeitler aus. Der Amtsinhaber bringe „Herz und Sachlichkeit“ mit.
Die FDP
Ähnlich die FDP als Fraktion und Ortsverein. Sie hält sich zurück, einzelne Mitglieder positionieren sich. Der Vorsitzende des Ortsverbands und Fraktionssprecher im Gemeinderat, Raimund Wilhelmi: „Die OB-Wahl ist ja nun wirklich eine Persönlichkeitswahl, bei der die politische Couleur nebensächlich ist.“ Unter seinem eigenen Namen gibt Wilhelmi eine Empfehlung ab: für Martin Hahn. „Er kann führen und motivieren“, lässt sich Wilhelmi auf einem Wahlplakat zitieren.
Auch Ingo Wörner, Stadtrat der FDP, spricht sich offen für Martin Hahn aus, „weil er anpackt“.
Die Frage nach einer Positionierung wurde bei LBU/Die Grünen in drei getrennten Runden diskutiert: in der Gemeinderatsfraktion, sowie in den jeweiligen Ortsverbänden von LBU (Liste für Bürgerbeteiligung und Umweltschutz) und im Ortsband der Grünen. Martin Hahn, Mitglied der Grünen, zieht als „unabhängiger Kandidat“ in den Wahlkampf. Seine Parteifreunde wiederum bekennen sich zu ihm.
Die LBU/Grünen-Fraktion
Die Gemeinderatsfraktion LBU/Die Grünen mit ihrem Sprecher Ulf Janicke verspricht eine „konstruktive Zusammenarbeit mit jedem gewählten Oberbürgermeister“. Mit Verweis auf anstehende Großprojekte, deren Rahmen festgelegt sei, und bei denen es „viel zu stemmen und zu leisten“ gebe, „finden wir es umso wichtiger, dass der Oberbürgermeister in unserer Stadt als Motivator wirkt und die Vernetzung und das persönliche Engagement fördert und aufblühen lässt. Wir unterstützen deshalb Martin Hahn, weil er ein kompetenter, erfahrener und empathischer Vermittler ist.“
Der LBU Ortsverband
Die LBU als Ortsverband schreibt, unterschrieben von der früheren Stadträtin Marga Lenski: „Aus unserer Sicht benötigt Überlingen für die kommenden acht Jahre einen OB, der neben Sachkompetenz die Fähigkeit besitzt, Personen mitzunehmen und zu motivieren. In Überlingen schlummert noch viel Engagement, das es wert ist, gefördert zu werden. Martin Hahn erscheint uns hierfür besonders geeignet. Seine vermittelnde und empathische Art würde Überlingen guttun und vieles voranbringen.“
Der Grüne Ortsverband
Der Ortsverband von Bündnis 90/Die Grünen unter Vorsitz von Bettina Dreiseitl-Wanschura, Thomas Brandt und Bernd Woerner empfiehlt die Wahl von Martin Hahn. „Wir schätzen seine Fähigkeit, Themen aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten und im Dialog mit allen Beteiligten zwischen unterschiedlichen Standpunkten zu vermitteln, ohne dabei seine Orientierung zu verlieren. Seine Sachkompetenz und seine langjährige Erfahrung in landes- und kommunalpolitischen Gremien sind entscheidende Grundlagen für das Amt des Oberbürgermeisters.“ Hahn verstehe es, „gemeinsam mit den Menschen vor Ort Lösungen zu entwickeln, ihre Expertise und Erfahrungen einzubinden und dabei das Wohl der gesamten Gesellschaft im Blick zu behalten“.
Die SPD
Die SPD unterstützt ihren Parteifreund Jan Zeitler sowohl als Fraktion als auch als Ortspartei. „Wir haben mit Jan Zeitler einen hervorragenden Oberbürgermeister, der in den vergangenen acht Jahren sehr erfolgreich für Überlingen gearbeitet hat“, heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme. „Wir erleben ihn in seiner täglichen Arbeit und im Gemeinderat als überparteilichen OB, dem es sehr gut gelingt, die Interessen aller politischen Gruppierungen und der gesamten Bürgerschaft zu berücksichtigen. Für Jan Zeitler sprechen vor allem seine fachliche Kompetenz und Erfahrung, auch als Vorstand des Städtetags Baden-Württemberg. Außerdem zeichnen ihn seine Leidenschaft für Kommunalpolitik sowie seine Fähigkeit, große Vorhaben zielorientiert zu Ende zu führen, aus“. In der Kommunalpolitik seien acht Jahre nur ein kurzer Zeitraum. „Seit Reinhard Ebersbach hat leider kein OB mehr als eine Legislaturperiode Zeit gehabt, seine Ziele für die Stadt zu verwirklichen – diese Kontinuität braucht Überlingen aber gerade in der aktuellen Lage“.
Die AfD, die mit zwei Personen im Gemeinderat sitzt, gab auf die Anfrage unserer Redaktion keine Antwort.