Brigitte K. lebt erst seit einem halben Jahr in Überlingen, zuvor nannte sie München ihr Zuhause. „Bei den Omas gegen Rechts bin ich aktiv, seit die AfD 2018 in den Landtag einzog“, schildert sie. Über eine Bekannte habe sie von den Omas gegen Rechts erfahren; gemeinsam seien sie zu einem der Treffen gegangen. „Mir hat sofort gefallen, dass dort nicht lange geredet wird, sondern das alles gestandene Frauen sind, die sofort aktiv werden“, schildert sie.

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Der Inhalt, um den es allen gemeinsam gehe, sei klar und so müssten bei den Treffen eigentlich nur organisatorische Details geklärt werden: „Da wird nicht lange geredet und gegrübelt, da wird angepackt“, sagt Brigitte K. Als Oma gegen Rechts habe sie inzwischen mehr Demos besucht als zuvor in ihrem gesamten Leben, sagt sie und lacht.

Da Brigitte K. am vergangenen Donnerstag – also zwei Tage vor dem Aktionstag – als einzige Überlingerin an einem bundesweiten Onlinetreffen der Omas gegen Rechts teilgenommen habe, hätte sie kurzerhand ihr Netzwerk angeschrieben; darunter weitere Aktive aus dem Überlinger Umland und der gesamten Bodenseeregion. „Wir haben uns dann für den Goldbacher Stollen für die Aktion entschieden, da am KZ-Standort nur mehr recht versteckt ein Schild zu sehen ist und der KZ-Friedhof außerhalb und schwer erreichbar gelegen ist“, schildert sie.

Anlässlich des Tags der Befreiung legten die „Omas gegen Rechts“ deutschlandweit an Gedenkorten der Verbrechen des ...
Anlässlich des Tags der Befreiung legten die „Omas gegen Rechts“ deutschlandweit an Gedenkorten der Verbrechen des Nationalsozialismus weiße Rosen nieder. Die sich derzeit formierende Lokalgruppe in Überlingen traf sich dafür an der Gedenkstätte am Goldbacher Stollen. | Bild: Lena Reiner

Am 8. Mai möchten die Omas gegen Rechts an die Befreiung vom Nationalsozialismus und gleichzeitig seinen Opfern gedenken. Am ursprünglichen Stolleneingang vor der Gedenktafel zitiert Brigitte K. zuerst Weizsäcker, den den Tag als Tag der Befreiung bezeichnet hatte: „Er hat uns alle befreit von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.“ Dann lädt sie zu einer Schweigeminute ein.

Bevor die anwesenden Aktivistinnen gegen Rechts die weißen Rosen niederlegen, trägt Brigitte K. noch ein Gedicht verfasst von einem der Zwangsarbeiter vor, die hier während des Nationalsozialismus unter menschenunwürdigen Bedingungen – oft bis zu ihrem viel zu frühen Tod – schuften mussten und kurz vor Kriegsende einen kilometerlangen für die Rüstungsindustrie Stollen graben. Mindestens 180 von ihnen überlebten die Haft und Arbeitsbedingungen nicht.

Wie es Brigitte K. damit geht, dass die weiße Rose – nicht nur ein Zeichen des Gedenkens, sondern auch das Symbol für die Widerstandsgruppe um Sophie Scholl – auf Demonstrationen der sogenannten Querdenker in einem ganz anderen Kontext benutzt wird? „Schlimm“, finde sie das, sagt sie, „ganz schlimm.“ Es handle sich dabei eigentlich um ein so schönes Symbol: „Das tut daher schon weh.“ Sie schmerze auch, dass das Grundgesetz auf diesen Demonstrationen als für außer Kraft getreten erklärt werde: „Dabei ist es doch das Großartigste, das es auf der Welt gibt.“

Brigitte K. legt als Letzte ihre Rose an der Gedenktafel ab.
Brigitte K. legt als Letzte ihre Rose an der Gedenktafel ab. | Bild: Lena Reiner

Daher sei sie auch motiviert, gemeinsam mit den anderen nun eine Überlinger Gruppe der Omas gegen Rechts ins Leben zu rufen. Weitere Mitstreiterinnen würden derzeit noch gesucht. „Es ist dann auch nicht so, dass wir uns ständig treffen, um irgendetwas zu beraten“, betont Brigitte K.. Wichtig seien die Aktionen. Zusätzlich zur Teilnahme an Gegendemos gebe es Aktionstage wie den 8. Mai, auf den sich die Omas gegen Rechts bundesweit geeinigt hätten. Wer aktiv werden möchte, kann sich per E-Mail an ogr.bodensee@web.de melden.

„Ich war schon oft hier, auch bei den Führungen, als Überlingerin und als Stadträtin. Auch wenn ich keine Oma bin, aber ich fand die Aktion für heute einfach sehr passend.“
Irene Alpes

Dem Aufruf zum Gedenken am Goldbacher Stollen folgte auch die ehemalige Überlinger Stadträtin Irene Alpes. „Ich war schon oft hier, auch bei den Führungen, als Überlingerin und als Stadträtin“, sagt sie. Gern sei sie dem Aufruf gefolgt, sagt sie, „auch wenn ich keine Oma bin, aber ich fand die Aktion für heute einfach sehr passend.“ Beeindruckt hätten sie die Omas gegen Rechts schon mehrfach, betont sie und bedankt sich bei Brigitte K. nochmals persönlich für die Einladung.

Die Schweigeminute mit „Omas gegen Rechts“-Schildern und weißen Rosen verwundert ein paar der vorbeifahrenden Radler. Für ...
Die Schweigeminute mit „Omas gegen Rechts“-Schildern und weißen Rosen verwundert ein paar der vorbeifahrenden Radler. Für eine Nachfrage hält allerdings niemand an. | Bild: Lena Reiner