Es war ein langer Weg, bis Marcus Gross seine Idee vom Einkaufszentrum im Gewerbegebiet Oberried umgesetzt hatte und das La Piazza am 1. März 1999 eröffnete. „Das größte Hindernis war die Furcht des innerstädtischen Einzelhandels vor dem Center auf der grünen Wiese, die sich im Laufe der Jahre dann aber eben nicht bestätigt hat“, sagt Gross. „Heute sind wir uns einig, dass diese Bedenken unbegründet waren. „Und wir wissen, dass die neuen Gefahren ganz woanders lauern: im Internet – das ist die wahre Konkurrenz für uns alle.“
Tatsächlich habe der eine oder andere Gegner von einst inzwischen eingestanden, dass das La Piazza einen positiven Effekt auf die ganze Region hatte, stellt Gross sachlich fest. Schon rein verkehrstechnisch sei es ja gar nicht möglich, die 5000 Leute, die jeden Tag im La Piazza einkaufen, über die Lippertsreuter Straße in die Innenstadt hinein fahren zu lassen. „Manchmal frage ich mich, was eigentlich passiert wäre, wenn wir das nicht gemacht hätten? Wie würden sich die Menschen versorgen?“
Vor dem Bau des La Piazza seien doch immer mehr Menschen gerade aus dem Umland nach Markdorf, nach Pfullendorf oder Stockach gefahren, bis sie sich dann wieder auf Überlingen konzentriert hätten. „Mit der Innenstadt ist es in den letzten Jahren aber noch extremer geworden, weil sie sich verkehrstechnisch ganz abgeschottet hat.“

Aldi will Teil des La Piazza werden
Anlässlich des Jubiläums seines La Piazza erinnert sich der Geschäftsmann an die vergangenen 25 Jahre und schaut auf die aktuellen Probleme. Seit gut acht Jahren, beschreibt Marcus Gross, wolle der Discounter Aldi Teil des La Piazza werden. Geplant ist ein Neubau auf der freien Fläche hinter dem L-förmigen Hauptgebäude. Aktuell steht die Überlinger Aldi-Filiale etwa zwei Kilometer entfernt in der Heiligenbreite 3. „Das ganze Verfahren dauert immer noch an“, erklärt Gross.
Hängt das an bürokratischen Hürden? „Ja, erklärt Marcus Gross, „nicht am Aldi und nicht an uns; wir sind jetzt gerade in dem Stadium, dass wir uns mit Aldi weitestgehend geeinigt haben – das war die Grundvoraussetzung für die Umsiedlung und dafür, dass die Stadt weitermacht“. Letzteres sieht man auch im Rathaus so. „Der Bebauungsplan für einen neuen Standort am La Piazza wird derzeit von dem beauftragten Planungsbüro erarbeitet“, erklärt Pressesprecherin Miriam Lara Robertus auf Anfrage. „Er wurde noch nicht in die kommunalen Gremien eingebracht, da zunächst vertragliche Vereinbarungen zwischen Aldi und Herrn Gross abgeschlossen werden mussten.“

Stadt: Umzug widerspricht Zielen der Raumordnung
Eine Hürde auf dem Weg zum Umzug ist das sogenannte Zielabweichungsverfahren. Darin gehe es, so Gross, um die Frage, „ob Aldi von dort nach dort darf – und nicht in die Innenstadt muss“. Die Sprecherin der Stadt erläutert: „Für den Standort im Umfeld des La Piazza besteht aktuell kein Planungsrecht im Sinne eines Bebauungsplans, welcher die Ansiedlung eines großflächigen Lebensmittelmarktes ermöglicht.“ Die Ansiedlung eines großflächigen Einzelhandelsbetriebes bedürfe einer Sondergebietsfestsetzung in einem Bebauungsplan. „Die Verlagerung des Aldi-Marktes an den Standort La Piazza widersprach auch den Zielen der Raumordnung, sodass zunächst ein Zielabweichungsverfahren beantragt und durchgeführt werden musste“, so Robertus weiter.
„Es ist wirklich schwierig geworden, dort etwas Neues aufzubauen“, meint Marcus Gross und verweist darauf, dass auf dem Areal ja früher einmal die Ölbrenner-Firma Abig seines Vaters stand. „Wir wollten ja in der Vergangenheit auch schon andere Händler dazu nehmen, auch einen großen Fahrradhändler, der hat noch immer Interesse, aber andere potenzielle Mieter sind schon längst wieder abgesprungen, weil sie nicht ewig warten wollten.“

Jenes Zielabweichungsverfahren sei notwendig geworden, so die Stadt weiter, da eine Verlagerung des Aldi-Marktes zum Standort La Piazza Zielen der Raumordnung widersprochen habe und Bebauungspläne nicht im Widerspruch zu den Zielen der Raumordnung aufgestellt werden könnten.
Mehrere Umweltgutachten für ein ehemaliges Industriegelände
„Wir haben jetzt unzählige verkehrstechnische Überprüfungen hinter uns und zweimal schon wurden wegen Eidechsen Umweltgutachten erstellt“, beschreibt Marcus Gross. Doch weshalb sind solche Umweltgutachten nötig, nachdem das Gelände seit Jahrzehnten industriell und gewerblich genutzt wurde? Die Antwort der Stadt: „Für die Aufstellung beziehungsweise Änderung eines Bebauungsplans müssen die üblichen Gutachten im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens erarbeitet werden.“

Stadt an geltendes Planungsrecht gebunden
So dürfte schon noch einige Zeit ins Land gehen, bis der Grundstein für den Aldi-Neubau am La Piazza gelegt wird. Auf die Frage, wann die Stadt die entsprechenden Voraussetzungen geschaffen hat, heißt es: „Sobald die vertraglichen Vereinbarungen zwischen Herrn Gross und Aldi geschlossen wurden und die abgestimmten Unterlagen für den Bebauungsplan vorliegen, kann mit dem Bebauungsplanverfahren begonnen werden. Neben der Bebauungsplanänderung für den Standort La Piazza ist auch der Bebauungsplan am Standort Heiligenbreite noch zu ändern.“
Die vom SÜDKURIER erbetene Stellungnahme der Stadt endet: „Wir erlauben uns abschließend anzumerken, dass die Stadt Überlingen an geltendes Planungs- und Raumordnungsrecht gebunden ist. Sie kann nicht ihr eigenes aufgestelltes Einzelhandelskonzept aus dem Jahr 2014 ignorieren, nur weil ein Einzelner ein Gespräch mit Vertretern des Aldi-Konzerns geführt hat. Der erste Schritt ist mit dem Zielabweichungsverfahren vollbracht und nun finden Gespräche für den zweiten Schritt statt: die Aufstellung eines Bebauungsplans.“