Der Leerstand in Überlingen ist zum Jahresende hoch. Laut Wirtschaftsförderer Stefan Schneider stehen 22 Geschäfte leer. Auch ansonsten hat der Einzelhandel ein schwieriges Jahr hinter sich: Zahlreiche Umleitungen und das geschlossene Parkhaus Mitte sorgten dafür, dass die Kunden Schwierigkeiten hatten, überhaupt in die Stadt zu kommen.

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Trotz dieser Hürden freuen sich die Händler, dass das Geschäft nach der Corona-Pandemie endlich wieder angelaufen ist. Insbesondere dank zahlreicher Stammkunden blicken einige Händler gegenüber dem SÜDKURIER zufrieden auf das Jahr zurück. Denn Herausforderungen, wie etwa die Verkehrssituation 2023, gab es auch in der Vergangenheit.

Klaus-Peter Munding mit seiner Tochter Ursula im Modehaus Munding in Überlingen. Ursula Munding führt das Geschäft aktuell in der achten ...
Klaus-Peter Munding mit seiner Tochter Ursula im Modehaus Munding in Überlingen. Ursula Munding führt das Geschäft aktuell in der achten Generation. | Bild: Mona Lippisch

Ursula Munding führt Modehaus in achter Generation

„Wir haben jedes Jahr unsere Aufgaben, die wir erledigen müssen“, sagt etwa Ursula Munding, die das Überlinger Modehaus Munding in der achten Generation führt. Die Geschäftsfrau weiß: „Veränderungen finden stetig statt. Deswegen müssen auch wir uns immer wieder weiterentwickeln.“

Das Modehaus feierte 2023 sein 180-jähriges Bestehen. Angefangen hat alles 1843 als Julius Gustav Munding das Handelshaus gründete, wie es damals noch hieß. Klaus-Peter Munding, Vater von Ursula Munding, erinnert sich an die Erzählungen seiner Vorfahren. „Es war einer der Kolonialläden, in dem es Knöpfe, Schnürsenkel und Stoffe zu kaufen gab“, erzählt er.

Mit den Jahren entwickelte sich das Geschäft immer mehr in Richtung Modehaus. In den 1960ern baute der Vater von Klaus-Peter Munding schließlich um, es gab erstmals Konfektionsmode – zunächst nur für Herren, später auch für Damen. Als 1988 der Wirtschaftsverbunde Überlingen (WVÜ) gegründet wurde, gehörte das Modehaus Munding zu den ersten Mitgliedern.

„Der WVÜ ist aus dem Werbekreis heraus entstanden. Dienstleister, Handel und Gastronomie sind zusammengekommen und haben sich Aktionen überlegt, um die Innenstadt zu stärken“, berichtet Klaus-Peter Munding. Zeitweise habe der WVÜ 300 Mitglieder gezählt, die Zahl sei nach einer Weile jedoch wieder gesunken.

Entwicklung im Einzelhandel wichtig

Doch auch unabhängig von Aktionen des WVÜs, müssten sich die Händler immer wieder neue aufstellen. „Können wir mal wieder etwas umbauen und Teile modernisieren? Wie verändern wir unser Angebot? All diese Fragen stellen wir uns jedes Jahr aufs Neue“, sagt Ursula Munding.

Nur so sei es heutzutage möglich, überhaupt mit dem Internethandel zu konkurrieren. Munding betont auch die Wichtigkeit der Zusammenarbeit mit der Stadt und greift das Thema Leerstand auf. „Eine Stadt mit leerstehenden Geschäften ist natürlich nicht gerade attraktiv“, weiß sie.

Aktuell stehen 22 Geschäfte in Überlingen leer. Unter anderem auch das Eckgebäude hier rechts im Bild.
Aktuell stehen 22 Geschäfte in Überlingen leer. Unter anderem auch das Eckgebäude hier rechts im Bild. | Bild: Tabea Müller

Der hohe Leerstand liegt ihr zufolge daran, dass die Ansprüche der Einzelhändler in den vergangenen Jahren gestiegen sind. „Früher gab es viele kleine Läden, die Mieten waren billiger. Heute lohnt es sich für Händler kaum, einen Laden mit einer Fläche unter 100 Quadratmeter zu betreiben“, sagt Munding.

Denn um seine Produkte zu präsentieren, brauche man ausreichend Platz. Auch einige Ladeneingänge seien noch aus früheren Zeiten eher unauffällig angelegt statt an der Front des Geschäftes. „All das sind Faktoren, die dazu führen, dass sich Einzelhändler nicht mehr für eine Ladefläche in Überlingen entscheiden.“

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Ein neuer Ladeneingang oder eine Erweiterung der Ladenfläche bringe eine bedeutende Investition mit sich. Früher dachte man über solche Investitionen nicht groß nach. „Das Geld wurde einfach in die Hand genommen, weil die Inhaber wussten, dass es in der Familie bleibt, wenn die nächste Generation übernimmt“, sagt Ursula Munding. Doch heute rücke die jüngere Generation nicht mehr selbstverständlich nach.

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Uwe Zscherp, Inhaber des Geschäftes Schuhmoden Maier in Überlingen. Er führt den Laden in dritter Generation. Aus seiner Sicht hat sich ...
Uwe Zscherp, Inhaber des Geschäftes Schuhmoden Maier in Überlingen. Er führt den Laden in dritter Generation. Aus seiner Sicht hat sich besonders der Wettbewerb über die Jahre verändert. | Bild: Mona Lippisch

Schuhmoden Maier gibt es seit 1935

Ähnliche Probleme sieht auch Uwe Zscherp. Er betreibt das Geschäft Schuhmoden Maier, das ebenfalls auf eine lange Geschichte zurückblicken kann. Die Wurzeln des Ladens reichen bis ins Jahr 1935, als Zscherps Großvater eine Schuhmacherwerkstatt in Salem eröffnete.

In den 1960er Jahren zog das Schuhhaus dann nach Überlingen um. „Früher waren wir fast der einzige Schuhladen in der Stadt, heute gibt es mehr Anbieter und außerdem den Onlinehandel. Es gibt mehr Wettbewerb“, erzählt Zscherp auf die Frage nach den Veränderungen der vergangenen Jahre.

Auch das Angebot in seinem Geschäft habe sich gewandelt. Zscherp bietet mittlerweile deutlich mehr verschiedene Modelle an. „Ich sehe den Wettbewerb als Herausforderung. Es spornt an und ermuntert einen, nicht stehen zu bleiben“, sagt der Einzelhändler. „Das ist spannend und macht Spaß.“

Die Digitalisierung und der Onlinehandel haben aus Sicht von Zscherp auch Vorteile mit sich gebracht. „Wir verkaufen unsere Schuhe mittlerweile nicht nur im Laden, sondern deutschlandweit auch über Instagram und unsere Homepage. Wir können uns online präsentieren, es ist wie ein erweitertes Schaufenster.“

Ansprüche der Kunden sind gestiegen

Durch das Internet und Social Media sind jedoch auch die Ansprüche der Kunden gestiegen, sie sind informierter, wenn sie zu Zscherp ins Geschäft kommen. Diesen Ansprüchen müsse man als Händler gerecht werden. „Das kann gelingen, wenn man am Zug der Zeit bleibt“, sagt Zscherp optimistisch.

Aber, so betont der Einzelhändler: Dies gelinge nur, wenn die Kunden die Möglichkeit haben, überhaupt in die Stadt zu kommen. Und zwar mit dem Auto. „Eigentlich blicke ich positiv in die Zukunft des Überlinger Einzelhandels. Aber wir brauchen trotz Verkehrsberuhigung Möglichkeiten für unsere Kunden, auf Kurzzeitparkplätzen in der Nähe der Geschäfte zu parken“, sagt Zscherp deutlich und ist sich sicher: „Sonst wird es irgendwann brenzlig für uns.“