Günter Hünert ist direkt voll im Thema: „Das ist alles furchtbar nervig“, antwortet der Geschäftsführer von Biofritz an der Hochbildstraße auf die Frage, wie es mit der Maskenpflicht läuft. Das Ordnungsamt habe ihn darauf hingewiesen, dass er nur Atteste akzeptieren darf, auf denen der Grund für die Befreiung angegeben ist.
„Ich finde es grenzwertig, dass ich so viel über die Person und ihre Krankengeschichte erfahren muss“, sagt Hünert. Nicht selten seien psychische Probleme wie Panikattacken die Ursache und das gehe ihn doch nichts an.
Er hat sich mit einem Brief an das Ministerium in Stuttgart gewandt und sein Dilemma geschildert. Allerdings scheint es sich bei der Auflage um eine lokale Verschärfung der Regeln zu handeln, denn auf der Internetseite des Landes steht: „Die Nennung konkreter medizinischer Befunde ist nicht erforderlich.“

Spezielle Zeiten für...
Um den ewigen Diskussionen mit Kunden, die eine Befreiung von der Maskenpflicht haben, und den anderen aus dem Wege zu gehen, bietet Hünert spezielle Zeiten für Attest-Inhaber an. Ein Schild informiert, dass sie an drei Tagen entweder früh morgens oder eine Stunde vor Geschäftsschluss einkaufen können – auch Maskenträger seien willkommen.
Darauf reagierten einige Kunden verblüfft, so Hünert, andere erfreut. Mittlerweile hätten sich die Gemüter weitgehend beruhigt. „Entweder wir haben die meisten vergrault oder sie tragen jetzt doch die Maske“, stellt Günter Hünert fest.

...eine spezielle Kundschaft
Warum das Thema vor allem in Bioläden noch für Diskussionen sorgt, begründet er so: „Wir haben eben eine spezielle Kundschaft.“ Die Leute seien nicht nur beim Thema Ernährung sensibel, sondern hätten oft eine andere Meinung als der Mainstream. Zudem hätten Anthroposophen zum Teil eine andere Sicht auf die Corona-Regeln, fügt er diplomatisch hinzu.
Heftige Diskussionen
Viel Gegenwind musste Geschäftsführer Thilo Kauf aushalten, als er Anfang des Jahres kundtat, dass in den Naturata-Bioläden alle Kunden Masken tragen müssen. Das Hauptargument dafür sei gewesen, die Mitarbeiter zu schützen und leidige Diskussionen zu unterbinden, so Kauf.
Wie heftig die bisweilen ausfielen, belegt folgende Episode. Als eine Kundin an die Maskenpflicht erinnert wurde, griff sie sich eine Lauchstange, warf sie nach dem Mitarbeiter und verließ den Laden. Auch manche Argumentation ist schwer nachvollziehbar. So führte ein Kunde an, er müsse bei der Arbeit Maske tragen und wolle nun wenigstens ohne einkaufen.
Sogar Nazivergleiche mussten sich die Naturata-Mitarbeiter schon anhören. „Das ist für uns total schwer, denn wir laufen acht Stunden am Tag mit der Maske herum“, sagt der Geschäftsführer.
Politisch neutral bleiben
Nach Thilo Kaufs Beobachtungen liegt die Weigerung, eine Maske zu tragen, weniger an medizinischen Problemen als einer bestimmten politischen Haltung. „Aber wir wollen politisch neutral bleiben“, betont er. Das sei nicht einfach, denn die sturen Maskenverweigerer sowie die Regelverfechter würden immer gleich drohen, nicht mehr bei ihm einzukaufen.
Dabei hat der Bioladen mit der klaren Regelung auch einen neuen Service eingeführt: Für alle, die nicht mit Maske einkaufen können oder wollen, bringen sie die bestellte Ware entweder zu den Kunden auf den Parkplatz oder nach Hause.

Fensterverkauf als Alternative
Kreativ war auch der kleine Hofladen des Hofguts Rengoldshausen. Die Verkaufsfläche lässt nur Kunden aus zwei Haushalten zu. Dazu werden Einkäufer oder Abholer von bestellter Ware am Fenster bedient. Wer draußen bleibt, muss keine Maske tragen, die Service-Mitarbeiterinnen drinnen schon.
„Das wird nicht so viel genutzt, aber von den wenigen sehr geschätzt“, erläutert Hanno Willasch, Geschäftsführer der Rengoldshausen Hof GmbH. „Wir haben eine Lösung gefunden, mit der alle ganz zufrieden sind.“