Seit September 1987 leitet er mit viel Herzblut das Überlinger Stadtarchiv, seit 1999 ist er Mitglied der Schwerttanzkompanie und kennt deren Geschichte wie kein anderer. Dennoch entdeckte Walter Liehner pünktlich zum 375-Jährigen Bestehen dieses Brauchtums ein zuvor nicht beachtetes Dokument, das die Chronik um exakt drei Tage verlängert. Das wäre noch nicht so bemerkenswert, wenn damit nicht erstmals die Widerstände sichtbar würden, auf die die Rebleutezunft damals zunächst gestoßen war.
Dass er die Veröffentlichung dieser neuen Erkenntnis nicht für sich selbst beanspruchte, sondern dem Referenten überließ, nötigte Kulturwissenschaftler Werner Mezger großen Respekt ab. „Andere Archivare legen so etwas erst mal in die Schublade“, sagte Mezger, „um es irgendwann selbst zu veröffentlichen.“ Ein Weilchen hatte Liehner seinen Fund tatsächlich zwischengelagert. Schließlich sollte das neue Detail in einem würdigen Rahmen publiziert werden.
Doch wie kam es überhaupt zu der Entdeckung? Wie kann es sein, dass Walter Liehner als profunder Kenner der Materie im Jubiläumsjahr der Schwerttanzkompanie zufällig auf dieses neue Papier stößt? „Bei der Vorbereitung des Jubiläums habe ich mir die alten Ratsprotokolle noch einmal genauer angeschaut“, berichtet der Archivar: „Da bin ich auf die Konzepte der damaligen Mitschriften gestoßen.“
Eine Empfehlung, die im Protokoll später keinen Niederschlag fand
Als erste Erwähnung galt das Ratsprotokoll vom 8. Februar 1646, in dem zu lesen ist:. „Der ledigen bursch ist auf mehrmaliges anhalten der Schwerttanz in der Zunft von 12 bis 5 Uhren, doch ohne spilleut, und der medlin tanz vergont.“
Etwas ganz anderes entdeckte Liehner nun in einer Mitschrift, die drei Tage zuvor verfasst war. Hier wurde dem Rat eine Ablehnung des Antrags empfohlen. In Kriegszeiten könne man so etwas nicht gutheißen, war da zu lesen. Doch diese Empfehlung fand im späteren Ratsprotokoll keinen Niederschlag mehr. Zu gut war die Lobbyarbeit der Rebleute bis zum positiven Beschluss gewesen. Allerdings wirft das Detail ein neues Licht auf die Wurzeln der alten Tradition. Die vielleicht fast nicht zum Erblühen gekommen wäre, wie in dem neu aufgetauchten Dokument deutlich wird.