Wer kann sich heute die Innenstadt und den Landungsplatz ohne die schmucke und attraktive Greth überhaupt noch vorstellen? Längst ist der sanierte mittelalterliche Kornspeicher zu einem Aushängeschild und einem Besuchermagneten geworden. Mit der Markthalle, den Weinfässern an der Promenade samt Imbiss, den beiden Restaurants, zwei Bekleidungsgeschäften und den außergewöhnlichen Kinosälen ganz oben unter dem historischen Dach. In diesen Tagen wird die neue Greth 25 Jahre alt. Am 26. November 1998 war das herausgeputzte Gebäude nach der Sanierung wieder eröffnet worden.

Standort unter Wert genutzt

Zuvor war das Erdgeschoss neben der Tourist-Information teilweise brach gelegen, darüber waren bis 1996 in engen Räume die Stadtbücherei und die Leopold-Sophien-Bibliothek hineingequetscht, die Balken unter dem mächtigen Dach waren verstaubt und renovierungsbedürftig. Das Gebäude hatte allenfalls einen gewissen morbiden Charme, war jedoch an diesem exponierten Standort unter Wert genutzt. Es gehörte damals Mut dazu, diese Herausforderung anzugehen. Dies ist aus heutiger Sicht umso bemerkenswerter, wenn man auf die verzweifelten Anstrengungen um die Sanierung der ehemaligen Kapuzinerkirche blickt.

Die Marktglocke im Dachgestühl der Greth: Unscheinbar hängt sie hinter einer Butzenscheibe – zugleich über der Hofstatt, denm ...
Die Marktglocke im Dachgestühl der Greth: Unscheinbar hängt sie hinter einer Butzenscheibe – zugleich über der Hofstatt, denm heutigen Marktplatz. Bild: Hanspeter Walter | Bild: Hanspeter Walter Journalist-Texte-Bilder

Trio nimmt die Herausforderung an

Mehrere Umstände spielten der Stadt damals jedoch in die Karten. Der damalige Oberbürgermeister Klaus Patzel hatte die Herausforderung angenommen und mit Steuerberater Jörg Auriga und dem Architekturbüro Reinhardt, Zohner und Partner zwei engagierte Mitstreiter, denen die Aufwertung des Stadtbilds genauso am Herzen lag.

Bereits zwei Jahre zuvor hatte das Trio mit vereinten Kräften das Torkelgebäude und das Steinhaus in der Spitalgasse erfolgreich saniert. Die heutige Stadtbücherei spricht Bände. Zupass kam ihnen, dass Investoren über einen sogenannten Bürgerfonds damals von einer attraktiven Sonderabschreibung bei einer Denkmalsanierung profitierten. Das gleiche Modell setzten sie schließlich auch bei der Greth um und investierten rund 10 Millionen Euro. In beiden Fällen hat die Stadt die Gebäude in Erbpacht zur Verfügung gestellt.

Pachtvertrag läuft noch fünf Jahre

Der Vertrag läuft Ende 2028 aus. Dann werden die Karten neu gemischt. Entweder muss die Kommune das Gebäude dann übernehmen oder den Erbpachtvertrag verlängern. Thomas Wenk ist heute Geschäftsführer des Bürgerfonds Greth und der nachgeschalteten Treuhandgesellschaft, die die Anteile der Gesellschafter und Investoren verwaltet. „Wir haben insgesamt 190 Anteilseigner, die eine Dividende von vier Prozent erwarten können“, sagt Wenk.

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Sanierung war eine Herausforderung

Eine Herausforderung war die Sanierung in den 1990er-Jahren allemal. „Ohne Oberbürgermeister Klaus Patzel hätte das damals nicht geklappt“, sagt einer, der es wissen muss. Pino Arena war als Pächter und Nutzer von Anfang dabei und betreibt seitdem seine Pizzeria Allegretto im Erdgeschoss und das Ristorante Arena im Obergeschoss.

Pino Arena, Gastronom aus Überlingen.
Pino Arena, Gastronom aus Überlingen. | Bild: Hilser, Stefan

OB Patzel habe mit aller Macht um die Realisierung des Vorhabens gekämpft. Jörg Auriga hat bei Investoren quasi das Geld eingesammelt, Jürgen Reinhardt konzipierte die architektonische Umsetzung. Alle drei leben längst nicht mehr, als Letzter starb Jörg Auriga im April 2015. Einige Jahre zuvor hatte Auriga noch seine Ideen für die Sanierung und Nutzung der Kapuzinerkirche als Kulturstätte vorgestellt. Die Umsetzung scheiterte am Ende unter anderem an der Bankenkrise mit den nachfolgenden Zinseinbrüchen, aber auch an Widerstände einzelner Überlinger Gastronomen.

Stabilisierung der Greth war eine Herausforderung

An die Sanierung der Greth noch gut erinnern kann sich Architekt Klaus König, der damals die Bauleitung innehatte. „Eine große Herausforderung war die Stabilisierung des Gebäudes, das auf dem seenahen Untergrund schon viele Setzungsrisse aufwies“, erläutert er. „Wir mussten die Wände mit langen Spanndrähten über Stahlanker sichern.“ Die Maßnahme habe nachhaltig gewirkt. König: „Wir haben bis heute keine neuen Risse festgestellt.“

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Planer und Investoren hätten auch großen Wert auf das flexible ganzjährige Nutzungskonzept gelegt. „Ich finde das nach wie vor toll“, sagt er und verweist insbesondere auf den „halböffentlichen Raum“ der Markthalle, die flexibel aufgeteilt werden kann. „Was wäre die Promenade heute ohne die lebendige Greth?“, fragt König.